Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6869 Entscheidungen

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Handgreiflichkeiten

In einem Kommentar über Aktionen einer Gewerkschaft im Streit um den Ladenschluss wirft eine Lokalzeitung einem namentlich genannten Gewerkschaftsfunktionär Handgreiflichkeiten vor. Die Landesbezirksleitung der Gewerkschaft beschwert sich daraufhin beim Deutschen Presserat über Falschaussagen. Der betroffene Funktionär sei entgegen der Aussage des Kommentars nie handgreiflich geworden. Zudem hätten nicht fünf, sondern zehn Arbeitnehmer an einem Streik teilgenommen, der in dem Kommentar erwähnt wird. Die Chefredaktion des Blattes verweist auf einen Informanten, der persönlich erklärt habe, er selber habe die heftige Aggressivität des Gewerkschafters zu spüren bekommen. Manchmal habe er den Eindruck gehabt, dass dieser auf ihn losgehen wolle. Der Informant habe auch von Rempeleien zwischen dem Gewerkschafter und einem Arbeitgeber anlässlich der Verhandlungen über Öffnungszeiten berichtet. (1999)

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Sex im Büro

Unter dem Blickpunkt “Sex und Bestechung” berichtet die Lokalausgabe einer Regionalzeitung, dass die Staatsanwaltschaft gegen den stellvertretenden Stadtdirektor Anklage erhoben hat, weil er eine Mitarbeiterin sexuell bedrängt haben soll. Die Angestellte habe immer wieder nach Ausflüchten gesucht, so die Zeitung, um nicht mit ihrem (verheirateten) Chef zu Schäferstündchen zusammentreffen zu müssen. Dabei habe sie auch angegeben, wegen vieler Arbeit keine Zeit zu haben. Der Spitzenbeamte soll ihr daraufhin angeboten haben, dass sie für diese Zeit vom Dienst freigestellt werden könne. Darin sehe die Staatsanwaltschaft eine Dienstpflichtverletzung und den Versuch der Bestechung. Der Beamte wendet sich an den Deutschen Presserat. Er sieht sich in Bericht und Kommentar vorverurteilt. Die Chefredaktion der Zeitung verweist auf ein Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer, das bereits im Sommer 1995 abgeschlossen worden sei. Nach Aussage des Stadtdirektors habe der Betroffene damals Belästigungen eingestanden und sich bei den Frauen entschuldigt. Über diesen Sachverhalt habe die Zeitung seinerzeit berichtet. Eine Stellungnahme dazu habe der Beschwerdeführer verweigert, gegen die veröffentlichten Fakten seinerzeit aber auch nicht protestiert. Als 1998 wegen des Verdachts der Bestechung ein strafrechtliches Verfahren gegen den Beschwerdeführer eingeleitet worden sei, habe das alte Verfahren wieder an Aktualität gewonnen. Man habe jedoch erst nach der Anklageerhebung 1999 erstmals über den Vorgang berichtet. Der kritisierte Artikel stütze sich auf den bereits 1995 veröffentlichten Tatbestand, der eine Grundlage der Anklageerhebung sei und damit natürlich noch einmal ausführlich dargestellt werden müsse. Die Anklage selbst laute – im Zusammenhang mit der sexuellen Belästigung – auf Bestechung. Allein in dieser Hinsicht sei also eine Unschuldsvermutung geboten. Diese sei im fraglichen Artikel nicht verletzt worden. (1999)

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Foto eines Unfallopfers

Ein Unglück in den Salzburger Bergen ist Thema eines großen Berichts in einer Boulevardzeitung. Sie schildert, wie ein 60jähriger Bergwanderer vor den Augen seines Sohnes 150 Meter in die Tiefe gestürzt ist. Dem Bericht ist ein Foto des tödlich Verunglückten beigestellt. Der Sohn beschwert sich beim Deutschen Presserat. Die Veröffentlichung des Fotos, stellt er fest, verstoße gegen das Persönlichkeitsrecht seines Vaters. Die Familie hatte das Bild zur Veröffentlichung lediglich in der Todesanzeige freigegeben, nicht aber zur Illustration des Berichts über das Unglück. Die Zeitung erklärt, die Redaktion sei im Hinblick auf den hohen Verbreitungsgrad durch die Veröffentlichung des Fotos in zwei Lokalzeitungen davon ausgegangen, dass eine Veröffentlichung in ihrem Blatt dem Andenken des Toten in keiner Weise abträglich sein könne. In der Annahme, das Foto in der Todesanzeige sei im Einverständnis mit der Familie veröffentlicht worden, habe man eine Nachfrage bei den Angehörigen für nicht mehr notwendig gehalten. (1999)

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Foto eines Angeklagten

“Was passierte in den Nachhilfestunden?”, fragt eine Boulevardzeitung in der Schlagzeile ihres Berichts über eine Gerichtsverhandlung, in der einem 61jähriger Nachhilfelehrer der Vorwurf gemacht wird, er habe eine 9jährige Schülerin sexuell missbraucht. Dem Bericht ist ein Foto des Angeklagten beigestellt. Die Augenpartie des Betroffenen ist abgedeckt. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat beklagt sich der Mann über eine “manipulierte” Berichterstattung, die von dem “Opferanwalt” initiiert worden sei, um seinen Ruf gründlich und nachhaltig zu zerstören. Das Namenskürzel sei geeignet, ihn in seiner Kleinstadt sofort zu identifizieren. Er hält dies für einen unfairen Gefälligkeitsjournalismus, der sein Persönlichkeitsrecht verletze. Die Redaktion der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Der Beschwerdeführer verliere kein Wort über seine tatsächliche Verurteilung und die Berichterstattung darüber am folgenden Tag. Der Vorwurf, mit dem Rechtsvertreter des Kindes “Gefälligkeitsjournalismus” betrieben zu haben, weist die Redaktion zurück. Ausschließlich in der Redaktion werde entschieden, was und wie zu veröffentlichen sei. Außenstehende hätten darauf keinen Einfluss. Der Beschwerdeführer habe als Angeklagter keinen Anspruch, im Zusammenhang mit einem derartigen Strafvorwurf völlig anonym zu bleiben. (1999)

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Unbewiesene Tatsachenbehauptung

In Bericht und Kommentar informiert eine Regionalzeitung ihre Leser über den Verdacht, aus der Staatskanzlei des Landes könnten Informationen über die bevorstehende Durchsuchung eines vom Land geförderten Unternehmens an diese Firma weitergegeben worden sein. In diesem Zusammenhang nennt sie einen Medienmanager in der Staatskanzlei als möglichen Täter. Die Rechtsvertretung des erwähnten Beamten weist diesen Vorwurf in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat zurück. Die Zeitung habe Informationen aus einem zum Zeitpunkt des Erscheinens des Artikels unbestätigten Vermerk, der auf Aussage eines fraglichen Zeugen zustande gekommen und der Redaktion zugespielt worden sei, ungeprüft veröffentlicht. Die Zeitung habe jegliche Sorgfalt vermissen lassen, indem sie die in dem Vermerk enthaltenen Aussagen nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft habe. Weiterhin wird kritisiert, dass sowohl in der Unterzeile des Berichtes als auch in dem Kommentar das Gerücht, das Unternehmen sei aus der Staatskanzlei gewarnt worden, als Tatsache hingestellt werde. Die Chefredaktion teilt mit, dem Vermerk eines in der Sache tätigen Untersuchungsausschusses sei zweifelsfrei zu entnehmen, dass die in den Geschäftsräumen geplante Razzia verraten worden sei. Diese Feststellung werde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Der erwähnte Zeuge habe in seiner Aussage vor der Staatsanwaltschaft die Staatskanzlei und namentlich den Beschwerdeführer bzw. dessen Umfeld als Quelle genannt. Darüber habe die Zeitung berichtet, nachdem sie sich zuvor über die Echtheit des Aktenvermerks sorgfältig informiert habe. Zugegebenermaßen habe sie sehr scharf kommentiert, was bei der Brisanz des Sachverhalts jedoch notwendig gewesen sei. Die vom Beschwerdeführer geforderte Gegendarstellung habe man unverzüglich am folgenden Tag veröffentlicht. Insgesamt habe man dem Beschwerdeführer jede Möglichkeit geboten, seine Position öffentlich darzulegen. Diese Angebote seien jedoch abgelehnt worden. Des weiteren habe man in großer Aufmachung unter der Überschrift “Zeuge fiel unter Eid um” über die Vernehmung des Zeugen im Untersuchungsausschuss berichtet. (1999)

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Zitat – falsch oder richtig

Ein Wirtschaftsmagazin berichtet über die Ergebnisse der Neunten Bevölkerungsprognose des Statistischen Bundesamtes. Danach steige die Lebenserwartung der Deutschen in den nächsten 35 Jahren um vier Jahre. Die Wiesbadener Behörde vollziehe damit eine Kehrtwende. “1994”, so die Zeitschrift, “schrieb sie die derzeitige Lebenserwartung auf ewig fest: 73 Jahre bei den Männern und 78,5 Jahre bei den Frauen. Wie unrealistisch das ist, wussten die Statistiker zwar. Aber nicht offiziell.” In dem Beitrag wird dem Präsidenten des Bundesamtes das Zitat “Schluss mit der Schönfärberei” zugeschrieben. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat weist der Präsident des Bundesamtes darauf hin, dass das ihm unterstellte Zitat frei erfunden ist. Gleichzeitig teilt er mit, dass die Neunte Bevölkerungsprognose noch nicht fertiggestellt ist und daher noch keine Ergebnisse vorliegen können. Der Beschwerdeführer kritisiert zudem die Behauptung, dass seine Behörde in der Achten Bevölkerungsprognose von 1994 “die derzeitige Lebenserwartung auf ewig” festgeschrieben habe: “73 Jahre bei den Männern und 78,5 Jahre bei den Frauen”. Von einer Kehrtwende des Bundesamtes könne keine Rede sein. Die Achte Vorausberechnung der Bevölkerungsentwicklung habe die Lebenserwartung nicht auf ewig festgeschrieben. Vielmehr werde in der Prognose von einer zunehmenden Lebenserwartung ausgegangen. Der Präsident erklärt schließlich, er habe nach Kenntnisnahme des Artikels durch eine Vorabmeldung einer Nachrichtenagentur die Redaktion der Zeitschrift darüber unterrichtet, dass das darin enthaltene Zitat falsch sei. Daraufhin habe ihn der zuständige Ressortleiter angerufen und den Fehler eingeräumt. Einer Aufforderung, die Falschmeldungen aus dem Artikel zu entfernen oder unlesbar zu machen oder die Ausgabe nicht mit den Falschmeldungen erscheinen zu lassen, habe die Redaktion nicht Folge geleistet. Eine einstweilige Verfügung sei wirkungslos geblieben, da der Artikel mit dem erfundenen Zitat und der falschen Sachdarstellung inzwischen bundesweit vertrieben worden sei. Die Rechtsabteilung des Verlages hält die Wertung, das Statistische Bundesamt vollziehe “eine Kehrtwendung”, angesichts der zugrunde liegenden Fakten in jeder Weise für gerechtfertigt. Diese Aussage basiere auf dem Statement eines renommierten Wissenschaftlers im Rahmen eines Symposiums, der von einer Zunahme der mittleren Lebenserwartung von rund vier Jahren ausgegangen sei. Da es sich um einen anerkannten Experten auf dem Gebiet der Rentenversicherung handele, der über hervorragende Kontakte zum Statistischen Bundesamt verfüge, habe die Zeitschrift keinerlei Veranlassung gehabt, an seinen Worten zu zweifeln. Des weiteren sei auch die Wertung zulässig, dass das Bundesamt in der Achten Bevölkerungsprognose die derzeitige Lebenserwartung auf ewig festgeschrieben habe. Die Rechtsabteilung gesteht jedoch ein, dass die Zeitschrift falsch zitiert hat. Durch die Zitatform sei der Eindruck erweckt worden, als habe der Präsident des Amtes der Zeitschrift ein Interview gegeben. Dies sei durch ein redaktionelles Versehen geschehen. Aus Layout-Gründen sei der ursprünglich geplante Einstiegsatz geändert worden. Dabei seien die Anführungsstriche ohne Wissen des Autors und des Ressortleiters von der Schlussredaktion in letzter Minute in den Text eingesetzt worden. Als der Fehler bekannt geworden sei, habe sich der zuständige Ressortleiter sofort mit dem Beschwerdeführer und dem Bundesarbeitsministerium in Verbindung gesetzt, um den Schaden zu begrenzen. Darüber hinaus habe sich die Zeitschrift bei dem Beschwerdeführer entschuldigt und sofort die Agenturen und Tageszeitungen benachrichtigt, damit diese seine angebliche Äußerung nicht zitieren. Ferner habe die Zeitschrift in ihrer nächsten Ausgabe neben der Gegendarstellung des Beschwerdeführers eine Anmerkung veröffentlicht, in der noch einmal das Bedauern über die Panne ausgesprochen wurde. Viel mehr könne man nicht tun, um einen Patzer wieder gutzumachen. Abschließend stellt die Rechtsabteilung fest, nach bekannt werden der Panne sei die Ausgabe bereits gedruckt gewesen und habe zur Auslieferung bereit gestanden. Es könne der Zeitschrift nicht zugemutet werden, die gesamte Ausgabe einer Makulatur zuzuführen oder die verpackten Exemplare zu öffnen und an der entsprechenden Stelle zu schwärzen. (1999)

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Mutter eines mutmaßlichen Mörders

Eine Zeitschrift berichtet über die “Treibjagd” der Polizei auf einen mutmaßlichen Mörder. Sie zeigt ein älteres Foto, auf dem der Mann mit seinen Adoptiveltern abgebildet ist. Der Beitrag nennt Name und Adresse der Adoptivmutter und beschreibt deren Gesundheitszustand. Ein Journalist, Leser der Zeitschrift, beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er ist der Ansicht, dass durch die Vielzahl der persönlichen Angaben die Adoptivmutter ins Schlaglicht der Öffentlichkeit gezerrt wird. Dadurch – wie durch die Veröffentlichung des Fotos – werde das Persönlichkeitsrecht der Frau verletzt. Die Rechtsabteilung des Verlages sieht in der Berichterstattung einen Grenzfall. Das Psychogramm des Täters sei in hohem Maße Thema der öffentlichen Diskussion gewesen. Daher sei es notwendig gewesen, mehr als üblich auf seine Biographie und seinen familiären Hintergrund einzugehen. Richtig sei, dass man über die Mutter des Tatverdächtigen grundsätzlich auch in anonymisierter Form hätte berichten können. Dies wäre jedoch eine “sinnlose Förmelei” gewesen, da nur wenige Menschen in Deutschland den außergewöhnlichen Namen des Flüchtigen tragen. Es hätte also auf der Hand gelegen, dass die Mutter mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ohne Namensnennung hätte identifiziert werden können. Zu berücksichtigen sei ferner, dass die Erwähnung der Frau nicht in reißerischer Art erfolge. Im Gegenteil schildere der Artikel in überaus behutsamer Weise die mit dem Fall verbundene familiäre Situation. Es könne nicht die Rede davon sein, dass die Betroffene für die Taten ihres Sohnes verantwortlich gemacht werde. Das Foto diene lediglich dazu, den Tatverdächtigen in seinem früheren familiären Umfeld zu zeigen. An derartigen Abbildungen bestehe grundsätzlich ein legitimes öffentliches Interesse. Dass auch die Adoptivmutter des Flüchtigen abgebildet werde, stehe dem nicht entgegen. In diesem Zusammenhang sei auch von Bedeutung, dass das Foto fast 40 Jahre alt ist und die Frau heute gänzlich anders aussieht. Von Erkennbarkeit könne somit nicht die Rede sein. (1999)

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Vorverurteilung

Unter der Überschrift “... hier liegt der Mörder ihrer Männer” berichtet eine Boulevardzeitung über den Tod eines deutschen Terroristen in Wien. Ein Foto zeigt den Mann tot auf der Straße liegend. Ein Polizist hat ihn erschossen. Links am Körper des Mannes klebt ein Sensor, den die Notärzte aufgeklebt haben. Die Dachzeile des Beitrages lautet: “RAF Terror – Drei Witwen sahen es im TV”. Eine Leserin des Blattes beschwert sich beim Deutschen Presserat. Sie hält die Veröffentlichung für jugendgefährdend. Die Chefredaktion der Zeitung sieht in dem Foto ein zeitgeschichtliches Dokument. Es zeige einen jahrelang wegen der Ermordung zahlreicher Personen gesuchten Terroristen. Die Berichterstattung über den Mann hätte einen Verzicht auf das Foto nicht zugelassen. Wäre die Argumentation der Beschwerdeführerin zutreffend, wäre auch jede Berichterstattung über Grausamkeiten nicht mehr möglich. Dann würde man sich in den Bereich der Unterdrückung von Geschichte begeben. Der Begriff Mörder sei im Zusammenhang mit den Taten zu sehen, derentwegen der Terrorist verdächtigt wird, und erkläre sich auch aus seinem erneuten bewaffneten Widerstand anlässlich der Festnahme durch die Wiener Polizei. Nach dem Mann werde seit langem unter “Mord” gefahndet und bei seiner Festnahme habe er sich nicht gescheut, von der Schusswaffe Gebrauch zu machen. Richtig sei, dass es zum Zeitpunkt des Todes keine Verurteilung wegen Mordes gab. Im Hinblick darauf, dass durch den Tod des Betroffenen ein förmliches Strafverfahren allerdings nicht mehr möglich sei, sollte durch diese Bezeichnung aber klargestellt werden, um welche Terrorarten es in diesem Fall ging. (1999)

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630-Mark-Gesetz

In zwei Regionalzeitungen erscheint jeweils eine Sonderseite unter dem Titel “Schwerpunkt – Ärger um 630-Mark-Jobs” bzw. “630-Mark-Gesetz”. In einzelnen namentlich gekennzeichneten Artikeln wird am Beispiel Betroffener kritisch zu der Neuregelung der 630-Mark-Jobs durch den Bundesgesetzgeber Stellung genommen. Die Leser werden aufgefordert, der Zeitung zu schreiben, wenn sie zu den Leidtragenden gehören und ihr persönliches (Branchen-)Problem aufzeigen wollen. In den Text eingefügt ist ein Coupon eingefügt, der an den Bundeskanzler gerichtet ist und in den der Protest gegen das Gesetz eingetragen werden kann. Die IG Medien im Land reicht die Veröffentlichungen in einer Beschwerde an den Deutschen Presserat weiter. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger habe eine bundesweite Kampagne gegen die 630-Mark-Gesetzgebung beschlossen und den Mitgliedern empfohlen, sich an dieser Kampagne zu beteiligen. Adressat dieser Protestaktion sei die Redaktion, nicht der Verlag gewesen. In den vorliegenden Fällen fehle die Kennzeichnung als Anzeige. Auch sei auf den Sonderseiten nicht vermerkt, dass ihr Inhalt Teil einer Unternehmerkampagne sei. Lesern seien damit der Urheber und der Zweck der Veröffentlichung vorenthalten, sie seien damit irregeführt worden. Die Chefredaktion der ersten Zeitung führt aus, die IG Medien verwechsele Ursache und Wirkung. Ursache sei die Schwerpunktseite der Redaktion zum umstrittenen 630-Mark-Gesetz der Bundesregierung. Wirkung sei, dass diese Seite, die von der Redaktion als Leserinformation und -aktion konzipiert wurde, von anderen Redaktionen und Verlagen als so informativ und aussagekräftig empfunden wurde, dass diese um Nachdruckerlaubnis nachsuchten. Die Redaktion mache solche Schwerpunktseiten tages- oder wochenaktuell zu allen Themen von Brisanz. Im übrigen habe der Chefredakteur mit der Redaktion diese – branchenübergreifende – Darstellung der Problematik des 630-Mark-Gesetzes auch deshalb gewählt, weil die Zeitung in den Wochen zuvor entsprechende Aufrufe des BDZV zur spezifischen Problematik der Zeitungsausträger bewusst nicht veröffentlicht hätte. Redaktion und Verlagsgeschäftsführung hätten in der Meinung überein gestimmt, dass die Zeitung “nicht für Eigeninteressen unserer Branche” benutzt werden dürfe. Deshalb sei der Grundsatzartikel um Fallbeispiele aus sechs verschiedenen Berufsfeldern ergänzt worden. Der Meinungscoupon gehe auf Anregungen aus der Leserschaft zurück. Er entspreche im übrigen einer journalistischen Tradition der Zeitung, die damit die Rolle als “Anwalt unserer Leser” einnehme. Schließlich dürfe diese Schwerpunktseite nicht isoliert betrachtet werden. Sie sei ein ergänzender Hintergrund zu der ausführlichen Berichterstattung der Zeitung gewesen. Die zweite Zeitung stellt fest, die Beschwerde betreffe die Aktion insgesamt und nicht die Sonderseite einer einzelnen Zeitung. Die Redaktion habe Teile des Textes von dem befreundeten Verlag übernommen, einen Teil der Texte und Bilder jedoch auch selbst gefertigt und dabei insbesondere lokale Aspekte berücksichtigt. Darin könne sie einen Verstoß gegen den Pressekodex nicht erkennen. Im übrigen sei die Gefahr einer Wiederholung nicht gegeben. (1999)

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