Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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„Tausende brüllen: ‚Israel bombardieren!‘": Unter diesem Titel schreibt eine Boulevardzeitung über eine Großdemonstration gegen die israelische Bombardierung des Gazastreifens als Reaktion auf einen Terrorangriff der Hamas. In dem Bericht heißt es wörtlich: „Als sich die Menschenmenge dann erstmals in Bewegung setzte, brüllten Tausende aus der Menge: ‚Israel bombardieren!‘" Der Presserat erhält dazu zwei Beschwerden, in denen Verstöße gegen fünf Pressekodex-Ziffern kritisiert werden. Ein Beschwerdeführer bezeichnet es zwar als sehr wichtig, gegen Juden-Hasser zu sein. Aber auch über sie müsse korrekt berichtet werden. Die Redaktion habe im Titel, im Teaser und im Lauftext falsch berichtet, dass Teilnehmer gebrüllt hätten „Israel bombardieren!". Er selbst sei während der gesamten Demo unter den Teilnehmern gewesen und habe nicht einmal diese Forderung gehört. Auch die Polizei habe auf seine Nachfragen nachdrücklich verneint, dass dieser Ruf gefallen sei. Die Redaktion gerate durch ihre Falschinformation in den Verdacht der Volksverhetzung, üblen Nachrede und Verleumdung. In der zweiten Beschwerde schreibt eine Demonstrationsteilnehmerin, der Ruf sei falsch zitiert und aus dem Kontext gerissen worden. Korrekt habe die Parole gelautet: „Israel bombardiert, Deutschland finanziert“. - In der Vorprüfung des Falles beschränkt der Presserat die Beschwerden auf mögliche Verstöße gegen die Ziffern 1, 2 und 3 (Wahrhaftigkeit, Sorgfalt und Richtigstellung). Verstöße gegen die Ziffern 10 und 11 (Schmähung von Weltanschauungen sowie Sensationsberichterstattung) sind dagegen nicht ersichtlich. Die Zeitung erwidert, dass zwei Reporter vor Ort den Ausruf „Israel bombardieren!“ genau so gehört hätten.
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„Drama beim München-Marathon: Einen Kilometer nach diesem Foto ist Felix tot": Unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über einen jungen Marathonläufer, der beim Laufen zusammengebrochen und gestorben war. Das erwähnte Foto wird von der Redaktion so interpretiert: „Müde blickt er nach unten, er scheint schon mit sich zu kämpfen. Was auf dem Foto vom München Marathon noch keiner ahnen kann: Felix, der große Mann mit der Startnummer 2788, wird nur noch knapp einen Kilometer laufen. Dann bricht er zusammen. Wenige Stunden später ist er tot.“ Der Artikel enthält noch zwei weitere unverpixelte Fotos des Läufers, während die Mitläufer unkenntlich gemacht wurden. Er wird mit seinem Vornamen und dem abgekürztem Nachnamen benannt. Die Beschwerdeführerin sieht in den Bildern einen Verstoß gegen den Schutz der Persönlichkeit. Für das Verständnis dieses Unglücks sei das Wissen um die Identität des Gestorbenen unerheblich. Angehörige oder sonstige Befugte hätten der Veröffentlichung nicht zugestimmt, und es handele sich auch nicht um eine Person des öffentlichen Lebens. Die Bildinterpretation, dass der Läufer mit sich zu kämpfen scheine, impliziere, dass sich das Unglück angebahnt habe und er bereits gemerkt habe, dass es ihm nicht gut gehe. Sätze wie diese seien spekulativ und reine Sensationsberichterstattung. Mit dieser Berichterstattung werde die Grenze des Respekts vor dem Leid von Opfern und den Gefühlen von Angehörigen überschritten. Die Zeitung erwidert, dass sie das Opfer geschützt habe, indem sie nicht den vollen Namen genannt und nur Fotos verwendet habe, die vom Marathon-Veranstalter und von einem öffentlichen Facebook-Beitrag seines ehemaligen Fußballvereins stammten.
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Ein Onlineportal berichtet über einen Unfall, bei dem eine Frau in einer Metzgerei vor den Augen ihrer 18-jährigen Tochter in eine Fleischwolf-Maschine gezogen und getötet wurde. Bebildert ist der Artikel mit einem Symbolfoto, das einen kleineren Fleischwolf mit herausquellendem Hackfleisch zeigt. In einer Ecke des Bildes wurde ein gepixeltes Foto der getöteten Frau eingefügt. Nach Ansicht des Beschwerdeführers ist das Symbolfoto unangemessen sensationell. Die Redaktion räumt ein, dass eine andere Bebilderung wohl eine weisere Entscheidung gewesen wäre.
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Eine Lokalzeitung berichtet über die Verurteilung eines Mannes, der wiederholt die zwölfjährige Tochter seiner Lebensgefährtin missbraucht hat. Der Artikel schildert detailliert den Ablauf der Übergriffe in der Badewanne und im Bett des Paares. Erwähnt wird auch die Aussage des Angeklagten, dass das Mädchen bereits anderweitig unangenehme sexuelle Erfahrungen gemacht habe: Gleichaltrige aus dem Dorf seien bei „Mutproben" übergriffig geworden. Er selbst wird als 49-Jähriger bezeichnet, der früher in einem Ort im Landkreis erfolglos bei einer Bürgermeisterwahl kandidiert habe. Der Beitrag ist mit einem als Symbolfoto gekennzeichneten Bild illustriert, auf dem eine junge Frau ein Schaumbad genießt. Nach Ansicht des Beschwerdeführers lässt der Artikel eindeutige Rückschlüsse auf die betroffenen Personen zu. Der Verurteilte sei in der Region als Bürgermeisterkandidat zumindest teilweise bekannt, womit sein Wohnort und andere Beteiligte problemlos identifiziert werden könnten. Die Schilderung der Taten sei unnötig detailliert und reißerisch. Unverantwortlich sei der Vorwurf gegen Gleichaltrige des Opfers. Als Folge seien in der Region nunmehr die Jugendlichen dem Verdacht des sexuellen Missbrauchs ausgesetzt. Die Zeitung hält alle Prozessbeteiligten für sorgfältig anonymisiert.
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Unter der Überschrift „Mehrheit der Leser hat Sorgen wegen Integration“ berichtet eine Tageszeitung über das Ergebnis einer eigenen, nicht repräsentativen Online-Umfrage unter der Leserschaft. Die sogenannte Montagsfrage lautete diesmal: „Wie bewerten Sie das Thema Migration in Deutschland?“. Das Ergebnis laut Zeitung: Eine deutliche Mehrheit habe sich dahingehend geäußert, dass die mit der Zuwanderung verbundenen Probleme das Land überfordern könnten. Aus den Antworten gehe auch hervor, dass die Leserschaft und der örtliche Landrat konträre Sichtweisen hätten. Er habe jüngst noch Folgendes geäußert: „In Anbetracht der aktuellen Lage können wir keine gereizte Stimmungslage wahrnehmen, derzeit ist es für uns noch leistbar, die Menschen angemessen im Landkreis unterzubringen.“ Dagegen hätten bei der Montagsfrage 269 Leser geäußert, in ihrer Stadt oder Gemeinde Probleme zu sehen; gar keine Probleme sähen nur 9 Leser. In der grafischen Darstellung der Umfrageergebnisse findet sich allerdings keine Statistik, die sich auf Probleme vor Ort bezieht. Im Namen des Landkreises kritisiert eine Beschwerdeführerin die Berichterstattung vor allem wegen der Bezugnahme auf den Landrat. Der Chefredakteur erläutert, die Zeitung habe vor der Umfrage den Landrat ausführlich zu Wort kommen lassen.
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Eine Tageszeitung berichtet online über ein angesehenes Tucholsky-Museum in einer Kleinstadt auf dem Lande. Eine „von den Freien Wählern angeleitete Mehrheit“ der dortigen Stadtverordnetenversammlung wolle künftig auf eine literaturwissenschaftlich ausgerichtete Leitung des Museums verzichten und erwäge, die örtliche Tourismus-Information mit der Museumsleitung zu betrauen. So solle Geld für andere Aufgaben frei werden. Nach Angaben der Zeitung hat die Stadt 8.700 Einwohner. Von den Kosten des Museums trage sie selbst rund 180.000 Euro. Der bisherige Museumsleiter, der bald in den Ruhestand gehe, weise darauf hin, dass ein Mitarbeiter der Tourismus-Information Kreisvorsitzender der AfD sei. Beschwerdeführer ist der Bürgermeister der Stadt. Nach seiner Darstellung ist kein Mitarbeiter der Tourismus-Information AfD-Kreisvorsitzender. Falsch seien auch zwei Zahlenangaben: Die Stadt habe nicht 8.700, sondern 8.021 Einwohner, und der städtische Eigenanteil für das Museum betrage nicht 180.000, sondern 241.175,11 Euro. Die Zeitung entgegnet, sie habe die kritische Berichterstattung anderer Medien über die ungewisse Situation des Tucholsky-Museums aufgegriffen und teilweise auch deren Angaben übernommen.
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„Killer-Teenie suchte selbst noch mit nach Joel“: Unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über die Tötung eines Sechsjährigen. In dem Beitrag heißt es, die Ermittler seien sich sicher, dass der 14-Jährige den kleinen Jungen erstochen habe. Mehrfach wird er als „Killer“ bezeichnet. Warum er „den kleinen Jungen tötete“, bleibe ein Rätsel. Bebildert ist der Artikel unter anderem mit einem Foto des tatverdächtigen Jugendlichen, bei dem die Gesichtspartie mit einem schwarzen Balken versehen ist. Die Beschwerdeführerin kritisiert Verstöße gegen den Jugendschutz und gegen das Verbot der Vorverurteilung. - Wegen des Fotos erweitert der Beschwerdeausschuss die Beschwerde auf einen möglichen Verstoß gegen den Persönlichkeitsschutz. Die Zeitung will sich zu dem Fall erst äußern, wenn eine vom Presseratsplenum eingesetzte Arbeitsgruppe grundsätzliche Fragen zur Verwendung des Begriffs „Killer“ geklärt und bekanntgegeben hat.
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Eine Boulevardzeitung berichtet online über die Ermordung eines Spielhallenbesuchers. Unter der Überschrift „Hier stürmt der Messer-Killer in die Spielhalle“ schildert die Redaktion Aufnahmen eines Überwachungsvideos: Ein Mann betrete plötzlich den Raum. „In seiner Hand blitzt ein Messer auf! Sofort stürmt er auf den Spieler zu, rammt ihm die Klinge in die Brust. Einmal, zweimal. Das Opfer springt auf. Der Angreifer sticht weiter zu, in Schulter, Rücken.“ Die Redaktion zeigt ein unverpixeltes Porträtfoto des Opfers mit der Quellenangabe „Privat“, außerdem zwei Fotos aus dem Video, das den Täter beim Betreten der Spielhalle zeigt. Auch das Video selbst kann angeklickt werden. Darin ist zu sehen, wie der Täter in die Spielhalle kommt und auf das Opfer einsticht. Im Video sind beide Männer verpixelt. Die Beschwerdeführerin sieht Verstöße gegen mehrere Ziffern des Pressekodex. Die brutale Zurschaustellung der Tat, bei der ein Mensch in den letzten Augenblicken seines Lebens zu einem wehrlosen Opfer degradiert werde, verletze erheblich seine Menschenwürde. Durch die Veröffentlichung des Porträtfotos, des Videos und des Vornamens mit abgekürztem Nachnamen sei das Opfer identifizierbar. Für das Verständnis des Tathergangs sei das Wissen um seine Identität unerheblich. Durch die unangemessene und grausame Darstellung in Form des Videos werde seine Ehre verletzt. Außerdem sei die Berichterstattung unangemessen sensationell. Davon seien auch Jugendschutzbelange betroffen. Vor allem Angehörige des Opfers seien durch die Veröffentlichung des Videos zutiefst schockiert. Eine Angehörige sei emotional hoch belastet, wenn nicht sogar ein zweites Mal traumatisiert worden, weil das Video nur wenige Stunden nach der Todesnachricht ihr die Tat im wahrsten Sinne des Wortes vor Augen geführt habe. Die Redaktion nimmt nicht Stellung.
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Eine Wochenzeitung erscheint mit einer Beilage, in der Kreuzfahrten und andere Reisen umfangreich und positiv beschrieben werden. Der Titel der Beilage setzt sich zusammen aus dem Namen der Zeitung und dem Zusatz „Reiseträume“. Unten auf der Titelseite steht: „Eine Sonderveröffentlichung des [...]Verlages“. Der Beschwerdeführer kritisiert einen klaren Verstoß gegen das Gebot zur Trennung von Werbung und Redaktion. In dem Heft werde offen Werbung für Reiseanbieter gemacht (teilweise mit den Headlines „Reiseempfehlung“), ohne sie als bezahlte Anzeigen kenntlich zu machen. Der Verlag bestätigt, dass die Wochenzeitungsbeilage bezahlte Werbetexte und -bilder oder Anzeigen enthalte.
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Eine Lokalzeitung berichtet zweimal über eine neue Discounter-Filiale. Online wird einer der Artikel mit 28 Fotos bebildert. Der Beschwerdeführer sieht in den Beiträgen Schleichwerbung. Die Berichterstattung sei überschwänglich und überdimensioniert. Der Chefredakteur führt aus, es gebe offensichtlich einen großen Bedarf an Informationen über das Angebots-Spektrum des Discounters, der einen Schwerpunkt im Niedrigpreis-Sektor habe.
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