Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6869 Entscheidungen
Eine Regionalzeitung veröffentlicht den Korrespondentenbericht einer Nachrichtenagentur über die Vorbereitungen der PDS auf die Wahlen zum Europaparlament. In dem Artikel der Agenturjournalistin findet sich folgende Passage: “Für die PDS ist allein die NATO der Aggressor, nicht der jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic, und sie leugnet oder ignoriert die Vertreibung und Ermordung der Kosovaren.” Der heimische Kreisverband der PDS beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Aussage, dass die PDS Vertreibung und Ermordung der Kosovaren leugne, sei falsch. Dies gehe z.B. aus einem Brief von Gregor Gysi an Milosevic und aus einem Artikel in der “Anti-Kriegs-Zeitung” der PDS hervor. Die Chefredaktion der Zeitung verweist auf einen inzwischen veröffentlichten Leserbrief, in dem die Partei ihre Position darlegen konnte. Ferner habe man sich bei der PDS-Führung in Berlin für die Fehlleistung entschuldigt. Die Chefredaktion der Nachrichtenagentur teilt mit, dass die strittige Passage nicht von ihr stammt. Auch die Verfasserin selbst bekunde eindeutig, dass sie den beanstandeten Satz nicht geschrieben hat. (1999)
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Ein Journalist, Dozent von Kursen für angehende Fachjournalisten, legt dem Deutschen Presserat mehrere Ausgaben des Magazins und der Jugendbeilage einer Tageszeitung vor und kritisiert, dass in einer Vielzahl von Beiträgen auf Unternehmen und deren Produkte hingewiesen wird. So werde in einer Titelgeschichte unter der Überschrift “Ein Sommer im Paradies” unverblümte Werbung für diverse Bikinihersteller betrieben. Eine andere Titelgeschichte werbe mit vier ganzseitigen und zwölf viertelseitigen Farbfotos für Schlipse. Unter dem fadenscheinigen Vorwand, die Leser/innen bräuchten endlich dämmerungstaugliche Textilien, biete die Zeitschrift einer stattlichen Reihe von Firmen ohne jegliches journalistisches Alibi eine vierfarbige Werbestrecke. Der Beschwerdeführer wartet mit einer Vielzahl weiterer Beispiele auf, darunter Texte bzw. Fotos über Essstäbchen für Kinder, Mini-Badetücher, Kosmetika, Tiertransporte auf Urlaubsreisen u.a. Was das Magazin betreibe, erscheine vielen seiner Schüler bereits als völlig normal: “Bei einer Prüfungsfrage, die auf die Einmischung von Anzeigenleitern in Redaktionen abziele, schreiben erschreckend viele Probanden, sie würden sich im Endeffekt den Wünschen des Anzeigenleiters beugen.” Wenn diese Einstellung weiter um sich greife, brauchten wir bald keinen Presserat mehr. Die Chefredaktion des Magazins lässt den Presserat wissen, dass sie seit drei Jahren die Kompetenz des Magazins im Bereich Mode und Life-Style sukzessive ausbaue. Damit verbunden sei eine Zusammenarbeit mit den bedeutendsten Fotografen und Stylisten der Welt. Besonders die Specials zu den Themen Mode, Design etc. hätten nicht nur bei den Lesern, sondern auch bei den entsprechenden Anzeigenkunden deshalb so großen Anklang gefunden, weil man “unorthodox” mit Konsumgegenständen verfahre. Ein besonders gutes Beispiel dafür sei die Krawattengeschichte, die der Beschwerdeführer in seinem Schreiben anspreche. Die Geschichte sei aus einer kleinen Meldung, die im Wissenschaftsteil gedruckt wurde, entstanden. Dass man den Lesern dabei nicht verschweigen sollte, von welcher Firma die abgebildeten Krawatten seien, entspreche dem Verständnis von Service. Seit Anfang des Jahrhunderts würden die Trennungslinien zwischen Kultur- und Konsumgütern immer verschwommener. In den letzten zehn Jahren fänden immer häufiger Mode- und Modefotografieausstellungen in großen Museen statt. Diese Art von intellektueller Durchdringung kennzeichne auch die Auseinandersetzung des Magazins mit dem Thema und versuche damit grundsätzlich andere Wege zu gehen als Teile der Life-Style-Presse, die mitunter einfach sogenannte “Waschzettel” der PR-Abteilungen abzuschreiben pflege. Dass es dabei für Außenstehende zu Gratwanderungen kommen könne, sei nachzuvollziehen, doch das gesamte Streben richte sich danach, einen mündigen Konsumenten mit den Informationen zu erreichen, so wie man bei politischen Themen einen mündigen Bürger voraussetze. Die Chefredaktion der Tageszeitung ergänzt die Stellungnahme der Kollegen mit der Feststellung, die Jugendbeilage des Blattes wolle ihre Leser mit allen möglichen jugendrelevanten Themen überraschen. Man könne nicht erkennen, dass man in der Berichterstattung über solche Themen andere journalistische Kriterien anlegen würde, als bei den vermeintlich “ernsteren”. So würden bei Büchern, die in dem Magazin rezensiert würden, auch Autor, Verlag und Preis genannt, ebenso verhalte es sich in der Berichterstattung über Mode und Musik. Die Angabe von Preisen und Bezugsquellen der Kleidung, die in den Magazingeschichten vorgestellt würden, entsprächen nach Auffassung der Redaktion dem Informationsinteresse des Lesepublikums. Die kritisierten Titelgeschichten ließen sich nicht als Reklametexte lesen, sondern verfolgten stets eine journalistische Idee. So greife die Geschichte “Mode für den Sonnenaufgang” fotografisch und mit dem Text das Lebensgefühl auf, das Jugendliche nach einer langen Nacht am frühen Morgen hätten. Der Beitrag ergebe ein Bild, das nichts mit Werbung zu tun habe, sondern mit jugendlicher Stimmung. Noch deutlicher werde das in der Titelgeschichte “Frühlingsmode”, in der auf die Abbildung der Mode ganz verzichtet werde, da der Kontext, in dem Mode üblicherweise gezeigt werde, viel interessanter erscheine als die betreffenden Produkte selbst. (1999)
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Eine Zeitschrift berichtet, dass ein deutscher Bundesminister gerngesehener Grabredner auf einer Nazi-Kultstätte sei. Braune Umtriebe störten den Hobbyprediger nicht. Dabei sei die Ahnenstätte nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes seit Jahrzehnten ein Wallfahrtsziel für Altnazis. Schon die Nationalsozialisten hätten den idyllischen Waldfriedhof als germanische Kultstätte genutzt und ihre Sonnenwendfeiern dort begangen. Rechtsextreme Rassenfanatiker des Bundes für Gotterkenntnis Ludendorff hätten die braune Tradition fortgesetzt und 1958 die Ahnenstätte gegründet. Der Vorsitzende des Vereins, so die Zeitschrift, sei Mitbegründer der NPD. Dem Artikel beigestellt ist das Foto eines sogen. Ludendorff-Findlings, das mit einem Vereinsstempel des Ahnenvereins versehen ist. Dessen Vorsitzender beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der Beitrag enthalte diverse falsche Tatsachenbehauptungen. So sei entgegen den Aussagen des Artikels die Ahnenstätte keineswegs nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes seit Jahrzehnten ein Wallfahrtsort für Altnazis. Zudem sei der Leiter der Ahnenstätte weder Gründungsmitglied noch einfaches Mitglied der NPD. Des weiteren sei die Ahnenstätte nicht vom Bund für Gotterkenntnis Ludendorff gegründet worden, sondern von Menschen unterschiedlichster Glaubensauffassungen, die keiner Organisation verpflichtet seien. Ferner werden der Begriff “Nazikultstätte” kritisiert sowie die Abbildung des Ludendorff-Gedenksteins, den es auf der Ahnenstätte gar nicht gebe und der in den Bericht hineingefälscht worden sei. Die Rechtsvertretung der Zeitschrift teilt mit, der Vorwurf der Bildfälschung sei unbegründet. Richtig sei allerdings, dass der Ludendorff-Findling nicht auf dem Gelände des Ahnenstättenvereins stehe. Dies habe die Redaktion allerdings auch nicht behauptet. Man räumt jedoch ein, dass aufgrund des Stempels, der auf den Verein Bezug nimmt, unter Umständen der Eindruck entstehen könnte, dass der Stein sich auf dem Gelände der Ahnenstätte befinde. Die Veröffentlichung von Foto und Stempel sei auf ein redaktionelles Versehen zurückzuführen. Es sei bis kurz vor Drucklegung nicht klar gewesen, ob auf der ersten Seite des Beitrags der Ludendorff-Findling oder der Grabstein der Ex-BDM-Führerin Gertrud Herr abgebildet werden sollte. Als die Entscheidung für den Findling fiel, sei versäumt worden, den Stempel, der mit dem Herr-Grabstein veröffentlicht werden sollte, zu entfernen. Die Aussage, dass die Ahnenstätte seit Jahrzehnten ein Wallfahrtsziel für Altnazis sei, habe der Sprecher des zuständigen Landesamtes für Verfassungsschutz in einem Telefonat ausdrücklich bestätigt. Die Rechtsabteilung des Verlages nennt zwei langjährige Mitglieder im Bund für Gotterkenntnis Ludendorff, die 1958 zu den Gründern der Ahnenstätte zählten. Die angegriffene Textpassage sei demnach zutreffend. Dass der Vorsitzende des Vereins 1964 zu den Mitbegründern der NPD zählte, ergebe sich aus dem Handbuch Deutscher Rechtsextremismus. Darin sei auch vermerkt, dass der Betroffene bei der Bundestagswahl 1972 als Parteiloser auf Platz 4 einer NPD-Landesliste kandidiert habe. (1999)
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Eine Tageszeitung berichtet, dass die Staatsanwaltschaft das Ansinnen des Staatsschutzes, gegen bestimmte Personen der linken Szene ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, abgelehnt habe. Der Staatsschutz hatte vier Wohnungen durchsuchen lassen wollen, nachdem auf der Titelseite eines linken Szeneblattes das Plakat einer Spaßguerilla erschienen war, das den früheren Innensenator der Stadt beim Geschlechtsverkehr mit einem Schaf zeigt. Dem Artikel ist eine Reproduktion des Titelblattes mit der entsprechenden Fotomontage beigestellt. Der jetzige Innensenator sieht in der Veröffentlichung eine Beleidigung seines Amtsvorgängers und schaltet den Deutschen Presserat ein. Die Tageszeitung habe das Titelbild ohne Veränderung übernommen und sich nicht davon distanziert. Die Chefredaktion der Zeitung räumt ein, dass die Fotomontage dem Pressekodex zuwider läuft, und teilt mit, dass sie sich bei dem Betroffenen entschuldigt habe. (1999)
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Am 19. Januar berichtet eine Lokalzeitung über die Beratung des Nachtragshaushalts in der “gestrigen” Sitzung der Stadtverordneten. Die Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen am Ort nimmt Anstoß an der Veröffentlichung und ruft den Deutschen Presserat an. Die Sitzung der Stadtverordneten fand nämlich erst am 19. Januar statt, als der Bericht über die Sitzung bereits gedruckt war. Die Beschwerdeführerin kritisiert die Veröffentlichung als eine Irreführung der Leser und einen Verstoß gegen die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit. Die Chefredaktion des Blattes bedauert den Fehler. Eine Irreführung der Leser sei nicht beabsichtigt gewesen. Als amtliches Bekanntmachungsblatt habe man die Sitzung mit der gesamten Tagesordnung angekündigt, so dass jeder Leser über den Termin völlig im Bilde gewesen sei. Das Zahlenwerk zum Nachtragshaushalt und seine Bewertung durch den Stadtkämmerer sei der Presse bereits am Vortag bekannt gegeben worden. Da zu diesem Thema in der Stadtverordnetenversammlung nie Debatten stattfänden, und wenn, erst in der folgenden Sitzung, und weil die Haushaltszahlen fixe Größen seien, habe man den Artikel bedenkenlos als Vorsatz für die erste, der Sitzung folgende Zeitungsausgabe vorbereiten können. Dieser Artikel sei dann aus dem Vorsatz in die aktuelle Ausgabe geraten. Ein Missgeschick, über das man sich selbst sehr geärgert habe. (1999)
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