Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6869 Entscheidungen

Ausschussberichte des Bundestags

In fünf Beiträgen informiert eine Tageszeitung im Dezember 1997 über einen Berichtsentwurf des Parlamentsausschusses zur MfS-Verstrickung von Gregor Gysi und die Reaktion der PDS, welche die Existenz eines solchen Entwurfs abstreitet. Der Pressesprecher der PDS erklärt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat, dass es in den Beiträgen von falschen, halbwahren und unvollständigen Darstellungen nur so wimmele. Insbesondere sei durchgängig von einem “Berichtsentwurf des Parlamentsausschusses” bzw. gar von einem “Berichtsentwurf des Bundestages” die Rede, der “kommende Woche vom Bundestagsausschuss beraten und im Januar offiziell vorgestellt werden (soll)”, und in dem die Vorwürfe als “erwiesen” beurteilt würden, wobei der Autor wisse, dass der Immunitätsausschuss zu diesem von ihm dargestellten Ergebnis kommen “will”. Ein solcher Berichtsentwurf existiere jedoch nicht, es gebe lediglich einen Teilentwurf eines SPD-Abgeordneten. Aus diesem “ersten Textentwurf” zitiere die Zeitung. Dabei stelle sie die Auffassung eines einzelnen Abgeordneten fälschlicherweise als Auffassung des Ausschusses oder gar des Bundestags dar. Der Beschwerdeführer kritisiert zudem, dass die Zeitung unter der Überschrift “PDS tritt Stasivorwürfen gegen Gysi entgegen” zwar auf eine seitens der PDS herausgegebene Richtigstellung eingeht, jedoch gleichzeitig die Lüge vom “Berichtsentwurf des Geschäftsordnungsausschusses” wieder aufstellt. Die Chefredaktion des Blattes räumt ein, dass ihre Überschrift “Bundestags-Gremium sieht Gysi als Stasi-IM überführt” eine verkürzte Zusammenfassung des Ergebnisses des “Berichtsentwurfs” darstellt. In der Unterzeile werde jedoch ausdrücklich klargestellt, dass es sich um einen “Berichtsentwurf” handele. Auch in der Folgeberichterstattung sei durchgängig von einem “Berichtsentwurf” die Rede. Bei der Beurteilung der Beschwerde seien die Verfahrensabläufe des betreffenden Ausschusses zu berücksichtigen. Entsprechend der Arbeitsorganisation teilen sich die Berichterstatter die umfangreiche Materie in verschiedene Bereiche auf mit dem Ziel, dass jeder Parlamentarier einen Berichtsentwurf für den Ausschuss zu “seiner” Materie erstellt und diesen den anderen Berichterstattern zuleitet. Der vorliegende Entwurf werde beraten, die jeweils von den einzelnen Mitgliedern zu verantwortenden Teile des Berichtsentwurfs würden dann zu einem sozusagen abschließenden Bericht zusammengefügt. Bei den von den Berichterstattern erstellten Entwürfen handele es sich also um Entwürfe des Ausschusses insgesamt. Bereits Tage vor der Berichterstattung in der Zeitung hätte der in dem Artikel ausgiebig zitierte Berichtsentwurf sämtlichen Parteien im Bundestag vorgelegen. Aus diesem Entwurf sei klipp und klar herauszulesen, dass nach Auffassung des Ausschusses Gregor Gysi inoffizieller Mitarbeiter des MfS war. (1997)

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Unfallopfer

Verschwiegenheitspflicht eines Aufsichtsratsmitgliedes

Unter der Überschrift “Rechnungsprüfungsamt befand: Grünen-Vorwürfe sind nicht haltbar” berichtet eine Regionalzeitung über Vorwürfe eines Grünen-Politikers, welcher der gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft der Stadt in einem Interview des Lokalsenders “Filz- und Vetternwirtschaft” unterstellt hat. In dem Bericht heißt es, das Rechnungsprüfungsamt habe festgestellt, der Kommunalpolitiker habe als Mitglied des Aufsichtsrates der Gesellschaft die Verschwiegenheitspflicht verletzt und sich damit strafbar gemacht. Diese Behauptung findet sich auch in einem beigestellten Kommentar: “Der Bericht des Rechnungsprüfungsamtes gibt Klarheit: ... (Name des Betroffenen) hat ausgeplaudert, was nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war”. Der Grünen-Politiker führt in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat an, dass eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht eine strafbare Handlung sei. Ein solcher Straftatbestand werde in einem Rechtsstaat von einem ordentlichen Gericht festgestellt und nicht durch ein Gutachten eines durch eine Partei beauftragten Wirtschaftsprüfungsbüros. Für jeden Beschuldigten gelte bis zur gerichtlichen Verurteilung die sogen. Unschuldsvermutung. Durch die von der Zeitung gewählten Formulierungen entstehe jedoch eine nicht hinnehmbare öffentliche Vorverurteilung. Der Beschwerdeführer kritisiert schließlich, dass der Autor ihn nicht zu einer Stellungnahme aufgefordert hat. Die Chefredaktion weist darauf hin, dass sich der Autor der Beiträge in seiner Berichterstattung und Kommentierung stets auf die Aussagen der Bezirksvorsteherin bezieht, die wie folgt zitiert wird: “Dieser Straftatbestand ist nachgewiesen worden”. Auch im Kommentar habe sich der Autor den Vorwurf nicht zu eigen gemacht, sondern durch die Formulierung “Und noch eines ist festgestellt worden” auf eine Quelle verwiesen, die im darüberstehenden Bericht klar erkennbar sei. Zu dem Vorwurf des Beschwerdeführers, dass er nicht um eine Stellungnahme gebeten worden sei, erklärt die Chefredaktion, beide Beiträge seien das Resultat einer offiziellen Pressekonferenz der Bezirksvertretung. Es entspreche der üblichen Praxis, über Inhalte von Pressekonferenzen aktuell zu berichten, ohne dabei die von der Berichterstattung Betroffenen zu unterrichten und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Dieses Angebot habe der Autor dem Betroffenen tags darauf gemacht, als dieser in der Lokalredaktion anrief. Jener habe darauf hin dem Autor zugesagt, sich nach dem Weihnachtsurlaub zu melden. Die Bezirksvorsteherin teilt dem Presserat auf Anfrage mit, dass sie den gesamten Prüfungsbericht nicht zur Verfügung stellen könne, da die Gesellschaft gemeinnützig sei und der Aufsichtsrat nichtöffentlich tage. Sie gibt dem Presserat aber zwei Pressemitteilungen zur Kenntnis. In der ersten wird mitgeteilt, die mit der Sonderprüfung beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft habe festgestellt, dass das Aufsichtsratsmitglied ... (folgt der Name) durch seine Äußerungen zu der fraglichen Grundstücksangelegenheit in einer vom Lokalradio ausgestrahlten Sendung aus internen Angelegenheiten der Gesellschaft, die der Verschwiegenheitspflicht unterliegen, öffentlich berichtet hat. In der zweiten Pressemitteilung wird kundgetan, dass eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht strafbar ist und das Aufsichtsratsmitglied zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet ist. (1997)

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Karikatur von Flüchtlingen

Eine Tageszeitung veröffentlicht eine Karikatur, die einen mit Menschen vollgestopften Dampfer zeigt. Alle singen lauthals “Deutschland, Deutschland über alles...”. Die Unterzeile der Karikatur lautet: “Neue kurdische National-Hymne”. Ein Lehrer schreibt an den Deutschen Presserat. Die Karikatur schüre fremdenfeindliche Vorurteile gegen hilflose Menschen. Zudem spreche die verbotene erste Strophe des Deutschlandliedes Neonazis an. Die Chefredaktion der Zeitung spricht in ihrer Stellungnahme von einer in satirische Form gegossenen Meinungsäußerung, die durch das Stilmittel der Übertreibung und Verfremdung Missstände aus der Sicht des Äußernden aufzeigen wolle. Die Karikatur beinhalte weder eine Schmähung noch eine Formalbeleidigung. (1998)

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Fotos eines küssenden Sportlers

Eine Sportzeitschrift zeigt Fotos eines Basketballstars in Kussszenen mit seiner halbnackten Freundin. Ein Vater von zwei Söhnen im Alter von acht und elf Jahren ruft den Deutschen Presserat an. Nach seiner Ansicht verstößt die Veröffentlichung der Bilder gegen den Schutz der Jugend. Die Chefredaktion der Zeitschrift erklärt, ihre Zeitschrift wende sich an eine Leserschaft, die älter als 14 Jahre sei. Sie räumt ein, dass der strittige Beitrag etwas aus dem Rahmen falle. Den vom Beschwerdeführer vermeintlich entdeckten verrohenden Ansatz könne man in dem Beitrag jedoch nicht sehen. Der Sportler werde vielmehr mit den Worten zitiert, dass er nunmehr treu ist: “Sie hat mich gezähmt”. Es werde sogar von Hochzeit gemunkelt. (1998)

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Polizisten ignorieren einen Stau

Übersetzung eines Zitats

Eine Tageszeitung veröffentlicht eine Meldung über die türkische Reaktion auf die Entscheidung des deutschen Generalbundesanwalts, die PKK nicht länger als terroristische Vereinigung einzustufen. Der türkische Ministerpräsident Bulent Ecevit wird darin wie folgt zitiert: “Tötet weiter, nur nicht auf deutschem Boden”. Ein Mitarbeiter einer Tageszeitung in Istanbul trägt dem Deutschen Presserat vor, das Zitat des Ministerpräsidenten sei falsch übersetzt worden. Die genaue Übersetzung laute nicht “Tötet weiter, nur nicht auf deutschem Boden”, sondern “Die Schlange, die mich nicht beißt, soll tausend Jahre leben”. Nach Erkenntnissen des Beschwerdeführers beruht das Zitat auf einer Agenturmeldung. Der Berichterstatter dieser Agentur in Ankara habe ihm auf seine telefonische Frage, warum er das Zitat von Ecevit so übersetzt habe, folgendes gesagt: “Das ist ein Sprichwort, daher habe ich es frei übersetzt.” Die Chefredaktion des deutschen Dienstes der Agentur teilt mit, dass das Zitat “Tötet weiter, nur nicht auf deutschem Boden” sich in etwas ausführlicherer Form im englischen Text finde: “Do what ever you want in Turkey, kill women and children, but don’t carry out any attacks on our soil”. Auch das vom Beschwerdeführer erwähnte Zitat “Die Schlange, die mich nicht beißt, soll tausend Jahre leben” sei in der Nachricht ihres internationalen Dienstes enthalten: “They do not mind if the snake lives to be 1000 years old as long as it does not bite them”. Dieses Zitat sei vom deutschen Dienst allerdings nicht aufgegriffen worden, so dass es auch nicht falsch übersetzt werden konnte. (1998)

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Medienkritik

Fotos vom Straßenbahn-Surfen

Eine Lokalzeitung kritisiert das “Straßenbahn-Surfen”. Dies sei ein gefährlicher Zeitvertreib der Kinder in der Stadt. Dem Artikel beigestellt ist ein Foto, das zwei Kinder zeigt, die auf der Anhängerkupplung einer fahrenden Straßenbahn stehen. Der Leitende Oberstaatsanwalt der Stadt teilt dem Deutschen Presserat in einer Beschwerde mit, dass Polizeibeamte bei einem Fotografen zur Beweissicherung einen Film sichergestellt haben, der zwei 13 Jahre alte Jungen zeigt, die sich auf der Anhängerkupplung einer fahrenden Straßenbahn befinden. Grund dafür sei der Verdacht, der Fotograf habe strafunmündigen Kindern 100 D-Mark dafür bezahlt hat, dass sie die Szene zum Fotografieren gestellt hätten. Die Chefredaktion der Zeitung erklärt, der besagte Fotograf sei gelegentlich als freier Mitarbeiter für sie tätig. Er habe den strittigen Beitrag in der Redaktion mit dem Hinweis abgeliefert, die schlechte Qualität der Fotos resultiere daraus, dass er sich versteckt gehalten habe und nicht dicht genug an die Jugendlichen herangekommen sei. Nach den Erkenntnissen der Zeitung habe der Mann die Kinder nicht animiert, auf die Anhängerkupplung der Straßenbahn zu steigen. Er habe versichert, dass beim Zustandekommen der Fotos kein Geld geflossen sei, wie es vom Beschwerdeführer behauptet werde. Zwei Tage nach dem Erscheinen des Beitrages habe die Polizei bei dem Mitarbeiter eine Kassette mit Filmmaterial beschlagnahmt, das jedoch nicht für die Zeitung, sondern für ein anderes Medium bestimmt gewesen sei. Der Stellungnahme der Chefredaktion ist eine Erklärung des Fotografen beigefügt, dass er für das Zustandekommen der Bilder kein Geld gezahlt habe. Die Fotos seien zufällig entstanden. Der Staatsanwalt teilt dem Presserat auf Anfrage mit, dass er die Kassette mit den Filmaufnahmen zur Prüfung der Verfolgung der Tat unter dem Gesichtspunkt der Ordnungswidrigkeit an die zuständige Bußgeldbehörde, das Wirtschaftsministerium des Landes, weitergereicht habe. Der Verdacht, dass der Fotograf die Kinder entlohnt habe, beruhe darauf, dass in einer anderen Stadt zwei 13jährige Jungen aufgegriffen worden seien, die berichteten, sie hätten von einem Fotografen dieses Namens 200 D-Mark dafür erhalten, dass sie ihm von ihren Straftaten erzählen. Einer der Jungen habe nach Polizeierkenntnissen einen 14jährigen aufgefordert, mit ihm in die betreffende Stadt zu fahren, um sich für 100 D-Mark dort beim Straßenbahnsurfen filmen zu lassen. Das Wirtschaftsministerium überlässt dem Presserat die Kassette mit den kritisierten Filmaufnahmen. Gleichzeitig teilt es mit, dass gegen den Fotografen in dieser Angelegenheit ein Bußgeldbescheid erlassen worden sei, gegen den er keinen Einspruch eingelegt habe. Der Film zeigt zwei Jungen beim S-Bahn-Surfen. In einer Szene werden der fahrende S-Bahn-Zug und die auf der Anhängerkupplung stehenden Jugendlichen von außen gezeigt, während in einer zweiten Einstellung die Szene aus dem Innern des Zuges gefilmt wird. Weiter zeigt der Film den stehenden Zug und die beiden Jungen, die auf die Anhängerkupplung klettern. In dieser Sequenz ist der Satz zu hören: “...wenn was ist, sag’ ich euch Bescheid...”. Mit diesen Fakten konfrontiert, erklärt die Chefredaktion, dass die Staatsanwaltschaft hier offenbar zwei verschiedene Fälle anspreche, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang stünden. Dies wäre zum einen der Beitrag zum Straßenbahn-Surfen in der Zeitung, zum anderen der Filmbeitrag eines Privatsenders über zwei “Crashkids”, welche die Reeperbahn unsicher machten. Der zuständige Redakteur des Privatsenders erklärt, der Fotograf habe ihm geholfen, zum Zwecke eines Interviews Kontakt mit den beiden Jungen aufzunehmen. Dabei hätten die Kinder kein Geld erhalten. Lediglich Essen und Trinken habe er finanziert. Der Fotograf sei nur assistierend tätig gewesen. Auch der Fernsehredakteur betont, dass es sich um zwei grundverschiedene Sachverhalte handele. (1998)

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Begriff “arbeitswütig”