Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6869 Entscheidungen

Keine Persönlichkeitschutzverletzung bei Berichterstattung über einen möglichen Suizid

Tierquälerische Szenen aus einem Fernsehkrimi durften gezeigt werden

Bezeichnung einer Software auf der Titelseite als "Premium-Vollversion" ist zulässig

Redaktion stellt Unternehmensverkäufe nicht korrekt dar

Hat die Hamas im Kibbuz 40 Babys und Kinder geköpft?

Eine Boulevardzeitung veröffentlicht online einen Kommentar zum Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 im israelischen Kibbuz Kfar Azza. Im Text heißt es: „Der Ort, an dem Hamas 40 Babys und Kinder abgeschlachtet hat. Geköpft.“ Der Beschwerdeführer zweifelt die Behauptung der Redaktion an: Es fehle eine Bestätigung einer zuständigen israelischen Behörde, dass in Kfar Azza 40 Babys geköpft worden seien. Im Vorprüfungsverfahren weist der Presserat die Beschwerde zunächst zurück. Daraufhin teilt der Beschwerdeführer ergänzend mit, dass die Terrorgruppe Hamas und ihre Mittäter zwar sehr schreckliche Verbrechen begangen hätten, doch hätten sie sich nicht so ereignet, wie die Redaktion berichtet habe. Auch die Regierungen von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und US-Präsident Joe Biden würden dies bestreiten. Die Zeitung hält die Beschwerde für „geschmacklosen Unfug“.

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Freien Journalisten fälschlich als Terror-Sympathisanten hingestellt

Eine überregionale Tageszeitung, die der Linkspartei nahesteht, berichtet über eine Lesung der ehemaligen Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht. Der Beitrag enthält ein Foto von der Veranstaltung, die wenige Tage nach dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 auf Israel stattfand. Das Bild zeigt Wagenknecht sitzend auf dem Podium und in der Online-Fassung auch den neben ihrem Tisch sitzenden späteren Beschwerdeführer, laut Bildunterschrift „ein zum Islam konvertierter Hamas-Fan, der seit Monaten für die Wagenknecht-Partei trommelt“. Im Bericht heißt es über ihn: „Der Mann ist berüchtigt: konvertierte zum Islam und verfolgte vor Jahren mit seiner Kamera den damaligen Chef der Linke-Bundestagsfraktion, Gregor Gysi, bis auf die Toilette, um ihn wegen angeblich zu großer Israel-Freundlichkeit zu stellen.“ Er nenne die Hamas „eine normale Partei“, fordere von ihr mehr Waffengewalt „zur Befreiung von Jerusalem“, wolle Juden „brennen“ sehen, verherrliche den islamistischen „Märtyrertod“ und stelle öffentlich den Holocaust in Frage. Wegen seiner „Fake-News-Berichterstattung aus Gaza“ sei ihm auch der Spitzname „Pressesprecher der Hamas“ verpasst worden. Inzwischen rühre er „die Werbetrommel für die Wagenknecht-Partei“. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass ihn die Redaktion „Hamas-Fan“ nenne. Dabei habe er sich deutlich von der Hamas distanziert. Zum Beispiel habe er im Internet ein Video veröffentlicht, das ausführlich Plakate der Hamas-Opfer gezeigt habe. Er habe auch gefragt, ob Deutschland durch Zahlungen an Katar den Hamas-Terror indirekt mitfinanziere. Auch in Gesprächen mit dem israelischen Militärsprecher Arye Sharuz Shalicar und mit Botschafter Ron Prosor habe er seine Abscheu gegenüber der Hamas deutlich gemacht. Ihn nach dem beispiellosen Hamas-Terror gegen Israel vom 7. Oktober einen „Hamas-Fan“ zu nennen, sei sein gesellschaftlicher Tod. Der durchschnittlich verständige Leser verstehe die Äußerung dahingehend, dass er den schrecklichen Terror befürworte. Unwahr sei auch der Vorwurf der „Fake-News-Berichterstattung aus Gaza“. Immerhin habe er mehrmals großes Lob erhalten für seine wahrhaftige Berichterstattung aus Gaza, auch vom Chefredakteur der parteinahen Zeitung, über die er sich jetzt beschwert. Nicht nur für diese Zeitung, sondern auch für die BBC habe er wahrhaftig aus Gaza berichtet. Ihn als „Pressesprecher der Hamas“ zu bezeichnen, sei eine üble Verleumdung. Er sei nie in irgendeiner Funktion für die Hamas tätig gewesen und habe sie nie bei ihrem Terror unterstützt. Als „normale Partei“ habe er sie 2014 bezeichnet; damals habe er über die Wahlen zum Parlament gesprochen, bei denen die Hamas als „eine normale Partei“ angetreten sei und gewonnen habe. Er habe auch nie die „Werbetrommel für die Wagenknecht-Partei" gerührt. Tatsächlich gebe es noch gar keine Partei, sondern nur einen Verein namens BSW. Abgesehen davon mache er keine Werbung für sie; er habe lediglich als freier Journalist über Wagenknechts Buchlesung berichtet. Er bestreitet auch, Gregor Gysi 2014 bis auf die Toilette verfolgt zu haben. Er habe nur gefilmt, wie zwei Israel-Kritiker den Oppositionsführer auf die Bundestagstoilette verfolgt hätten. Dieser von ihm dokumentierte Vorfall sei am nächsten Tag auch auf zahlreichen Zeitungstitelseiten erwähnt worden. Insgesamt sei der Bericht ein Schmähartikel gegen seine Person, gleiche einem Medienpranger und verletze seine Ehre. Er sei tief gekränkt durch diesen Bericht, der auch in seinem persönlichen Umfeld großen Schaden hinterlasse. Eine später angefügte Anmerkung der Redaktion sei keine Korrektur. Die Schriftgröße sei halb so groß wie der Bericht, und der Artikel selbst verweise an keiner Stelle auf diese Fußnote. In ihrer Entgegnung räumt die Zeitung ein, dass die Bezeichnung „Hamas-Fan“ für die Gegenwart und jüngere Vergangenheit nicht mehr stimmen möge und insofern womöglich zu allgemein formuliert worden sei.

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Bezeichnung „Killer“ ist erlaubt

„Der Killer lockte ihn zum Spielen in den Tod“: Unter dieser Schlagzeile berichtet eine Boulevardzeitung online über die Tötung eines 14-Jährigen durch einen Gleichaltrigen im niedersächsischen Wunstorf. Im Bericht selbst wird der Tatverdächtige als „der mutmaßliche Killer“ bezeichnet. Die Beschwerdeführerin kritisiert einen Verstoß gegen Ziffer 11 des Pressekodex. Einen 14-Jährigen als Killer zu bezeichnen, empfinde sie als Sensationsberichterstattung und nicht im Rahmen des Jugendschutzes. Der Verlag entgegnet, das Wort „Killer“ sei überall verbreitet – gerade bei Kindern und Jugendlichen, die die vielfältigsten „Killer“-Spiele spielten – und sei alles andere als belastend; es werde schlicht als Synonym für „Töter“ verwendet.

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Korrekter Hinweis auf fehlende Repräsentativität einer Online-Leserbefragung

Eine Lokalzeitung lässt ihre Online-Leserschaft live darüber abstimmen, ob die Stadt ein neues Fußballstadion brauche. Dazu schreibt sie: „Stimmen Sie ab und schreiben Sie Ihre Meinung in die Kommentare (Hinweis: Bei der Umfrage handelt es sich nicht um eine repräsentative Umfrage, sondern um ein mögliches Stimmungsbild).“ Die Beschwerdeführerin trägt unter anderem vor, die Redaktion sei in der Vergangenheit bereits dafür missbilligt worden, zum gleichen Thema eine ominöse Online-Abstimmung gemacht zu haben, bei der x-fach und aus der ganzen Republik habe abgestimmt werden können. Dieses Scheinergebnis werde dann für weitere Artikel genutzt, um Stimmung zu machen. Die Chefredaktion kann die Beschwerde nicht nachvollziehen, denn in dem Beitrag stehe ausdrücklich, dass es sich nicht um eine repräsentative Umfrage handele. Schon beim Aufruf darauf hinzuweisen, dass sich das Stimmungsbild durch Mehrfachabstimmungen mutwillig verzerren lasse (indem der Browser-Cache gelöscht werde), ergebe keinen Sinn.

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Zeitung muss Fehlerhinweise berücksichtigen

Eine Tageszeitung berichtet über Pläne einer Krankenhaus-GmbH zur Einrichtung einer Tagesklinik und einer Ambulanz. Zitiert wird die leitende Ärztin des Krankenhauses mit Äußerungen im Sozialausschuss der Stadt. Die Krankenhaus-GmbH beschwert sich, dass der Artikel falsche Zitate und unwahre Darstellungen über die Klinik enthalte. Vor der Veröffentlichung habe die Redaktion den Artikel dem Krankenhaus zum Gegenlesen vorgelegt. Die Klinik-Pressesprecherin habe entsprechende Korrekturen vorgenommen, die von der Redaktion dann aber nicht beachtet worden seien. Dabei gehe es zum einen um die falsche Behauptung, dass eine Ambulanz an eine Tagesklinik angegliedert sein müsse. Zum anderen heiße es in dem Artikel im Hinblick auf weitere Angebote: „Weitere zu installieren, sei schwierig. Personal zu finden, ein Riesenproblem.“ Hierzu stellt die Beschwerdeführerin fest: Die Installation neuer Therapieangebote hänge im Allgemeinen nicht von personellen Aspekten ab, sondern von dem notwendigen Versorgungsbedarf. Dieser werde im Rahmen der Krankenhausplanung durch das Ministerium vorgegeben bzw. von den örtlich zuständigen Zulassungsausschüssen ermittelt. Die Redaktion entgegnet, sachlich zutreffende Kritikpunkte habe sie in dem Artikel berücksichtigt, nicht aber die in der Beschwerde beanstandeten Punkte. Denn solche Änderungen hätten zur Folge gehabt, dass keine wahrheitsgemäße Berichterstattung über den Ablauf der Sitzung des Sozialausschusses stattgefunden hätte, weil die tatsächlichen Äußerungen der Ärztin nachträglich inhaltlich verändert worden wären. Es möge sein, dass die Angaben der Krankenhausvertreterin in der Ausschusssitzung ungenau oder gar unzutreffend gewesen seien; dies ändere aber nichts daran, dass sie sich so geäußert habe. Und genau darüber sei berichtet worden. Inhaltliche Fehler der Äußernden gingen nicht zu Lasten der Redaktion.

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Einstufung als „Querdenker“ erfordert keine Stellungnahme des Betroffenen

Unter der Überschrift „Umstrittener Münchner Professor wird ein Fall für den Verfassungsschutz" berichtet eine Tageszeitung online über einen Kommunikationswissenschaftler, der „unter ‚Querdenker‘-Verdacht“ stehe. Er sei Mitherausgeber der Wochenzeitung „Demokratischer Widerstand“. Das Uni-Institut, in dem er arbeite, verordne die Zeitung im Umfeld von Corona-Leugnern und der rechtsextremen Strömung „Neue Rechte". Der Professor falle nicht zum ersten Mal mit kruden Ansichten zu Politik, Medien und Gesellschaft auf. Auch im Zusammenhang mit der „Hannah-Arendt-Akademie", einer selbsternannten wissenschaftlichen Einrichtung, tauche sein Name auf. Er habe dort auf der Liste der Dozenten gestanden, neben bekannten Wissenschaftsverweigerern und Verschwörungspredigern. Als Autor der Zeitung „Demokratischer Widerstand“ habe er ihren Erfolg unter anderem damit erklärt, dass sie – anders als die „Leitmedien" und „das Internet" – nicht von Politik, Behörden, Wirtschaft und Moral „gekapert" worden seien. Trotz alledem habe er weiter an der Uni unterrichten können. Als aber seine Herausgeber-Tätigkeit bei der Wochenzeitung bekanntgeworden sei, habe die Universitätsleitung den Verfassungsschutz eingeschaltet, um zu prüfen, „ob dienstrechtliches Fehlverhalten vorliegt". Dies habe die Behörde gegenüber der Redaktion bestätigt. Am Ende müsse die Unileitung entscheiden, wie sie mit dem höchst umstrittenen Professor umgehe. Der Beschwerdeführer sieht die Sorgfaltspflicht und die Unschuldsvermutung verletzt. Bei ihrem „Rundumschlag“ gegen den Professor habe die Zeitung versäumt, ihm eine Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen. Bei der Vorprüfung des Falles weist der Presserat die Beschwerde als „offensichtlich unbegründet“ zurück. Falsche Tatsachenbehauptungen seien nicht ersichtlich gewesen. Auch eine Konfrontation des Betroffenen sei hier nicht pressethisch zwingend gewesen. Der Beitrag berichte über die Tatsache, dass Ermittlungen gegen den Professor stattfinden werden. Die einordnende Beschreibung des Mannes liefere keine konkreten Tatvorwürfe, zu denen er Stellung nehmen müsste. Vielmehr würden hier nur unstrittige Tatsachen geschildert und diese von der Redaktion bewertet. Die Redaktion habe die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung nach Ziffer 13 des Pressekodex gewahrt. Insbesondere werde im Beitrag deutlich, dass erst noch geprüft werde, ob dienstrechtliches Fehlverhalten vorliege. Gegen diese Entscheidung legt der Beschwerdeführer Einspruch ein: Der Artikel enthalte sehr wohl konkrete Tatvorwürfe, nämlich die Mitherausgeberschaft einer angeblichen „Querdenker“-Zeitung aus dem Umfeld der rechtsextremen Strömung „Neue Rechte“. Der Professor hätte die Gelegenheit erhalten müssen, dazu Stellung zu nehmen. Die Redaktion habe sich doch auch um eine Stellungnahme des Verfassungsschutzes bemüht. Aufgrund des Einspruchs eröffnet der Presserat ein förmliches Beschwerdeverfahren. Die Zeitung nimmt zu den Vorwürfen Stellung: Eine Pflicht zur Einholung einer Stellungnahme des Betroffenen lasse sich aus dem Pressekodex nur für streitige oder unklare Sachverhalte ableiten.

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