Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6869 Entscheidungen

Zitat eines Richters

Der Gerichtsbericht einer Lokalzeitung löst eine Beschwerde aus: Eine 37jährige Frau wird wegen gemeinschaftlichen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, Mit der Bitte um ein Glas Wasser hat sie sich Eintritt in eine fremde Wohnung verschafft und auf diese Weise eine zweite Person eingeschleust, die eine Geldbörse mit 1000 Mark Inhalt entwendete: Die Zeitung nennt die ethnische Herkunft der Frau, weist auf ihr umfangreiches Vorstrafenregister hin und nennt sie eine »ehemalige Trickdiebin«. Sie zitiert den Richter, der in'' der Urteilsbegründung feststellte, die Angeklagte habe die Tat in der für Zigeunere typischen Vorgehensweise begangen. Der Gemeinnützige Verein für die Verständigung von Rom und Nicht-Rom beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er sieht in der Wiedergabe des Richterzitats eine Verunglimpfung einer ganzen Volksgruppe. Die Chefredaktion des Blattes weist darauf hin, dass der Verfasser des Artikels aus der öffentlichen Verhandlung eines Schöffengerichts zitiert habe. Der sachliche Bericht einschließlich des Zitats stelle in keiner Weise eine Verunglimpfung einer Personengruppe dar. (1995)

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Interview mit PKK-Anführer

Eine Zeitschrift veröffentlicht ein von der Redaktion geführtes Interview mit dem Anführer der kurdischen Guerilla-Organisatian PKK. Dieser äußert sich über die Offensive der Türkei gegen die PKK, über die Militanz der PKK-Anhänger, über Anschläge in der Bundesrepublik sowie die Rolle der deutschen Regierung in dem Konflikt. Die Redaktion fragt auch nach einer möglichen Bedrohung der deutschen Urlauber in der Türkei. Der PKK-Chef empfiehlt, die Türkei zu meiden. Der Presserat der türkischen Botschaft ist der Meinung, dass die Zeitschrift gegen § 129a Abs. 3 StGB verstößt. In diesem ist die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung mit Strafe bedroht. Durch die Veröffentlichung des Interviews werde die in Deutschland verbotene PKK unterstützt, da deren Anführer ein Forum für seine Ausführungen erhält. Außerdem mache sich die Redaktion durch die Veröffentlichung zum Werkzeug der PKK und somit zum Werkzeug von Verbrechern. Unverhohlene Drohungen gegen die Bundesrepublik sowie gegen Touristen würden ohne kritische Rückfragen wiedergegeben. Zudem moniert der Beschwerdeführer ein Verstoß gegen das Wahrheitsgebot durch die Einseitigkeit des Interviews. Es fänden sich keine Fragen, die auf eine kritische Auseinandersetzung mit der PKK und ihren Aktivitäten hinausliefen. Die Chefredaktion der Zeitschrift verweist auf ihre Korrespondenz mit der türkischen Botschaft, deren Erklärung zu dem Interview sie inzwischen als Leserbrief veröffentlicht habe. (1995)

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Namensnennung bei Kindesmissbrauch

Eine Boulevardzeitung berichtet über eine Gerichtsverhandlung gegen einen Mann, der wegen sexuellen Missbrauchs seiner Stieftochter angeklagt ist. Unter der Überschrift »Mit der Stieftochter (13)! - Stasi-Hauptmann filmte sich beim Sex« schildert der Artikel Details der Sexspiele, die der Mann mit einer Videokamera aufgezeichnet hat. Der Angeklagte wird mit vollständigem Namen genannt, das Opfer mit dem Vornamen, die Mutter ebenfalls mit Vornamen und Alter. Außerdem nennt die Zeitung den Arbeitsplatz der Mutter. IG Medien und der Journalistinnenbund schalten den Deutschen Presserat ein. Sie sehen in der Veröffentlichung eine eklatante Verletzung der Privatsphäre. Nach Darstellung der Chefredaktion hatte die Redaktion geglaubt, die Stieftochter trage nicht den Namen des Täters und die Eltern lebten getrennt. Diese Information sei falsch gewesen. Die Redaktionsleitung habe sich, als im Anschluss an die Veröffentlichung der Fehler bekannt geworden sei, bei der Rechtsanwältin der Betroffenen entschuldigt und als Ausgleich einen erheblichen Geldbetrag gezahlt. (1995)

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Buch als Quelle

Studenten einer Universität veranstalten einen Kongress über das Thema “Politik – in Vergangenheit und Zukunft”. Behandelt werden u.a. auch die Sekten und neue Religionen. Eine Zeitung am Ort berichtet unter der Überschrift “Sekten auf den Leim gegangen”, zu der Veranstaltung seien lediglich Vertreter unterschiedlicher Sekten, nicht aber Sektenkritiker erschienen. Auch andere Arbeitskreise erweckten den Eindruck, als seien sie von Sekten “unterwandert”. Als Beispiel führt sie den Kurs “Politik-Consulting” an, bei dem mit einem namentlich genannten Professor ein Mann aufgetaucht sei, der “bereits im Zusammenhang mit einem Scientology-Projekt für Schlagzeilen gesorgt” habe. Der betroffene Hochschullehrer wendet sich an den Presserat. Er sieht in der Darstellung seiner Vorlesung eine Häme, die ihn in seiner Persönlichkeit verletze. Die Zeitung erklärt, aus ihrer Berichterstattung über Aktivitäten von Scientology seien ihr die Namen des Professors und dessen Familie wohlbekannt. Als eine ihrer Quellen benennt sie ein Buch unter dem Titel “Der Sekten-Konzern”. In diesem Werk seien Einzelheiten über die Rolle der Familie des Beschwerdeführers bei einem ABM-Projekt nachzulesen. (1995)

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Fotos von Stadtstreichern

Eine Lokalredaktion thematisiert ein soziales Problem ihrer Stadt. Unter der Überschrift »Einschlägige Marktplatz-Szene führt bei Bürgern zu Frust und Unmut« schildert die Zeitung das Verhalten von Personen, die vor allem in den Sommermonaten rund um den Marktplatz »regelrecht herumlungern: Alkoholiker, Berber, Junkies und Kriminelle.« Öffentliche Veranstaltungen würden gestört, harmlose Passanten angepöbelt und angebettelt, beschimpft, bedroht und' nicht selten zusammengeschlagen. Die Redaktion lässt in diesem Zusammenhang den zuständigen Polizeidirektor, den Leiter des Ordnungsamtes sowie den Bürgermeister der Stadt mit ihren möglichen Lösungen zu Wort kommen: Illustriert ist der Bericht mit Fotos von Personen der sogen. »Szene«. Die Augenpartien sind teilweise mit schmalen schwarzen Balken versehen. Unter der 'Überschrift »Die Angst geht um!« kommentiert die Zeitung in derselben Ausgabe die geschilderten Zustände auf dem Marktplatz. Die geäußerte Kritik habe nichts mit einer Diskriminierung von Randgruppen zu tun. Die Forderung nach einem geordneten Leben auf dem Marktplatz sei vielmehr ein einforderbares Bürgerrecht. Wenige Tage später teilt die Zeitung in einem Meldungskasten mit, eine auf einem der Fotos abgebildete Frau lege Wert auf die Feststellung, dass sie nicht mehr zu der beschriebenen einschlägigen Szene gehöre. Ein Leser des Blattes trägt den Fall an den Deutschen Presserat heran. Der Artikel verstoße sowohl im Text wie auch Aufmachung gegen jegliche journalistische Sorgfaltspflicht und gegen das Recht am eigenen Bild. Er stigmatisiere und diskriminiere die abgebildeten Menschen. Die Personen seien nicht ausreichend unkenntlich gemacht. Die Chefredaktion betont, das Thema sei von öffentlichem Interesse. Ziel der Berichterstattung sei eine Versachlichung gewesen. Die Vorkommnisse seien belegbar. Die Redaktion habe aufgrund des Persönlichkeitsschutzes jedoch darauf verzichtet, weitere Fakten zu nennen. Im Anschluss an die Berichterstattung habe die Zeitung den Lesermeinungen breiten Platz eingeräumt. Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot liege nicht vor, da die Namen von Betroffenen nicht genannt und die Gesichter der Fotografierten ausreichend unkenntlich gemacht wurden. Zur weiteren Information weist die Zeitung darauf hin, dass einige Mitglieder der Szene zwischenzeitlich wegen schwerer Delikte zu Freiheitsstrafen verurteilt worden seien. (1995)

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Personenbeschreibung

Eine Zeitschrift porträtiert einen Unternehmer und beschreibt dessen Karriere. Sie behauptet, der Mann verkörpere wie kaum jemand sonst im Lande den Typus des schlichten und schrulligen, aber erfolgreichen Mittelständlers. Er sei ein Mensch mit “Terrierqualitäten”, ein sentimentaler Tyrann. Auch über Streitereien in der Familie, über das Verhalten des Firmenchefs bei der Übernahme des Unternehmens wird berichtet. Vom Vater wird schließlich behauptet, er sei ein Alkoholiker gewesen. Der Betroffene schaltet den Presserat ein. Er kritisiert die Recherchemethoden des Verfassers und sieht in der Veröffentlichung eine gezielte Beschädigung seiner Person. Während des gesamten Interviews sei überhaupt nicht über die Krankheit des Vaters gesprochen worden. Dieser sei auch kein Alkoholiker gewesen, sondern habe vielmehr an einer Erkrankung der Herzkranzgefäße gelitten. Die Zeitschrift weist darauf hin, dass sich der Beschwerdeführer selbst als Gesprächspartner zur Verfügung gestellt und in zwei insgesamt zehnstündigen Gesprächen über sich und seine Verwandten berichtet habe. Er habe u.a. geschildert, wie er dem Vater bei der Lösung alkoholbedingter Probleme gegen anders gelagerte Interessen aus der Verwandtschaft beigestanden habe. Diese Darstellung seines Handelns sei positiv in den Artikel eingeflossen. Im übrigen entspreche es redaktioneller Freiheit, die Schwerpunkte der Darstellung zu setzen. (1995)

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Nennung der Nationalität

Eine Boulevardzeitung berichtet, dass ein türkischer Asylbewerber wegen eines Sexualdelikts zu 18 Monaten Haft und 3000 Mark Schmerzensgeld verurteilt worden ist. Eine Leserin des Blattes beschwert sich beim Deutschen Presserat. Sie kritisiert die Nennung der Nationalität des Verurteilten. Die Rechtsabteilung des Verlags hält es schon im Hinblick auf andere ausländische Mitbürger für sachdienlich und notwendig, den Täter näher zu beschreiben: Die Beschwerdeführerin hätte besser Mitleid mit der missbrauchten Schülerin haben sollen. (1995)

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Tätlichkeiten gegen einen Politiker

Eine Lokalzeitung berichtet über den Besuch des Ministerpräsidenten und kommentiert Tätlichkeiten gegen den Regierungschef. Er und sein Fahrer, behauptet die Zeitung, seien von militanten Atomkraftgegnern attackiert und verletzt worden. Eine Bürgerinitiative sieht sich durch diese Veröffentlichung diskreditiert und ruft den Deutschen Presserat an. Die Chefredaktion der Zeitung verweist auf einen Agenturbericht; in dem der Ministerpräsident zitiert wird. Nur der entschiedene Einsatz seiner Personenschützer habe noch Schlimmeres verhindert. In ihrer Meinungsäußerung, prangere die Zeitung eindeutig nur militante Atomkraftgegner an, die vor Gewalt nicht zurückschrecken.(1995)

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Daten eines Angeklagten

Eine Lokalzeitung berichtet über den Ausgang eines Gerichtsverfahrens. in einer Auseinandersetzung über die Rekonstruktion eines Verkehrsunfalls hatte ein Bürger der Stadt einen Polizeibeamten einen »völligen Versager« genannt. Wegen Beleidigung wird er zu einer Geldstrafe von 450 Mark: verurteilt. Die Zeitung nennt das Alter des Mannes, seinen Beruf und seinen Wohnort: Vor- und Nachname sind abgekürzt." Der Betroffene beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der Artikel verletze sein Recht auf Anonymität. Der im Text genannte Ort habe 700 Einwohner. Von daher sei seine Identität am Wohnort und auch in den umliegenden Orten durch die Veröffentlichung zweifelsfrei bekannt geworden. Die Redaktion verweist darauf, dass der Vorgang im Ort des Beschwerdeführers bekannt gewesen sei. Sie habe sich aber inzwischen für einen anderen Modus entschieden. Sie verändere die Initialen nun auch bei Bagatellsachen. (1995)

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Begriff »säubern«

Ihren Bericht über die Einnahme der bosnischen Stadt Zepa durch serbische Truppen betitelt eine Boulevardzeitung mit der Schlagzeile »Serben säubern Zepa«. Im Text heißt es, dass alte Frauen, Kinder und Kranke deportiert würden. Ein Leser kritisiert in einer Beschwerde an den Deutschen Presserat die Verwendung des Wortes »säubern« bei der Beschreibung der in Zepa vollzogenen Deportation. Die Überschrift fördere unsensiblen Sprachgebrauch und geistig verflachtes Denken: Die Rechtsabteilung des Verlages weist die Beschwerde als haltlos zurück. Der Begriff »säubern« sei gängig und werde ständig bei der Darstellung der im Text beschriebenen Deportation verwendet. Als »Säuberungsaktion« bezeichne man einen besonders üblen völkerrechtswidrigen Zustand. (1995)

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