Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6869 Entscheidungen
Unter der Überschrift “Kurorte unter der Lupe” informiert eine Regionalzeitung ihre Leser über das Ergebnis eines Gastronomietests. Ohne Namensnennung wird u.a. über ein Motel-artiges Kurhotel berichtet, hinter dessen mausgrauen Türen das Test-Team in Kunststoff-furnierten Jugendzimmer-Betten für 127,50 Mark genächtigt habe. In den Test-Notizen ist u.a. vom “Jugendherbergs-Ambiente zum Nobelpreis” die Rede. “Das war die teuerste Jugendherberge meines Lebens”, wird der Cheftester zitiert. Der Professor für Tourismusbetriebswirtschaft fügt jedoch einschränkend an: “Das ist eigentlich schon eine Beleidigung für Jugendherbergen.” Weiter heißt es: “Die Küche setzte beim Abendmenü noch eins drauf. Für neun Mark gab es gebackenen Camembert – zwei Stückchen, jedes so groß wie ein Tomatenviertel. ‘Unsere Gäste sind normalerweise auf Diät’, entschuldigte sich der Ober.” Der Testbericht ist illustriert mit einem Foto, das einen Teil der Hotelanlage zeigt. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat rügt der Betreiber des Hotels falsche Angaben. So gebe es in seinem Haus keine “Kunststoff-furnierten Jugendzimmer-Betten”. Ferner sei der Preis niedriger gewesen als angegeben. Im Übernachtungspreis sei zudem auch der Besuch einer umfangreich ausgestatteten Thermalanlage enthalten. Die Mindestausstattung aller Zimmer weise u.a. Dusche und WC, Balkon mit Tisch und Stühlen, Radio, Farb-TV und Selbstwahltelefon auf. Das Foto zeige die Lieferantenzufahrt, die für den Publikumsverkehr gesperrt sei. Das Zitat des Obers sei in einen völlig falschen Zusammenhang gestellt worden. Der Tester habe den Ober nämlich gefragt, was die Gäste im Hotel alles machen würden. Daraufhin habe dieser u.a. geantwortet, dass viele Gäste auf Diät seien. Der Zeitung gehe es offenbar nicht um eine wahrheitsgetreue Berichterstattung, sondern um eine Diskreditierung des Hotels in spöttischer und beleidigender Polemik. Die Redaktion der Zeitung macht geltend, dass sie den Namen des Hotels nicht erwähnt hat. Dem Besitzer sei mehrfach die Möglichkeit eingeräumt worden, im Rahmen der redaktionellen Berichterstattung zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Der Hotelier habe sich aber statt der journalistischen Aufbereitung des Themas einen Werbeartikel für sein Haus vorgestellt. Das fragliche Hotel sei zweimal zu Testzwecken aufgesucht worden. Das Urteil der Beteiligten über Ausstattung, Service und Preise des Hauses sei übereinstimmend vernichtend gewesen. Das gesamte Ambiente habe von der Zugangsseite aus einen äußerst ungepflegten Eindruck gemacht. Das Foto zeige den Weg, den der Tester vom Parkplatz zu seinem Zimmer genutzt habe. (1997)
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Unter der Überschrift “Check up” übt eine Zeitschrift “Provider-Kritik”, die aber durchaus positiv ausfällt, indem die internetbezogenen Dienstleistungen eines namentlich genannten Unternehmens hervorgehoben werden. Die Redaktion bietet sich an, dem Leser zu einem preisgünstigen Internet-Zugang zu verhelfen. Zum Schluss des Textes wird auf einen angefügten Coupon verwiesen, der dem Einsender eine CD-Rom des Providers mit einem Homebanking-Programm und einem neuen e-Mail-Modul sowie die beiden besten Browser zweier namentlich genannter Software-Hersteller verschafft. Weder Text noch Coupon sind als Anzeige gekennzeichnet. Die Deutsche Jugendpresse sieht in der Veröffentlichung einen klaren Verstoß gegen das Gebot der Trennung von redaktioneller Veröffentlichung und Werbung. Sie beschwert sich beim Deutschen Presserat. Herausgeber und Chefredakteur der Zeitschrift räumen in ihrer Stellungnahme einen Fehler ein. Man habe nicht die Absicht gehabt, die Werbeanzeige des Providers als redaktionellen Beitrag wirken zu lassen. Die Kennzeichnung “Anzeige” sei versehentlich entfallen. Die Redaktion verspricht eine Verbesserung ihrer Endkontrolle. (1997)
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Ein 46-jähriger Mann steht wegen sexuellen Missbrauchs eines fünfjährigen Jungen vor Gericht. Die Zeitung am Ort berichtet darüber, schildert die Umstände der Tat. Sie erwähnt, dass die Mutter zur Zeit der Tat einen Verkaufsstand auf einem Flohmarkt hatte. Sie nennt das Alter der Mutter, die Zahl ihrer Kinder und ihren Wohnort. Die Rechtsvertretung der Frau macht in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat geltend, dass durch die Vielzahl der detaillierten Angaben Mandantin und Sohn identifizierbar werden. Dies sei eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Die Chefredaktion des Blattes erklärt, man habe im Sinne einer umfassenden und klaren Berichterstattung den Ort des Missbrauchs nennen müssen. Ob es notwendig war, auch den Wohnort der Betroffenen zu nennen, könne man aus heutiger Sicht verneinen. Da aber der Wohnort außerhalb des Verbreitungsgebiets der Zeitung liege, müsse man bezweifeln, dass der Familie durch die Ortsnennung ein Schaden entstanden sei. (1997)
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Zwei Wohnungsgesellschaften sollen zusammengeführt werden. Vier Aktionäre erheben Anfechtungsklage mit dem Vorwurf, vor allem die Kleinaktionäre würden durch die entsprechenden Beschlüsse finanziell erheblich geschädigt. So berichtet die Zeitung am Ort. Sie erwähnt, dass Versuche der Kläger, ihre Anteile im Rahmen eines Vergleichs über dem auf der Hauptversammlung festgelegten Wert an die Gesellschaft zu verkaufen, gescheitert seien. Einer der vier Aktionäre hält die letztere Behauptung für falsch. Er habe seine Anteile zu keiner Zeit zum Kauf angeboten, trägt er dem Deutschen Presserat in einer Beschwerde vor. Der Autor des Beitrags weist in einer persönlichen Stellungnahme darauf hin, dass die vom Beschwerdeführer kritisierte Passage seines Textes auf Informationen beruhe, die er von einem Mitarbeiter der Wohnungsgesellschaft erhalten habe. Diesen Informanten kenne er seit Jahren und er habe keine Zweifel an dessen Integrität. Bisher hätten sich alle Informationen aus dieser Quelle als völlig korrekt erwiesen. (1997)
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“Terroristen-Sohn will in Bundestag” lautet die Schlagzeile eines Boulevardblattes. Die Zeitung schildert ausführlich den Lebensweg des Mannes und seine politischen Ziele. Der Sohn einer RAF-Terroristin bewirbt sich um ein Grünen-Mandat und wird mit dem Slogan zitiert: “Reformen statt Revolution”. Einen Leser des Blattes erinnert dieser Beitrag an die Praxis der “Sippenhaft” während der nationalsozialistischen Terrorherrschaft. Er legt ihn dem Deutschen Presserat zur Begutachtung vor. Die Rechtsabteilung des Verlags teilt mit, dass der Betroffene dem Wortlaut des Artikels und insbesondere der Wahl der Überschrift ausdrücklich zugestimmt habe, ja dass er an der Formulierung der Schlagzeile aktiv beteiligt gewesen sei. Die mit ihm abgestimmte Überschrift sei im Gesamtkontext mit dem Inhalt des Artikels zu sehen. Dieser beschäftige sich in positiver Weise mit der Person des Betroffenen und seiner Kandidatur. Bereits der zweite Satz des Textes laute: “Zwanzig Jahre später setzt der Sohn auf Reformen statt Revolution”. Dem Sohn würden gerade nicht die Taten seiner Mutter zugerechnet, wie dies bei “Sippenhaft” der Fall wäre. Statt dessen werde betont, dass er als Organ des Staates, nämlich als Bundestagsabgeordneter, also in grundsätzlicher Anerkennung des Staates, an der politischen Reform arbeiten wolle. Der Vorwurf der “Sippenhaft” sei damit nicht berechtigt. Ein Telefongespräch des Presserats mit dem Betroffenen ergibt, dass er nicht an dem Zustandekommen der Überschrift beteiligt war und diese vor der Veröffentlichung des Artikels auch nicht kannte. Nach seiner Aussage wurden lediglich die in dem Text enthaltenen Zitate mit ihm abgestimmt. Nach seiner Meinung sollte man jedoch die Angelegenheit auf sich beruhen lassen. (1997)
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Eine Regionalzeitung berichtet, dass der Sohn eines ehemaligen Fußballprofis, der seinen Bruder angeschossen haben soll, weiterhin in Haft ist. Sie teilt ihren Lesern mit, dass sie bei der Erstberichterstattung die Namen der Beteiligten nicht genannt habe, weil sie in einer für die Familie tragischen Situation die Wahrung des Persönlichkeitsschutzes höher eingestuft habe als das Interesse der Öffentlichkeit an der Nennung des Namens. Die Zeitung gibt diese Zurückhaltung auf, weil andere Medien die Namen inzwischen bundesweit verbreiten. Ein Leser des Blattes beanstandet in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die Veröffentlichung des Namens. Schließlich habe der Vater mit der Tat selbst nichts zu tun. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, warum sie ihren Verzicht auf die Namensnennung aufgegeben habe. Zahlreiche Leser hätten sich unter Verweis auf andere Medien beschwert, dass die Zeitung “mal wieder nichts wisse”. Diese Leser hätten nicht erkannt, dass die anonymisierte Berichterstattung den ihnen aus anderen Medien bekannten Fall betraf. Die Redaktionskonferenz habe angesichts dieser Situation beschlossen, die Namen zu nennen. Diese Entscheidung habe sich jedoch ausschließlich auf den Text und nicht auf die Überschrift bezogen. Diese sei erst später hinzugefügt worden, Anlass für einen Hinweis an die Redaktion, dass in vergleichbaren Fällen auf die Verwendung von Namen in Überschriften verzichtet werden soll. (1998)
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Unter der Überschrift “Neue Indizien” berichtet ein Nachrichtenmagazin im Dezember 1997, dass der Immunitätsausschuss des Bundestags den PDS-Gruppenchef Gregor Gysi mit einer neuen Indizienkette zum Vorwurf einer inoffiziellen Mitarbeit für die Stasi konfrontieren will. Im Inhaltsverzeichnis wird der Beitrag mit “Gauck: Neues Gutachten über Gysi” angekündigt. Der Pressesprecher der PDS legt daraufhin Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Er erklärt, dass es weder ein neues Gutachten noch neue Indizien gebe, da keine neuen Unterlagen der Gauck-Behörde vorlägen. Die Inhaltsangabe und die Überschrift des Beitrags seien eine glatte Lüge. Des weiteren gebe es auch keinen Bericht – nicht einmal einen Berichtsentwurf – des Ausschusses und mithin auch keine Aussage des Ausschusses hinsichtlich einer Bewertung der Unterlagen. Das einzige, das existiere, sei ein Teilentwurf eines SPD-Abgeordneten, den dieser selbst in einem Anschreiben als “ersten Textentwurf” bezeichne. Somit sei die Auffassung eines einzelnen Abgeordneten als Auffassung des Ausschusses bzw. des Bundestages dargestellt worden. Bei allen Entwürfen oder Teilentwürfen für einen Bericht, die dem Immunitätsausschuss vorlägen, handele es sich um Entwürfe einzelner Abgeordneter, von denen keiner bis heute Gegenstand von Beratungen, geschweige denn einer Meinungsbildung im Ausschuss gewesen sei. Die Rechtsabteilung des Magazins hält die Beschwerde für obsolet, da der Bundestagsausschuss im Prüfungsverfahren eine inoffizielle Tätigkeit von Gysi für das DDR-Ministerium für Staatssicherheit inzwischen als erwiesen festgestellt habe. Darüber habe die Zeitschrift im März 1998 berichtet, ohne dass Gysi dagegen rechtliche Schritte angekündigt oder eingeleitet hätte. Der jetzt vorliegende offizielle Bericht des Immunitätsausschusses sei nahezu wörtlich identisch mit dem im Dezember vorliegenden Entwurf, der in dem angegriffenen Artikel des Magazins behandelt worden sei. Lediglich die Ankündigung im Inhaltsverzeichnis sei nicht völlig zutreffend. Dies liege aber zum einen daran, dass im Inhaltsverzeichnis notwendigerweise verkürzt werden müsse, zum anderen daran, dass die Schlussredaktion der Zeitschrift und nicht der einzelne Autor des jeweiligen Artikels das Inhaltsverzeichnis formuliert. Nicht unzutreffend sei auch die Darstellung, dass der Entwurf des Berichts des zuständigen Ausschusses vorliege. Da der erwähnte SPD-Abgeordnete genau für diesen Textbereich zuständig sei, der Ausschuss diesen Textbaustein dann auch in seinem vorläufigen Entwurf und schließlich auch in seinen endgültigen Bericht wörtlich übernommen habe, werde Gysi hierdurch in keiner Weise in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt. Auch ein Rufmord liege nicht vor. (1997)
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