Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6869 Entscheidungen
Verteidigungsminister Rudolf Scharping erleidet beim Besuch des Pentagons in Washington einen Unfall. In dem Moment, als das Fahrzeug des Ministers eine Sperre passiert, springt eine Stahlkappe hoch und katapultiert den Wagen etwa einen Meter hoch. Die Insassen des Fahrzeugs werden erst gegen die Decke und dann gegen die Kopfstützen der Vordersitze geschleudert. Der Minister erleidet eine Platzwunde am Kopf und Schnittwunden am Bein, wird in einem Krankenhaus behandelt. Eine Boulevardzeitung berichtet unter der Schlagzeile „Scharping – 10 Sekunden Todesangst“ darüber in Wort und Bild. Autor des Beitrages ist laut Autorenzeile der Sprecher des Ministers. Dieser beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er habe mit dem stellvertretenden Chefredakteur der Zeitung lediglich ein Informationsgespräch geführt. Die Autorenzeile erwecke den falschen Eindruck, dass er den Beitrag geschrieben habe, was jedoch nicht der Fall sei. Er habe die Veröffentlichung nicht einmal autorisiert. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, der stellvertretende Chefredakteur habe mit dem Beschwerdeführer über den Unfall des Ministers gesprochen. Vor Beginn des Telefonats sei klar gemacht worden, dass der Sprecher des Ministers ausführlich zitiert werden würde. Ein Autorisierungsvorbehalt sei nicht vereinbart worden. Falsch sei, dass der Beschwerdeführer als Autor ausgewiesen worden sei. Es sei vielmehr so, dass lediglich die in dem Artikel enthaltenen Informationen als vom Beschwerdeführer herrührend ausgewiesen worden seien. Dieser Hinweis sei aber richtig und wahr. (2000)
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Eine Lokalzeitung veröffentlicht einen Leserbrief, der sich mit der Absetzung eines Büchereileiters beschäftigt. Der Brief ist mit einem Namen unterzeichnet, der von hinten gelesen den Namen ergibt, den der Leiter der Bücherei trägt. Der Betroffene ist sich sicher, dass der Leserbrief fingiert ist. Er ruft den Deutschen Presserat an. Die Redaktion hätte erkennen müssen, dass der Absender ein Anagramm seines Namens ist. Der Ressortleiter der Kulturredaktion erklärt, keinem Redaktionsmitglied sei dies aufgefallen. Die Redaktion habe den Brief veröffentlicht, nachdem sie sich bei der Stadtverwaltung nach der Existenz der Absenderanschrift erkundigt habe. Dass im selben Ort auch der Beschwerdeführer wohne, sei der Redaktion nicht bekannt gewesen. Nachdem sich der Büchereileiter am Erscheinungstag des Leserbriefes beim stellvertretenden Chefredakteur der Zeitung beschwert hatte, habe man am darauf folgenden Tag an gleicher Stelle eine Berichtigung veröffentlicht. (2000)
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„Das darf doch nicht wahr sein.“ Mit dieser Feststellung beginnt eine Boulevardzeitung ihren Bericht über „dreiste Asylbetrüger aus der Türkei“, die das Land jeden Monat um 500.000 Mark „erleichtern“. Viele der falschen Libanesen seien nicht nur teuer, viele seien auch kriminell. 148 von ihnen hätten insgesamt 2.502 Straftaten begangen. Das Blatt zitiert den Innensenator, der eine Anfrage mit der Feststellung beantwortet hat, die Abschiebung der insgesamt 531 Personen koste 1,3 Millionen Mark. Aber wer die bezahlen solle, sei unklar. Folglich formuliert die Zeitung ihre Schlagzeile: „Asylbetrüger – sie kassieren jeden Monat eine halbe Million – Aber für ihre Ausweisung fehlt das Geld“. Das AntiRassismusBüro und die Flüchtlingsinitiative des betroffenen Landes schalten den Deutschen Presserat ein. Hier werde falsch und einseitig berichtet. Bislang sei kein Verdächtiger wegen Asylbetrugs verurteilt worden. Die Reaktionsleitung der Zeitung beruft sich auf eine Mitteilung des Senats, wonach es einer Ermittlungsgruppe der Polizei gelungen sei, Asylmissbrauch in großem Umfang aufzudecken. Bislang sei 531 Personen, die angegeben hatten, staatenlose Kurden aus dem Libanon zu sein, nachgewiesen worden, dass sie die türkische Staatsangehörigkeit besitzen. Über diese Feststellungen der Behörden dürfe berichtet werden. Die Auffassung, dass die Medien verpflichtet seien, dieser Feststellung durch eigene Prüfungen nachzugehen, sei absurd. (2000)
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Auf ihrer Titelseite und im Innern des Blattes berichtet eine Boulevardzeitung über einen 14-jährigen Jens, der behauptet, von seinen Mitschülern oft misshandelt zu werden. „Ich bin der Prügelknabe der ganzen Schule“, gesteht er in der Schlagzeile. Vorname und Anfangsbuchstabe seines Familiennamens sind von der Redaktion geändert. Alter, Wohnort und Schule des Schülers werden genannt. Den Beiträgen beigestellt ist jeweils ein Foto des Jungen mit einem Schal vor der unteren Gesichtshälfte. Zwei Mütter, die Klassenkameraden des 14-jährigen und die Schulsprecherin schreiben an die Zeitung, äußern ihre Betroffenheit, weisen die Anschuldigungen zurück oder ziehen sie in Zweifel. Eine der Mütter wendet sich auch an den Deutschen Presserat. Der betroffene Schüler sei identifizierbar und in eine „schlimme Rolle“ gedrängt. Die Mitschüler des Jungen behaupten, dass er lüge. Insofern habe die Zeitung ungeprüft Falschdarstellungen des Jungen wiedergegeben. Die Rechtsabteilung des Verlages erklärt, der Vater von Jens sei von sich aus an die Redaktion mit der Bitte herangetreten, die Öffentlichkeit über die Ängste seines Sohnes zu informieren. Das Foto von Jens sei im Beisein und mit ausdrücklicher Einwilligung seines Vaters angefertigt worden. Die Recherche sei im konkreten Fall sehr gründlich gewesen und habe sich über einen langen Zeitraum erstreckt. Um die Glaubwürdigkeit des Jungen zu prüfen, habe sich der Autor teils im Beisein des Vaters, aber auch alleine mit dem Jungen unterhalten. Um ein konkretes Bild von den Ereignissen zu erhalten, sei Jens aufgefordert worden, über einen Zeitraum von einer Woche hinweg schriftlich zu dokumentieren, wie es ihm in der Schule ergeht und wie er sich fühlt. Nachdem dieses – später als „Tagebuch der Angst“ veröffentlichte – Dokument vorgelegen habe, habe man die von der Beschwerdeführerin angeblich vermisste Gegenrecherche betrieben. Dabei sei die Darstellung des 14-jährigen Jungen von einem Mitschüler, der Jens gut kennt, in vollem Umfang im Rahmen eines längeren Telefonats bestätigt worden. Bei einer danach vor Ort durchgeführten Recherche seien die Darstellungen von verschiedenen Schülern ebenfalls für richtig erklärt worden. Insbesondere hätten sie bestätigt, dass Jens häufig verprügelt werde. Selbstverständlich habe man auch die Direktorin der Schule zu den Vorgängen befragt. Sie habe sämtliche Vorwürfe, wie aus dem Artikel ersichtlich, mit einigen allgemeinen Hinweisen zurückgewiesen. Dabei habe sie der Redaktion gegenüber zu keinem Zeitpunkt erkennen lassen, dass Jens offensichtlich Unwahrheiten verbreite und z.B. ein problematischer Schüler sei. Im Anschluss an die Berichterstattung habe die Zeitung Schreiben ehemaliger Schüler erhalten, die den Inhalt des Artikels aus eigener Erfahrung bestätigten. (2000)
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Eine in Deutschland erscheinende türkische Zeitung berichtet unter der Überschrift „Möge Allah Verstand und Vernunft geben“ über Streitigkeiten zwischen dem Auslandsinstitut einer westdeutschen Großstadt und dem örtlichen Verein zur Verbreitung der Ideen Atatürks. So habe die Leiterin des Instituts eine Schlagzeile des Vereinsblattes kritisiert und dem Verein Rassismus vorgeworfen. Des weiteren habe sie moniert, dass bei einer Veranstaltung Atatürk-Fotos und die türkische Fahne zu sehen gewesen seien. Der städtische Pressereferent legt den Vorgang dem Deutschen Presserat vor. Von Rassismus sei nie die Rede gewesen. Nicht die Schlagzeile des Vereins sei kritisiert worden, sondern der auf der Titelseite enthaltene Hinweis auf eine Kooperation mit dem Auslandsinstitut. Auch sei nicht moniert worden, dass auf der Veranstaltung Atatürk-Fotos und die türkische Fahne zu sehen gewesen seien, sondern dass während der Veranstaltung ausschließlich Türkisch gesprochen und keine andere Sprache verwendet worden sei. Des Weiteren teilt der Sprecher der Stadt mit, dass entgegen der Aussage des Artikels die Zusammenarbeit zwischen dem Institut und dem Verein nicht aufgekündigt worden sei. Eine Stellungnahme der Zeitung zu der Beschwerde geht nicht ein. (2000)
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In einer Lokalzeitung erscheint ein Leserbrief unter der Überschrift „Spendenaffäre“. Der Brief bezieht sich auf einen Artikel und einen Kommentar über die Einziehung von Schwarzgeld der CDU. Der Brief beginnt mit folgender Passage: „Schon einmal hat ein Bartträger Parteivermögen vereinnahmt. Scheinbar legal – er ließ die Parteien vorher verbieten (22.Juni 1933). Wiederum scheinbar legal (Parteiengesetz) wird diesmal die CDU durch Bundestagspräsident Thierse geschröpft“. Ein Leser der Zeitung sieht durch die Gleichstellung mit Adolf Hitler den Bundestagspräsidenten verunglimpft und beschwert sich beim Deutschen Presserat. Eine Redaktion mache sich mitschuldig, wenn sie solche Leserbriefe veröffentliche. Die Chefredaktion der Zeitung verweist auf einen Schriftwechsel mit dem Bundestags-präsidenten und dessen Referenten. Man habe sich für die Veröffentlichung schriftlich entschuldigt und Wolfgang Thierse angeboten, dass er sich in einem Namensbeitrag zu dem Inhalt des Leserbriefes äußern könne. Herr Thierse sehe jedoch die Angelegenheit als erledigt an und verzichte auf einen eigenen Beitrag. Insofern sei auf die Beschwerde des eigentlich Betroffenen zu dessen Zufriedenheit reagiert worden. Einer Anregung des Presserats folgend will die Chefredaktion Kontakt auch mit dem Beschwerdeführer aufnehmen und ihm den Schriftverkehr mit Bundestagspräsident Thierse zur Kenntnis geben und erläutern. (2000)
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In mehreren Beiträgen befasst sich eine Lokalzeitung mit Vorwürfen gegen ein Heim für geistig behinderte Kinder. Danach sollen Kinder vernachlässigt, falsch behandelt oder misshandelt worden sein. Die Zeitung beruft sich bei ihrer Schilderung und Kommentierung auf eidesstattliche Versicherungen. Am Beispiel eines behinderten Jungen in einer Wohngruppe des Heims, der über mehrere Stunden unter einer Treppe gefesselt gewesen sein soll, erläutert sie die umstrittene Rechtslage in den Fällen, in denen minderjährige Betreute „fixiert“, also mittels mechanischer Vorrichtungen ruhig gestellt werden. In dem Bericht wird mehrere Male der Heimleiter zitiert, der zu den Vorwürfen Stellung nimmt. Dieser wendet sich nach der Veröffentlichung an den Deutschen Presserat und teilt mit, dass die geschilderten Vorwürfe nicht bewiesen und die Ermittlungen eingestellt worden seien. Die Begleitberichterstattung und die Kommentare zur Sache suggerierten dem Leser jedoch die Wahrhaftigkeit der Beschuldigungen. Dies selbst dann noch, als bereits über die Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft berichtet worden sei. Der Heimleiter kritisiert darüber hinaus auch die Veröffentlichung von Namen der leitenden Mitarbeiter seines Hauses. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, die Veröffentlichungen hätten nicht in jedem Fall die Namen der leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Anschrift und Telefonnummer des Heims enthalten. Man habe vielmehr in den Beiträgen die leitenden Mitarbeiter nur dann namentlich erwähnt, wenn man sich ausdrücklich zu den Vorwürfen in ihrer Funktion als Mitarbeiter befragt habe. Die Beiträge seien die Resultate von ausgesprochen langwierigen Recherchen, die etwa neun Monate vor der ersten Veröffentlichung begonnen hätten. Um dem Gebot der journalistischen Fairness nachzukommen und nicht zu präjudizieren, habe man selbstverständlich in allen Beiträgen beiden Seiten Gelegenheit gegeben, ausführlich ihre Sicht der Dinge darzustellen. Die Informanten habe man durch einen Rechtsanwalt auf die möglichen Folgen einer richtigen, aber auch einer falschen eidesstattlichen Versicherung hinweisen lassen. Somit habe man ihnen Gelegenheit gegeben, ihre Darstellung zu überprüfen und gegebenenfalls zu modifizieren. Dies sei jedoch in keinem der Fälle geschehen. (2000)
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In einem Sonderheft unter dem Titel „Traumfigur 2000“ schildert eine Frauenzeitschrift sanfte Operationsmethoden gegen Übergewicht. Patientinnen, die sich den Magen mit einem kleinen Silikonband haben abbinden lassen, werden mit ihren Erfahrungen vorgestellt. Auf einem Foto ist eine Magenband-Patientin „vorher“ mit 120 Kilo Gewicht zu sehen, auf einem zweiten Foto stellt sich die Patientin „nachher“ mit 44 Pfund weniger vor. Beide Fotos zeigen aber nicht ein und dieselbe Frau. Einen Leser stört dieser schiefe Vergleich. Er trägt seine Bedenken dem Deutschen Presserat vor. Die für die Veröffentlichung verantwortliche Agentur gesteht ein, dass die Darstellung des Beschwerdeführers korrekt ist. Die beiden Fotos seien ohne jede Absicht durch ein Versehen vertauscht worden. Diese Schlamperei sollte nicht wieder vorkommen. (2000)
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Eine Regionalzeitung informiert ihre Leserinnen und Leser über einen Mord: Ein 29-jähriger Türke betritt die Teestube eines türkischen Kulturvereins, setzt wortlos eine Pistole an den Hinterkopf eines 38-jährigen Landsmanns, streckt diesen mit fünf Schüssen nieder und stellt sich der Polizei. Nach Angaben der Kriminalpolizei habe der Täter seit Jahren vorgehabt, seinen Kontrahenten umzubringen – wegen Differenzen am ehemals gemeinsamen Arbeitsplatz. Am folgenden Tag präzisiert die Zeitung den Tathergang. Die Obduktion der Leiche habe ergeben, dass der Täter insgesamt sieben Schüsse abgegeben habe. Ein Leser der Zeitung reicht Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Der Verdächtige sei zwar türkischer Abstammung, besitze aber die deutsche Staatsbürgerschaft. Dies habe er bei der Staatsanwaltschaft auf Nachfrage erfahren. Die Zeitung habe demnach falsch berichtet und diskriminiert. Sie habe ihren Lesern bewusst vorenthalten, dass es sich bei dem Beschuldigten um einen deutschen Staatsbürger handele. Die Chefredaktion der Zeitung berichtet, in sämtlichen Auskünften von Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft gegenüber dem recherchierenden Redakteur sei durchweg von „Türken“ gesprochen worden, in Bezug sowohl auf den Täter als auch auf das Opfer. Auch direkt am Tatort hätten sich Augenzeugen und Angehörige von Täter und Opfer in der selben Weise geäußert. Von niemandem sei ein einziger Hinweis gekommen, dass der Täter einen deutschen Pass besitze. Aus diesen Gründen weise man die Unterstellung des Beschwerdeführers, man habe eine ethnische oder nationale Gruppe absichtlich diskriminiert, nachdrücklich zurück. Die Berichterstattung beruhe auf seriösen Recherchen nach bestem Wissen und Gewissen. Auf Anfrage übersendet die zuständige Staatsanwaltschaft dem Presserat den Personalbogen des Verdächtigen, in dem als Staatsangehörigkeit „deutsch“ angegeben ist. (2000)
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