Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6869 Entscheidungen
Eine Lokalzeitung beschäftigt sich mit dem Vorleben eines Mannes, der 1970 in der ehemaligen DDR wegen zahlreicher Vergewaltigungen zu zehn Jahren Haft verurteilt worden ist, zuletzt 1985 wegen Vergewaltigung wiederum vor Gericht stand, schließlich ohne Prozess in die psychiatrische Abteilung eines Klinikums eingewiesen wurde und sich jetzt erneut wegen eines Sexualdelikts verantworten muss. Unter der Überschrift “Für die Justiz galt der Vergewaltiger als unbescholtener Bürger” berichtet das Blatt, dass der Mann offenbar 14 Jahre lang straffrei gelebt hat. Da die ihn betreffenden Eintragungen im DDR-Strafregister gelöscht worden sind, konnten die Ermittler nicht darauf kommen, den Betroffenen als vorbestraften Sexualtäter ins Visier zu nehmen, nachdem in der Nähe seiner früheren Tatorte erneut eine Frau verschwunden war. Im Vorspann seines Artikels spricht der Autor von einem vorbestraften Sexualmörder. Die Rechtsvertretung des Betroffenen weist in ihrer Beschwerde beim Deutschen Presserat darauf hin, dass diese Bezeichnung falsch sei. Ihr Mandant sei bislang nicht im Sinne des Strafgesetzbuches als Mörder verurteilt worden. Die Redaktionsdirektion der Zeitung räumt in ihrer Stellungnahme ein, dass ihre Behauptung, der Mann sei ein Sexualmörder, in der Tat falsch sei. Der Sachverhalt sei noch nicht korrigiert worden, da der Redaktion erst durch das Schreiben des Rechtsanwalts sechs Wochen nach der Veröffentlichung der Fehler aufgefallen sei. Man habe allerdings sofort eine entsprechende Unterlassungsverpflichtung unterzeichnet. Die Zeitung sei auch heute noch bereit, eine Richtigstellung vorzunehmen. Man bezweifele aber, dass dem Betroffenen – angesichts der Schwere der gegen ihn erhobenen Vorwürfe – daran gelegen sein könne. (1999)
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Eine Tageszeitung kritisiert die Art und Weise, wie eine Zeitschrift über den Tod zweier Mitarbeiter im Kosovo berichtet. Der Chefredakteur, heißt es, könne schlecht zugeben, dass die beiden Toten ihrem Blatt kaum besser hätten dienen können als mit ihrem Tod. Also lege der Chefredakteur Trauerflor an, schwärze sich die Zunge und schreibe auf Halbmast. “Wie hoch kann der Preis sein für einen Journalismus, der sich nicht mit der Ungerechtigkeit, mit dem Leid der Welt abfindet?”, frage er seine Leser, anstatt sich beim Anzeigenleiter zu erkundigen. Schließlich gesteht der Autor, dass man den toten Fotografen in Schutz nehmen möchte gegen den Kitsch, der ihm hinterhergeschrieben werde. Eine Kollegin der Zeitschriftenredaktion findet den Text widerlich und geschmacklos. Sie legt ihn dem Deutschen Presserat zur Prüfung vor. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt in ihrer Stellungnahme, dass der Beitrag auf einer Satireseite erschienen sei, auf der das Alltagsgeschehen in Frage gestellt werde, in diesem Fall durch eine rigoros moralische Auseinandersetzung mit den Funktionsweisen der journalistischen Branche. Gleichzeitig verweist sie auf einen Kommentar unter der Überschrift “Geschmacklos”, der verdeutliche, wie die Zeitung über die Ermordung der Kollegen im Nachrichtenteil und auf ihrer Seite 1 berichtet habe, bevor die Titelgeschichte der Zeitschrift erschienen sei. Die Chefredaktion äußert schließlich die Befürchtung, dass in einer Zeit, in der alles verkauft werden müsse, auch der Tod von Journalisten zum Produkt werden könnte. In diesem Sinne habe der kritisierte Beitrag sogar Anteilnahme für und Respekt vor den toten Kollegen eingeklagt. (1999)
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht am Fuß einer ihrer Lokalseiten die Anzeige eines Fachgeschäfts für Herrenkleidung. In der siebten Spalte darüber befindet sich ein einspaltiger – auf den ersten Blick – redaktioneller Beitrag über den Umbau des selben Unternehmens mit einem Hinweis auf die Hochwertigkeit des Angebots. Der Text schließt mit der Feststellung, dass sich ein Besuch jetzt ganz besonders lohne. Anzeige und Text sind durch einen Pfeil miteinander verbunden. Ein Leser des Blattes reicht beim Deutschen Presserat Beschwerde ein. Er sieht durch diese Werbeform den Trennungsgrundsatz verletzt. Auch die Chefredaktion der Zeitung ist der Ansicht, dass hier redaktioneller und werblicher Inhalt miteinander vermischt sind. Der Anzeigentext hätte mit dem Wort “Anzeige” gekennzeichnet werden müssen. Man werde sich deshalb mit dem Leser direkt in Verbindung setzen, um sich für diese Fehlleistung zu entschuldigen. (1999)
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Eine Regionalzeitung berichtet, dass eine Taxifahrerin überfallen und vergewaltigt worden ist. Der Mann soll ca. 30 Jahre alt und 1,80 m groß sein. Es handele sich nach der Zeugenbeschreibung, so die Zeitungsmeldung, vermutlich um einen Perser mit einem sehr gepflegten Erscheinungsbild. Eine Woche später schreibt die Zeitung, dass die Polizei den Taxi-Täter ergriffen habe. Bei dem Tatverdächtigen handele es sich um einen 23jährigen Jurastudenten aramäischer Herkunft und mit deutscher Staatsangehörigkeit. Ein Leser sieht in dem Hinweis auf die aramäische Herkunft des Mannes eine Diskriminierung des Betroffenen und wendet sich an den Deutschen Presserat. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, man habe sich bei der Veröffentlichung auf die Angaben der Polizei verlassen, die offensichtlich aus guten Gründen die Herkunft des Tatverdächtigen gemeldet habe. In der ersten Information sei von einem Perser die Rede gewesen, in der zweiten von einem Deutschen aramäischer Herkunft. Damit habe die Polizei die ethnische Zuordnung in der ersten Suchaussage offenbar richtig stellen wollen. (1999)
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Im Leitartikel einer Regionalzeitung stellt der Autor die Frage: “Was eigentlich berechtigt Serben und Kosovo-Albaner, Russen, Tschetschenen, Chinesen, Vietnamesen, Afrikaner, Türken oder Kurden dazu, ihre mafiös-verbrecherische oder gar kriegerische Gewalt vorzugsweise sogar auch noch in das demokratisch-friedliche Deutschland hineinzutragen?” Ein Leser des Blattes beschwert sich beim Deutschen Presserat. Er sieht in der Frage des Leitartiklers eine Diskriminierung der genannten Völker, da er diesen pauschalisierend Kriminalität vorwirft. Gleichzeitig sieht er in der Textpassage eine Volksverhetzung. Die Chefredaktion der Zeitung betont, dass man in der entsprechenden Passage eine klare Eingrenzung auf mafiös-verbrecherische Gewalt vorgenommen habe. Seriös und wohl bedacht spreche der Autor des Leitartikels eben gerade nicht von den Russen, den Chinesen oder den Tschetschenen. (1999)
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Die Titelseite der Zeitschrift einer politischen Bewegung enthält folgende Aussage zu einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das sich mit dem Erlöschen der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung mit Vollendung des 68. Lebensjahres beschäftigt: “Schandurteil des Bundesverfassungsgerichts: .... bei allen Personen nach Ablauf des 68. Lebensjahres (liegt) eine derartige Reduzierung der geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit vor, dass eine weitere Tätigkeit dieser Personen wegen der damit verbundenen Gefahren für die Allgemeinheit nicht hingenommen werden kann...”. Eine Leserin der Zeitschrift schreibt an den Deutschen Presserat und teilt diesem mit, dass die auf der Titelseite zitierte Passage in dem betreffenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht enthalten sei. Die Rechtsvertretung der Herausgeber erklärt den Vorwurf für haltlos. Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts könnten genau die Tatbestände interpretiert werden, die auf der Titelseite der Zeitschrift dargestellt werden. Man habe aufgrund des Urteils zwischenzeitlich Klage beim Europäischen Gerichtshof eingelegt, da es in der Tendenz skandalös sei. Die Redakteurin der Zeitschrift teilt dem Presserat mit, ihr sei als nicht hauptberuflich tätige Journalistin nicht bewusst gewesen, dass jemand annehmen könne, die Passage auf der Titelseite sei der Originaltext des Urteils. Die Zeitschrift enthalte mehrere Veröffentlichungen über eventuelle Auswirkungen des Urteils. Auch in den Ausgaben zuvor sei darüber berichtet worden. Mit ihrer Darstellung habe sie die Aussage des Urteils zuspitzen wollen, auch im Hinblick auf einen erschütternden Tatsachenbericht im Innern des Blattes. (1999)
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Eine Regionalzeitung kommentiert die Kandidatur einer Psychologin bei den Wahlen zum Kreistag. Dass die Frau überhaupt auf die Liste einer Partei kam, schreibt der Autor, sei zweifellos eine echte Panne. Vielen Menschen in der Stadt sei nicht verborgen, dass die Betroffene entgegen ihren Beteuerungen offenbar an einer seelischen Krankheit leide. Der Verfasser des Kommentars begründet diese Einschätzung und schreibt, dass die Frau an Wahnvorstellungen leide und zum großen Teil in einer irrealen Welt lebe. Dies habe ein Amtsgericht festgestellt. Zitiert wird aus einem Gutachten, das besagt, dass die Frau an einer paranoiden Psychose leide. Die Betroffene ruft den Deutschen Presserat an. Sie kritisiert die Nennung ihres Namens und eine Schädigung ihres Ansehens. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt dazu, die Probleme der Kandidatin seien der Zeitung bereits seit Jahren bekannt, aber bisher kein Thema gewesen. Da sich die Frau um ein öffentliches Amt bewerbe, sei sie aus dem Schatten der reinen Privatperson herausgetreten. Über die Diskussion innerhalb der betroffenen Partei, ob die Frau für ein öffentliches Amt kandidieren solle, habe man berichten müssen. Dabei sei es sinnvoll gewesen, nicht um den heißen Brei herumzureden, obwohl man wisse, dass gerade bei einer solchen Krankheit der Persönlichkeitsschutz sehr hoch anzusiedeln sei. Die Zeitung habe jedoch dem Leser verdeutlichen müssen, warum innerhalb der Partei eine Diskussion um die Person der Frau geführt werde. Bei der Berichterstattung habe man sich auf die Kopie einer Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft und eines Urteils des Amtsgerichts bezogen. Darin sei von einer paranoiden Psychose und von Wahnvorstellungen die Rede. (1999)
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Ein Finanzberater, der mehrere Fonds betreut, beschwert sich beim Deutschen Presserat darüber, dass er in einem Branchen-Informationsdienst laufend persönlich angegriffen und diffamiert werde. So heißt es in einer Ausgabe, der Mann gehöre in Ketten gelegt. Sein Name wird mit einer Schweinerei in Verbindung gebracht, die, wenn nicht schon strafrechtlich relevant, zumindest zivilrechtlich zu ahnden sei. In einer anderen Ausgabe wird die Frage gestellt, aus welchem Topf seiner Fonds er prospektgemäß 7 Prozent Ausschüttung schöpfen wolle, wenn nicht aus der Substanz. Wörtlich wird anschließend gefragt: “Ob er sich im Karneval Mut antrinken muss, um diese Frage wahrheitsgemäß zu beantworten?” Der Rechtsvertreter des Informationsdienstes ist der Ansicht, es sei keine Missachtung des Beschwerdeführers, wenn die Zeitschrift spekuliere, ob der Betroffene sich im Karneval Mut antrinken müsse, um eine Frage des Informationsdienstes wahrheitsgemäß zu beantworten. Der Beschwerdeführer werde lediglich etwas “gekitzelt”, weil er vor der Beantwortung einer ihm nicht angenehmen Frage kneife. Damit sei er jedoch nicht als Alkoholiker dargestellt worden. Der Begriff “Schweinerei” sei zwar hart, aber er sei aus dem Zusammenhang gerissen. Schließlich herrsche in der Branche der Kapitalanleger ein besonders derber Ton. Die Mitglieder dieser Branche seien solche Töne in ihren Informationsbriefen aber gewöhnt. (1998/99)
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In einem Kommentar übt eine in Deutschland erscheinende türkische Zeitung Kritik an der ihrer Meinung nach zu freundlichen Haltung des italienischen Ministerpräsidenten D’Alema gegenüber der PKK. Der Beitrag verwendet ein Wortspiel mit D’Alema als Überschrift: “Hakikaten Dallama”, zu deutsch “Ein wahrer Dallama”, d.h. ein schlechter, nutzloser Mann. Ein Leser der Zeitung reicht Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Nach seiner Ansicht enthält der Kommentar primitive Denkmuster mit Feind-Freund-Bild, und er glaubt, dass er die in Deutschland lebenden Türken aufwiegelt. Der latente Hass, der in den türkischen Lesern erzeugt und verstärkt werde, gefährde das friedliche Zusammenleben in Deutschland ebenso wie in der Türkei. Der Rechtsvertreter der Zeitung hält die Beschwerde für unbegründet. Es sei das Recht der Zeitung, kritische Artikel zu veröffentlichen. Die Bewertung der strittigen Kolumne müsse vor dem Hintergrund des Umstandes gesehen werden, dass es sich bei der PKK um eine terroristische Vereinigung handele und ihrem Führer Öcalan zigtausend Morde angelastet werden. In diesem Zusammenhang sei es verständlich und zulässig, wenn diejenigen mit schärfster, auch verbitterter und polemischer Kritik bedacht werden, die gleichwohl eine freundliche Haltung gegenüber der PKK einnehmen. (1999)
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