Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
7055 Entscheidungen

Acht Beamte gegen einen Vater

Eine Regionalzeitung berichtet online unter der Überschrift „Aus dem Kreißsaal in (…) in die Abschiebung“. Es geht um einen Asylbewerber, der während der Geburt seines Kindes festgenommen worden sei. Passage aus dem Bericht: „Im Kreißsaal des Krankenhauses (…) lag eine Frau in den Wehen, ihr Mann saß daneben, um die Geburt ihres Kindes gemeinsam durchzustehen. Da klingelte es an der Tür zum Kreißsaal. Acht Polizeibeamte standen vor der Tür, dazu mindestens ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde (…). Sie führten den werdenden Vater ab, um ihn zum Flughafen nach Frankfurt zu bringen“, so schildere der Flüchtlingsrat des Bundeslandes den Vorfall. So sei dieser vom Krankenhaus bestätigt worden. Nur dem couragierten Einsatz der Hebammen sei es zu verdanken, dass die Abschiebung verhindert werden konnte. Nach ihrem Protest und einem Anruf bei den Behörden sei die Aktion unterbrochen worden. Der Mann habe zu seiner Frau zurückkehren können. Die Ausländerbehörde erläutert, dass in diesen Fall die Abschiebung auf den konkreten Termin der Niederkunft der Frau gefallen sei, sei für sie nicht abzusehen gewesen. Die Behörde teilt mit, die Schwangerschaft der Frau sei nach deutschem Recht kein Abschiebe-Hindernis. Die Zeitung berichtet, dies sei bereits der zweite Fall einer Abschiebung direkt aus dem Krankenhaus in diesem Jahr. Sie teilt mit, dass die Landesärztekammer das behördliche Vorgehen heftig kritisiere. Der für das Krankenhaus zuständige Landkreis ist Beschwerdeführer. Seine Kritik richtet sich gegen die Behauptung, die Abschiebung habe direkt aus dem Kreißsaal stattgefunden. Das sei eine freie Erfindung der Berichterstatterin. Weder in der Pressemitteilung des Flüchtlingsrates noch in der Antwort des Landratsamtes auf die Anfrage der Journalistin sei von einer Abschiebung aus dem Kreißsaal die Rede gewesen, sondern leidglich aus dem Krankenhaus. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung bedauert die Kritik, denn es gehöre zu den grundlegenden Prinzipien der Zeitung, sorgfältig zu recherchieren. Die Darstellung, dass die Abschiebung aus dem Kreißsaal erfolgt sei, habe sich nach dem seinerzeitigen Kenntnisstand aus der Pressemitteilung des Flüchtlingsrates sowie aus dem Gespräch der Redakteurin mit einem Sprecher des Krankenhauses ergeben. Nunmehr – zwei Monate nach der Recherche – könnten die damaligen Ereignisse nicht mehr im Detail rekapituliert werden. Es wäre gut gewesen, wenn sich der Beschwerdeführer nicht nur an den Presserat, sondern direkt an die Zeitung gewandt hätte. Ein möglicher Fehler wäre umgehend korrigiert worden. Da der Beitrag im Netz stehe, sei die Korrektur dort vorgenommen worden.

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Zeitung bewegt sich auf juristischem Glatteis

Eine überregionale Zeitung weist per Teaser auf einen Online-Artikel hin. Der Beitrag lautet so: „Wirtschaft – Abgas-Skandal Jetzt buhlen die Anwälte um Schummeldiesel-Besitzer – Ab Donnerstag besteht die Möglichkeit, wegen des Abgas-Betrugs Sammelklagen gegen VW einzureichen. Die Verbraucherzentralen und der ADAC bereiten eine vor. Aber auch die Kanzlei Hausfeld preist mit neuen Argumenten ihren Klageweg an.“ Im Online-Artikel selbst wurde dann berichtet, ab Donnerstag gelte das Gesetz zur Einführung zivilrechtlicher Musterfeststellungsklagen. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen plane, in Kooperation mit dem ADAC die erste Musterfeststellungsklage gegen VW einzureichen. Auch hier wurde teilweise der Begriff „Sammelklage“ anstatt „Musterfeststellungsklage“ verwendet. Ein Leser der Zeitung kritisiert, der Artikel verstoße gegen die Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltsplicht/Wahrheitsgehalt). Die Redaktion suggeriere, es handele sich um eine „Sammelklage“, was erwiesenermaßen falsch sei. Eine Sammelklage sei gezielt durch die Gesetzgebung verhindert worden. Ermöglicht sei nur eine Musterfeststellungsklage, die im Gegensatz zu einer Sammelklage jedem Beteiligten nur einen individuellen Prozess ermögliche. Bei einer Sammelklage sei genau das nicht mehr notwendig. Das aber wolle der Gesetzgeber ausdrücklich nicht. Insofern – so der Beschwerdeführer – belüge und manipuliere die Zeitung die Öffentlichkeit. Der Chefredakteur der Zeitung räumt ein, dass die Musterfeststellungklage im strengen juristischen Sinne keine Sammelklage sei. Dies werde aber dem Leser in dem besagten Artikel an mehreren Stellen erklärt. Nach Eingang der Beschwerde und Rücksprache mit den Autoren habe die Zeitung den kritisierten Vorspann unverzüglich präzisiert: „Ab Donnerstag besteht die Möglichkeit, sich an einer Art Sammelklage gegen VW zu beteiligen.“

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Das Informationsinteresse überwiegt

Unter der Überschrift „Vermögen einer Aktiengesellschaft veruntreut?“ berichtet eine Lokalzeitung unter der Rubrik „Wirtschaftskriminalität“, dass die Staatsanwaltschaft Anklage gegen einen am Verlagsort ansässigen Unternehmer wegen Untreue und Unterschlagung erhoben habe. Der Mann wird in dem Artikel namentlich genannt. Beschwerdeführer ist der Unternehmer, der sich darüber beklagt, dass die Zeitung mehrfach Artikel veröffentlicht habe, die nach seiner Ansicht gegen den Pressekodex verstoßen. So wendet er sich gegen die obengenannte Überschrift. Jeder Leser müsse nach der Lektüre davon ausgehen, dass das Vermögen veruntreut worden und verschwunden sei. Der Beschwerdeführer wendet sich dagegen, dass sein Name und der seiner Familienmitglieder genannt worden seien. Er vermutet eine Absicht der Zeitung, den Ruf der Familie zu ruinieren, und wendet sich gegen weitere Passagen der Berichterstattung. Der Redaktionsleiter der Zeitung widerspricht der Beschwerde. Presseethische Grundsätze seien nicht verletzt worden. Er nimmt zu allen in der Beschwerde genannten Punkten Stellung. Die dem Artikel zugrunde liegenden Informationen stammten von der Staatsanwaltschaft und gingen auf ein Gespräch mit dem zuständigen Amtsgerichtsdirektor zurück. Die bearbeitende Redakteurin habe den gegenüber Staatsanwaltschaft und Gericht bestehenden Auskunftsanspruch der Presse auf der Grundlage des Landespressegesetzes geltend gemacht.

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Schulleiter fühlt sich an Pranger gestellt

„Üble Nachrede im Internet: Musikschulleiter (…) muss zahlen“ – titelt eine Regionalzeitung. Im Bericht geht es darum, dass der Musikschulleiter einer Kleinstadt vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 3.000 Euro verurteilt worden sei, die das Gericht jedoch als Verwarnung für ein Jahr zur Bewährung ausgesetzt habe. Stattdessen müsse er 1000 Euro als „Schmerzensgeld“ an den Betroffenen zahlen. Der Musikschulleiter wird im Bericht mehrmals mit seinem vollen Namen genannt. Die Zeitung veröffentlicht auch ein Foto des Mannes. Der Beschwerdeführer in diesem Fall ist der Musikschulleiter. Er kritisiert, dass die Berichterstattung nicht dem tatsächlichen Prozessverlauf entspreche. Sie werde inhaltlich auch nicht dem Urteil gerecht. Die Überschrift „(…) muss zahlen“ sei inhaltlich falsch und habe eine reißerische Tendenz. Er fühle sich herabgewürdigt und in seinem öffentlichen Ansehen gefährdet. Die dominant platzierte, inhaltlich falsche Berichterstattung eines in der Sache vom urteilenden Richter als wenig bedeutend beurteilten Vorgangs gefährde seine persönliche und berufliche Existenz. Es widerspreche journalistischer Ethik, ihn mit einer so unangemessenen Darstellung in Wort und Bild in seiner Ehre zu verletzen. Das Ziel von Berichterstattung – so der Beschwerdeführer – dürfe nicht eine soziale Zusatzbestrafung Verurteilter mit Hilfe eines Medien-Prangers sein. Die Berichterstattung hat nach Darstellung des Beschwerdeführers direkte Auswirkungen auf einen Beurteilungsprozess des Gemeinderats gehabt. Ein seit vielen Jahren gewährter Zuschuss für ein von ihm veranstaltetes Festival sei für das kommende Jahr gestrichen worden. Die tendenziöse Berichterstattung der Zeitung habe die Meinungsbildung innerhalb des Gemeinderats stark beeinflusst. So seien Verdächtigungen publiziert worden, die nachweislich nicht zu belegen gewesen seien. Der Chefredakteur der Regionalzeitung hält die Berichterstattung für völlig korrekt. Er ist der Auffassung, dass auch die Überschrift sachlich formuliert ist. Dass der Beschwerdeführer sich herabgewürdigt fühle und sein öffentliches Ansehen beschädigt sehe, habe ausschließlich mit seinem eigenen Verhalten – der üblen Nachrede im Internet zu tun. Der Beschwerdeführer sei in der Region eine bekannte Person. Als Leiter der Musikschule habe ein Einkommen aus öffentlichen Mitteln. Hier überwiege eindeutig das Informationsinteresse der Öffentlichkeit die schutzwürdigen Interessen des Beschwerdeführers. Deshalb widerspreche es nicht der journalistischen Ethik, in Wort und Bild über den Mann und sein Verhalten zu berichten.

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Streit um „Tot schweigen“ und „Tot machen“

Unter der Überschrift „Das Schweigen der Bürgerschaft“ veröffentlicht eine Regionalzeitung einen Kommentar, dessen Autorin sich kritisch mit einem Antrag der örtlichen AfD-Fraktion auseinandersetzt. Diese hatte Maßnahmen zur Beendigung vermeintlicher nächtlicher Ruhestörungen in einer Flüchtlingsunterkunft gefordert. Darauf hatten die anderen Fraktionen nicht reagiert. Einige Tage später beschreibt die gleiche Autorin, wie die anderen Parteien in der Bürgerschaft mit der AfD umgehen wollen. Die AfD-Fraktion wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Sie kritisiert einen Passus aus dem Artikel „Das Schweigen der Bürgerschaft“, der lautet: „Da hätte die AfD Farbe bekennen müssen. Und der Farbton wäre braun gewesen. Die Chance, das sichtbar zu machen, haben die Politiker vertan.“ Mit der Beschreibung der AfD als „braun“ rücke die Zeitung die Mitglieder der AfD-Fraktion ohne weiteren Beleg und nicht auf Tatsachen gestützt in die Nähe des Nationalsozialismus. Sie würden durch die Gleichsetzung und vor dem Hintergrund der von den Nationalsozialisten begangenen schweren Verbrechen in ihrer Ehre und Menschenwürde verletzt. Die AfD stört sich auch an dem zweiten Artikel der gleichen Autorin. Darin steht diese Passage: „Vor allem: die Bürgerschaft hat die AfD totgeschwiegen – aber nicht tot gemacht. Im Gegenteil – sie befördert den Zustrom zu dieser Partei“. Die Beschwerdeführer gehen davon aus, dass die Autorin den Begriff „tot machen“ präferiere und einforderte. Während für die Wendung „tot schweigen“ landläufig ein übertragener Sinnzusammenhang bekannt sei, der nicht den physischen Tod der totgeschwiegenen Person bedeute, sei ihnen ein übertragener Sinn für den Begriff „totmachen“ nicht bekannt. Personen tot machen habe nur die Bedeutung, sie zu töten. Hierin sehen die Beschwerdeführer eine gewaltbezogene Formulierung außerhalb des für sie Vorstellbaren und eine Verletzung der Menschenwürde. Der Chefredakteur der Zeitung betont, dass es sich um einen Meinungsartikel handele. Die Autorin kommentiere darin den Umgang in der Bürgerschaft mit der AfD-Fraktion. Mit dem zweiten Artikel sei der Zeitung ein Fehler passiert. Der Online-Bearbeiter habe offensichtlich eine Ergänzung durch die Autorin übersehen.

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„Autor macht sich zum Erfüllungsgehilfen“

Eine Regionalzeitung berichtet gedruckt und online über Pläne für ein künftiges Fitnessstudio der Kette „Viva Fitness“ in den Räumen eines leerstehenden ehemaligen Supermarktgebäudes in einer Ortschaft des Verbreitungsgebietes. Der Geschäftsführer der Kette wird ausführlich zitiert. Der Autor nennt auch die Vertragskonditionen und Einstiegsangebote. Nach Auffassung eines Lesers der Zeitung verstößt der Artikel gegen Richtlinie 7.2 des Pressekodex (Schleichwerbung). Das noch nicht existierende Fitnessstudio werde derzeit massiv mit den Aussagen beworben, die genauso in dem Artikel enthalten sind. Ein Absatz sei reine Werbung, um schnell viele Mitglieder zum Vertragsabschluss zu animieren. Hier lasse der Autor jede Distanz zum Unternehmer vermissen. Er mache sich zum Erfüllungsgehilfen für schnelle Vertragsabschlüsse. Der Chefredakteur weist den Vorwurf des Kodex-Verstoßes zurück. Das leerstehende Gebäude sei als Supermarkt ein besonderer Magnet in dem kleinen Ort gewesen. Ein besonderes öffentliches Interesse sei also gegeben und rechtfertige eine umfangreiche Berichterstattung. Bei seinen Recherchen habe sich der Autor des Berichtes keinesfalls auf PR-Material gestützt. Viele Untersuchungen belegten, dass Printleser und Online-Nutzer ein hohes Interesse an serviceorientierten Nachrichten hätten. Die Beschwerde habe die Redaktion veranlasst, sich den beanstandeten Text noch einmal genau anzusehen. Dabei habe man erkannt, dass der Hinweis, die ersten 200 Neukunden hätten einen dauerhaften Rabatt von 50 Euro zu erwarten, doch recht werblich sei. Aus diesem Grund habe man die Passage inzwischen aus dem online abrufbaren Artikel gelöscht.

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In einer Kneipe Wehrmachtslied gegrölt

Eine Großstadtzeitung berichtet, dass Mitglieder der CDU-Jugendorganisation Junge Union ausgerechnet am 9. November in einer Berliner Kneipe ein Wehrmachtslied gesungen hätten. Überschrift: „Empörung nach Wehrmachts-Eklat der Jungen Union“. Dem Online-Artikel ist ein Video beigefügt, das eine Zeugin des Vorgangs gedreht hat. Die Zeitung berichtet weiter, die Junge Union-Mitglieder, die auf einer Berlin-Exkursion gewesen seien, hätten in der Kneipe mit dem Grölen von Parolen und Liedern auf sich aufmerksam gemacht. Der Beschwerdeführer in diesem Fall, ein Mitglied der Jungen Union, sieht durch den Artikel mehrere presseethische Grundsätze verletzt. Der Autor verleumde die jungen Leute und behaupte falsche Tatsachen. In der Berichterstattung sei von Gegröle, homophoben Äußerungen und der Zustimmung zu einer Videoaufnahme die Rede. Diese Behauptungen und Vorwürfe seien nicht zu belegen. Sie seien unwahr. Der Beschwerdeführer spricht von einer medialen Hetzjagd. Die Zeitung habe den Eindruck erweckt, es handele sich bei den Junge Union-Leuten um rechtsradikale Feinde der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Die falsche Berichterstattung hätte sich nach Meinung des Beschwerdeführers vermeiden lassen, wenn man Gerüchten und Unterstellungen mit einem Minimum an Sorgfalt begegnet wäre. Ein Mitglied der Chefredaktion der Zeitung weist darauf hin, dass Anlass des Besuchs eine politische Bildungsfahrt der Jungen Union (JU) Hessen gewesen sei, die vom Bundestag, vom RCDS Hessen und der JU Hessen gefördert worden sei. Wie aus der Folgeberichterstattung hervorgehe, habe eine in Berlin aufgewachsene und dort lebende Jüdin den Vorfall gefilmt. Angehörige aus deren Familie seien seinerzeit von den Nazis verschleppt und ermordet worden. Wie der Vertreter der Zeitung anmerkt, sei der JU-Gruppe durchaus bewusst gewesen, dass ihr Kneipen-Auftritt gefilmt worden sei.

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Sich selbst in die Öffentlichkeit begeben

Eine überregionale Zeitung berichtet online über einen Abtreibungsgegner, der mehrere Ärztinnen und Ärzte wegen Verstößen gegen das Werbungsverbot für Abtreibungen angezeigt hat. Die Zeitung schreibt, der Mann überziehe derzeit Redaktionen mit Abmahnungen, die ihn mit seinem Namen nennen. Und das, obwohl er sich selbst in die Öffentlichkeit gestellt habe. Ein Leser der Zeitung kritisiert diese, weil sie den Namen des Abtreibungsgegners nenne. Anzeigenerstatter hätten ein Recht auf Anonymität, weil sie sonst Angst haben müssten vor Repressalien aus der Bevölkerung oder von Seiten der Angezeigten selbst. Die von der Redaktion beauftragte Anwaltskanzlei hält die Beschwerde für unbegründet. Sie beruft sich auf ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf, das einem Online-Portal das Recht zugesprochen habe, den Namen des Abtreibungsgegners zu nennen. Die Namensnennung verletze weder das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen noch sein Recht auf Anonymität. In der Abwägung überwiege das öffentliche Informationsinteresse.

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In einer Kneipe das Westerwald-Lied gegrölt

Ein Nachrichtenmagazin veröffentlicht online einen Artikel unter der Überschrift „Mitglieder der Jungen Union singen Wehrmachtslied“. Im Bericht geht es darum, dass ein von einer Augenzeugin aufgenommenes Video die Junge Union (JU) in Erklärungsnot bringe. Mehrere JU-Mitglieder aus Hessen seien am 9. November beim Singen des Westerwald-Liedes in einer Berliner Kneipe gefilmt worden. Das Video ist in den online veröffentlichten Beitrag eingebettet. Ein Leser des Magazins sieht mit der Veröffentlichung presseethische Grundsätze verletzt. Zum einen werde durch die Überschrift suggeriert, das Westerwaldlied sei von den Personen im Zusammenhang mit dem Gedenken an den Jahrestag der Reichspogromnacht gesungen worden. Dass sich der Vorfall am 9. November abgespielt habe und in keinem Zusammenhang mit dem Gedenken an die Pogromnacht stehe, werde von der Redaktion ignoriert. Der Beschwerdeführer hält einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex (Schutz der Persönlichkeit) für besonders gravierend. Durch die Veröffentlichung von nicht genehmigtem und auch später nicht autorisiertem Videomaterial werde das Recht auf informelle Selbstbestimmung verletzt. Auf die Beschwerde antwortet das Justiziariat des Verlages. Die meisten Veröffentlichungen erfolgten ohne Einwilligung der betroffenen Personen. Dafür sei der Rechtsgedanke des Paragrafen 23, Absatz 1, Nr. 1 KUG (Kunst-Urhebergesetz) da. Dieser schütze auch Veröffentlichungen, die die Betroffenen lieber nicht sehen würden. Bei zeitgeschichtlicher Relevanz dürfe auch gegen den Willen der Betroffenen berichtet werden. Diese Relevanz sei in diesem Fall gegeben, selbst wenn die JU-Mitglieder in der Kneipe einen Geburtstag gefeiert hätten. Auch an dem Verhalten von Nachwuchspolitikern bestehe ein berechtigtes öffentliches Interesse.

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Grenze zur Schleichwerbung nicht überschritten

Eine überregionale Zeitung veröffentlicht einen Artikel über die Kooperation des TV-Herstellers Philips mit dem Akustik-Spezialisten Bowers & Wilkins (B&W). Für die neueste Reihe der Philips-Geräte habe B&W den Sound entwickelt, schreibt der Autor. Eine Leserin der Zeitung sieht in der Veröffentlichung Schleichwerbung für die Fernsehgeräte von Philips. Ihre Beschreibung sei detailliert und ausschließlich positiv und werblich. Konkurrenzprodukte würden nicht genannt. Die Zeitung lässt den Autor des Beitrages auf die Beschwerde antworten. Er weist darauf hin, dass es in der Rubrik „Technik und Motor“ üblich sei, einzelne Produkte zu besprechen, ohne sie in einen direkten Vergleich mit Wettbewerbsfabrikaten zu stellen. Im konkreten Fall gehe es vor allem um die Kooperation von Philips mit dem renommierten englischen Lautsprecherhersteller Bowers & Wilkins. Unter den Lautsprecherherstellern habe B&W einen Rang, der etwa mit der Bedeutung der Marke Porsche unter den Autobauern vergleichbar sei. Insofern wecke allein diese Kooperation die Aufmerksamkeit von Marktbeobachtern. Sie provoziere bei Testern die Frage, ob man es mit einer reinen Marketingbotschaft zu tun habe oder tatsächlich ein Produkt entstanden sei, das den hohen Erwartungen gerecht werde. Tatschlich übertreffe die Tonqualität des Geräts sehr deutlich alles, was andere Geräte mit vergleichbar großen Lautsprechereinbauten zu leisten vermögen, so der Autor. Seine umfassende Produktkenntnis im TV-Bereich erlaube ihm dieses Urteil. Hätte der Hersteller in diesem Punkt enttäuscht, wäre dies auch in seinem Artikel klar benannt worden.

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