Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6869 Entscheidungen
“Die Deutschen gaben eine ganz schwache Vorstellung in China” schreibt eine Wirtschaftszeitschrift über Aktivitäten der deutschen Außenhandelskammer anlässlich einer Messe in Schanghai. U.a. wird behauptet, Kammerfunktionäre seien mit Frau und Kind 1.Klasse geflogen. Das Delegiertenbüro der Deutschen Wirtschaft in Schanghai weist in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat den Vorwurf zurück, sofern mit Kammerfunktionären einer der drei deutschen Entsandten des Delegiertenbüros bei der AHK gemeint sei. In einem folgenden Beitrag geht die Redaktion auf diese Reaktion ein. “Nun sind wir in der Zwickmühle”, gesteht sie, ”beide Seiten – AHK wie unsere Informanten – sind für uns ernst zu nehmen und seriös”. Die Redaktion rät ihren Lesern, die IHK, die AHK und DIHT zu prüfen. “Wenn schon Zwangsmitgliedschaft, dann her mit den Dienstleistungen.” Mit dieser Meldung, meint sie, sei die Angelegenheit öffentlich in Ordnung gebracht worden. (1995)
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Eine Lokalzeitung berichtet, eine 48-jährige Frau habe eine 30-jährige Mutter erdrosselt, um deren fünf Wochen altes Baby ihrem Freund als ihr eigenes präsentieren zu können. Ihrem Lebenspartner hatte sie nicht nur ein jüngeres Alter, sondern auch eine Schwangerschaft vorgegaukelt. Die Zeitung schildert den Hergang der Tat und nennt die Nationalität der Täterin. Die beiden Frauen hätten sich über den Buddhismus, über Konzentrations- und Entspannungsübungen mit gefesselten Händen und Füßen unterhalten. Die ahnungslose junge Mutter habe sich schließlich festbinden lassen. Daraufhin sei sie von der Älteren mit Stoffresten erwürgt und auf dem Balkon ihrer Wohnung versteckt worden. Ein Leser des Blattes bittet den Deutschen Presserat, die Zeitung zu rügen. Zum Verständnis der geschilderten Straftat sei es nicht notwendig gewesen, die Nationalität der Täterin zu nennen. Die Chefredaktion der Zeitung betont, aus keinem Satz der Berichterstattung sei eine Diskriminierung herauszulesen. Der Sachbezug auf das Herkunftsland der Täterin habe sich aus den buddhistischen Entspannungsübungen ergeben, welche die Tat erst ermöglicht hätten. (1995)
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Eine Jugendzeitschrift schildert die Erlebnisse eines 17-jährigen Drogenkonsumenten. Die Reportage ist mit einem Foto illustriert, das laut Bildunterzeile den “Drogenumschlagplatz Schulhof” zeigt. Im Hintergrund der Aufnahme ist der Treppenaufgang zu einem Gebäude zu sehen. Im Text des Beitrags findet sich die Passage “Meistens allerdings ist es den Paukern egal, was wir machen. Hauptsache, wir lassen uns nicht erwischen!” Die Unterzeile zu dem Foto vom Schulhof enthält den Vermerk “Die Lehrer schauen weg”. Der Elternbeirat des Gymnasiums, dessen Schulhof im Bild gezeigt wird, wendet sich mit einer Beschwerde an den Deutschen Presserat. Er beanstandet, dass Foto und dazugehöriger Text suggerieren, auf dem Schulhof seines Gymnasiums werde mit Drogen gehandelt. Außerdem moniert er, dass die beiden abgebildeten Jugendlichen im einen Fall nichts mit Drogen, im anderen Fall nichts mit der Schule zu tun haben und den Lehrern dieses Gymnasiums eine Gleichgültigkeit unterstellt wird. Die Zeitschrift lässt durch ihren Rechtsvertreter erklären, bei dem Bild handele es sich um eine für jeden Leser erkennbare nachgestellte Situation. Das Hausrecht des betreffenden Gymnasiums sei damit nicht verletzt worden. Auch stelle die Aufnahme nicht dar, dass auf dem Schulhof dieses Gymnasiums gedealt werde. Dies werde auch nicht in dem Beitrag behauptet. Die Passage über das Verhalten der Lehrer habe Zitatcharakter. Es gebe keine Anhaltspunkte, weshalb sich diese Äußerung gerade auf die Lehrer des betreffenden Gymnasiums beziehen sollte. (1995)
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Ein Brandunglück im Ort ist das Aufmacherthema einer Lokalzeitung. Ein Foto im Großformat zeigt Feuerwehrmänner und Betroffene ohne Hinweise darauf, um wen es sich im einzelnen handelt. In der Unterzeile wird das Entsetzen darüber beschrieben, dass die Feuerwehrleute im Holzschuppen eine verkohlte Leiche gefunden haben. Die Schlagzeile des Berichts fragt, ob das 39-jährige Opfer des Brandes Selbstmord verübt hat. Die Veröffentlichung veranlasst einen Redakteur der Konkurrenzzeitung zu einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. Der Tote ist der Ehemann seiner Redaktionssekretärin. Das Foto stelle die Opfer des Unglücks öffentlich bloß. Es zeige die Mutter des Getöteten, dessen Schwager sowie die neunjährige Tochter. Die Chefredaktion des Blattes verweist darauf, dass der Bildreporter die Löscharbeiten und die Szenerie im Umfeld dokumentiert habe. Brandursache und Identität der abgebildeten Personen seien zum Zeitpunkt der Fotoauswahl nicht bekannt gewesen. Die Bildunterzeile sei deshalb neutral gehalten. Wäre es der Redaktion um ein “Outing” gegangen, hätte sich diese Absicht in der Bildunterzeile erkennen lassen müssen. (1995)
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In einem Aufmacher unter der Überschrift “Oberstleutnant als Ladendieb: Verdienstkreuz ist jetzt passé” berichtet eine Lokalzeitung, dass einem namentlich genannten Offizier der Bundeswehr das für ihn vorgesehene Bundesverdienstkreuz am Bande doch nicht verliehen wird. Als Grund führt die Zeitung an, der Mann sei als Ladendieb ertappt worden. Er habe in einem Einkaufsmarkt Schrauben im Wert von 15 Mark in die Tasche gesteckt und an der Kasse nicht bezahlt. Die Redaktion zitiert den Vorgesetzten des Offiziers, der von Schusseligkeit spricht, und schildert die Verdienste des Betroffenen vor allem beim Somalia-Einsatz der Bundeswehr. Ferner erwähnt sie, dass in der Sache ein anonymer Brief an den Bundesverteidigungsminister und an den Wehrbeauftragten adressiert worden sei. Die Zeitung veröffentlicht in ihren folgenden Ausgaben einige Leserbriefe, deren Autoren von Denunzierung, Rufmord und miesem Journalismus sprechen. In einer späteren Anmerkung erklärt die Redaktion, warum sie über den Fall berichtet hat. Der Betroffene schaltet den Deutschen Presserat ein. Er beklagt die Nennung seines Namens und die Wiedergabe seines Fotos. Zum Vorfall selbst merkt er an: “Kurzzeitig problembelastet, ist mir beim Einkauf ein Versehen unterlaufen, das heutzutage mitunter vorschnell als Ladendiebstahl gemeldet werden kann.” (1995)
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Eine Mutter tötet ihre beiden Töchter und nimmt sich anschließend selbst das Leben. Die Zeitung am Ort berichtet über die Familientragödie, nennt die vollständigen Namen der Täterin, ihres Ehemanns sowie der Opfer. Selbst der Arbeitsplatz der Täterin wird genannt. Die Zeitung berichtet in Wort und Bild auch über das Begräbnis und veröffentlicht u.a. ein Sterbebild der Toten. Im Artikel wird erwähnt, dass auf Wunsch der Gemeinde Kirche und Friedhof für die Journalisten und Fotografen verschlossen gewesen seien. Im folgenden wird – auch mit Foto dokumentiert – berichtet, wie dieser Wunsch umgangen wurde. Eine Leserin der Zeitung legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Sie kritisiert Missachtung des Persönlichkeitsrechts und unlautere Methoden bei der Beschaffung von Informationsmaterial. Die Chefredaktion des Blattes hält die Beschwerde für unbegründet und verweist auf Exklusivverträge des Ehemannes der Täterin mit privaten TV-Sendern. (1995)
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Unter der Überschrift „Mitterand – jeder Schritt tut ihm weh“ berichtet eine Boulevardzeitung über den Zustand des damals todkranken ehemaligen Staatspräsidenten Frankreichs. Zwei Fotos zeigen ihn, gestützt auf Leibwächter und Leibarzt, bei einem Spaziergang über das Marsfeld in Paris. Sechs Wochen später folgt ein zweiter Bericht: Francois Mitterand ist gestorben. Die Zeitung zeigt unter der Schlagzeile „Das letzte Foto vor dem Tod“ den Todkranken, mit geschlossenen Augen in einem Liegestuhl auf der Terrasse eines ägyptischen Hotels liegend. Ein Leser der Zeitung legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Er sieht in der Veröffentlichung der Fotos eine eklatante Verletzung der geschützten Privatsphäre des ehemaligen Staatspräsidenten. Die Platzierung des zweiten Artikels kritisiert er zudem als Geschmacklosigkeit. Das „letzte Foto vor dem Tod“ steht in Nähe einer Käsewerbung und eines „Fast-Nackedei-Fotos“. Die Chefredaktion der Zeitung ist der Auffassung, dass die Fotos sowohl dokumentarischen als auch historischen Charakter haben. In zeitnahem Abstand zur aktiven Präsidentschaft gäben sie Aufschluss über den Zustand von Mitterand in seiner letzten Amtsphase. Die Öffentlichkeit habe ein erhebliches Interesse daran gehabt, über den gesundheitlichen Zustand des Präsidenten informiert zu werden. Die selben Fotos seien in französischen Publikationen erschienen und für die Veröffentlichung in anderen Presseerzeugnissen außerhalb Frankreichs zur Verfügung gestellt worden. (1995/96)
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Die zunehmende Akzeptanz spiritueller Bewegungen und esoterischer Zirkel in der bundesdeutschen Gesellschaft bietet einem Nachrichtenmagazin Anlass zu einer Titelgeschichte unter der Überschrift »Soviel Psi war nie«. Der Beitrag greift u. a. auf die Entstehung der theosophischen Bewegung im letzten Jahrhundert zurück. Zum Charakter dieser Bewegung schreibt die Zeitschrift, sie sei synkretistisch und als Treuhänder des »Wahrheitskerns aller Religionen« in elitären Zirkeln organisiert gewesen. Weiter heißt es, dass sich »aus rassistischem Elitebewusstsein begründete faschistoide Tendenzen bei manchen Theosophen« bis in gewisse esoterische Kreise heutiger Tage erhalten hätten. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat beklagt eine Theosophische Studiengruppe eine Verunglimpfung der Theosophie. Insbesondere weist sie die Behauptung als falsch zurück, bei manchen Theosophen seien faschistoide Tendenzen festzustellen. Vielmehr seien die Theosophen während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt worden, alle theosophischen Vereine etc. seien verboten worden. Die theosophische Bewegung sei damals wie heute unpolitisch. Der Beschwerdeführer sieht in der Berichterstattung eine Verletzung der Sorgfaltspflicht der Presse. Die Chefredaktion des Magazins weist darauf hin, dass sie den Theosophen nicht unterstellt habe, sie seien rechtsradikal aktiv. Der Artikel stehe auch nicht im Widerspruch zum Schicksal der Theosophen während der Zeit des Nationalsozialismus. Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer beanstandeten Passage »Aus rassistischem Elitebewusstsein begründete faschistoide Tendenzen bei machen Theosophen haben sich bis in gewisse esoterische Kreise heutiger Tage erhalten« verweist die Redaktion auf wissenschaftliche Literatur. Diese dokumentiert und Überliefert die in der genannten Passage enthaltenen Aussagen. Unter Verweis auf verschiedene Belegstellen in der Literatur ließen die Schriften der Russin Helena Petrowna Blavatsky, mit der die Entfaltung der Theosophie im 19. Jahrhundert eng verbunden sei, rassistisches Elitebewusstsein und einen Anspruch der Theosophen auf Führerschaft erkennen. Außerdem enthielt sie »rassenhygienische« Überlegungen. Aufgrund dessen hält die Chefredaktion die Bezeichnung »faschistoide Tendenzen« in bezug auf »manche Theosophen« für gerechtfertigt. Zum Beleg der Aussage, dass sich faschistoide Tendenzen bis in gewisse esoterische Kreise heutiger Tage erhalten hätten, führt die Redaktion den theosophischen Autor Charles W. Leadbeater als sog. Klassiker der Esoterik an. Dieser habe in seinen Schriften das Aussterben der Naturvölker zur »karmischen Unvermeidbarkeit« erklärt, da die germanisch-nordische Rasse als höher entwickelte Seelen bereits Über diese hinweg geschritten seien. Auf diese Weise werde in Esoterik-Kreisen auch der Holocaust gerechtfertigt. (1995)
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