Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6869 Entscheidungen

Strafvollzug

Angebliche Missstände in einer Justizvollzugsanstalt sind das Thema einer Artikelserie in einem Boulevardblatt. Die Zeitung spricht von einem “Saustall”. Nach der Aussage eines Beamten ist das Wachpersonal käuflich. Außerdem gibt es eine Schutzgeld-Mafia. Gehandelt wird mit Drogen, Sex und Schnaps. Der namentlich nicht genannte Beamte wird wie folgt zitiert: ”Für 10.000 Mark bekommen sie ganz privaten Ausgang. Zwischen 22 und fünf Uhr. Durch die Hintertür hinter dem Sportplatz werden sie nachts herausgelassen. Und können ganz gemütlich ins Städtchen fahren. In aller Regel werden die Herren von einem Chauffeur abgeholt.” Beim Deutschen Presserat gehen zwei Beschwerden über diese Veröffentlichungen ein. Ein Mitglied des Beirats der Anstalt und der Anstaltsleiter selbst vertreten die Auffassung, dass die Serie nicht über die in einem Gefängnis üblichen und keineswegs auszuschließenden Unregelmäßigkeiten berichtet. Allein schon der Titel “Saustall” wolle suggerieren, dass hier ein ganz außergewöhnlicher Skandal aufgedeckt werde. Doch selbst wenn die in den Artikeln enthaltenen Behauptungen wahr wären, könne ihre Abhandlung auf diesem Sex- and Crime-Niveau nicht hingenommen werden. Das Beiratsmitglied wirft dem Autor vor, gar nicht recherchiert zu haben. Die Behauptungen des angeblichen Informanten hätten durch Fragen an jede(n) beliebige(n) Beamtin/Beamten der JVA leicht widerlegt werden können. Da dies offensichtlich unterlassen wurde, dürfe unterstellt werden, dass kein Interesse an der Wahrheit bestand. Wie der Leiter der Anstalt mitteilt, hat die Artikelserie großes Aufsehen erregt. Der Justizminister des Landes hat eine Untersuchungskommission eingesetzt, die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Rechtsabteilung des Verlags erklärt, wegen der hoch sensiblen Thematik habe der Redakteur den Gewährsmann sorgfältig auf seine Glaubwürdigkeit und die Zuverlässigkeit seiner Informationen hin überprüft. Er habe sich nicht nur durch Vorlage seines Dienstausweises als JVA-Beamter ausweisen können, er sei auch anderen Mitarbeitern des Hauses als Bediensteter der JVA bekannt. In mehreren Punkten deckten sich die Aussagen des Informanten mit den Berichten von Gefangenen. Die Berichterstattung sei aber auch durch die Äußerungen verschiedener Strafverteidiger, darunter eines namentlich genannten Rechtsanwalts, bestätigt worden. (1997)

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AIDS

Die Titelseite einer Zeitschrift besteht aus dem Foto einer überwiegend in Grün gehaltenen AIDS-Solidaritätsschleife. Der Text dazu lautet: “Ende des Sterbens – Das AIDS-Wunder – Eine neue Wirkstoff-Kombination kann 80 % der Patienten retten (in den reichen Ländern)”. Eine AIDS-Hilfe-Organisation beschwert sich beim Deutschen Presserat. Das Titelblatt vermittele den falschen und trügerischen Schluss, bei AIDS handele es sich auf Grund von neuen Behandlungsmethoden nunmehr um eine heilbare Krankheit. Den Erkrankten würden damit unberechtigte Hoffnungen gemacht und den Nicht-Infizierten falsche Sicherheit vor AIDS vorgegaukelt. Diese Form von Journalismus, der es unter dem Deckmantel der Seriosität nur um Effekthascherei gehe, hält die Beschwerdeführerin für unverantwortlich. Die Chefredaktion der Zeitschrift hat Zweifel, ob das Titelblatt überhaupt vom Inhalt der Titelgeschichte, die es ankündigt, zu trennen ist. In ihr werde der Stand der Behandlungsmöglichkeiten richtig und differenziert dargestellt. Hingegen übersteige es die Möglichkeiten eines Titelblatts, alle Details optisch umzusetzen, die im Interesse der sorgfältigen Berichterstattung in dem zugehörigen Artikel erörtert würden. Dies sei jedoch auch nicht Aufgabe eines Titelblatts, das Dinge plakativ darstellen, zuspitzen und “auf den Punkt bringen” dürfe. Dies gelte um so mehr, wenn medizinische Bewertungen, mithin Meinungsäußerungen, eine zentrale Rolle spielten. Nachdem die Zeitschrift in der Vergangenheit häufig vor den Gefahren durch AIDS gewarnt habe, gehöre es zu ihrer journalistischen Pflicht, einen grundsätzlichen Wandel in der Behandlung AIDS-Kranker zu schildern. Erstmals stünden der Medizin Therapien zur Verfügung, nach deren Anwendung sich bei 80% der behandelten Patienten keine Viren mehr im Blut nachweisen ließen. Dies würde die zu 80% grün gefärbte AIDS-Schleife symbolisieren. Die Chefredaktion führt weiterhin aus, dass gerade am Thema interessierte oder gar betroffene Leser es nicht bei der Betrachtung des Titelblatts belassen, sondern sich anhand der Titelgeschichte informieren würden. (1997)

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Stasi

In einem Kommentar unter der Überschrift “Eine erstaunliche Wahl” befasst sich eine Regionalzeitung mit dem Ergebnis einer Umfrage, laut der Manfred Stolpe der Wunschkandidat der Ostdeutschen für das Amt des Bundeskanzlers ist. Der Autor bezeichnet den brandenburgischen Ministerpräsidenten als “Stasi-Stolpe” und behauptet, dass ihm “in aller Öffentlichkeit das Verbiegen der Wahrheit nachgewiesen wurde” und er ein “eindeutig Stasi-belasteter Mann” sei. Ein Leser des Blattes ärgert sich über diese Vorverurteilung und wendet sich mit einer Beschwerde an den Deutschen Presserat. Er wisse ebenso wenig wie alle anderen, ob Manfred Stolpe für die Stasi tätig gewesen sei. Dieser bestreite das jedenfalls und es habe ihm bisher nichts gegenteiliges nachgewiesen werden können. Die Chefredaktion des Blattes erklärt in ihrer Stellungnahme, ein deutsches Gericht habe entschieden, dass der Name des Betroffenen in Zusammenhang mit der Stasi genannt werden dürfe. Einem Nachrichtenmagazin sei – durch eine einstweilige Verfügung abgesichert – sogar die noch weitergehende Formulierung “Stasi-Spitzel” gestattet worden. Die Chefredaktion vertritt die Ansicht, dass die Freiheit der Meinungsäußerung und die ausdrückliche Zulassung auch “scharfer Waffen” im politischen Meinungskampf selbst ohne diesen Gerichtsentscheid die beklagte Wortwahl in einem Kommentar zulassen würden, zumal Manfred Stolpe eine herausragende Persönlichkeit mit weitreichenden Einflussmöglichkeiten sei. Es handele sich um eine einmalige Kommentierung. Aus der Sicht der Redaktion sei das Thema nicht länger aktuell. Man werde jetzt in Ruhe den Gang weiterer Ermittlungen abwarten. (1997)

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Patientendaten

Namensnennung

In vier Artikeln berichtet eine Regionalzeitung über einen Immobilienhändler, der mehrere hundert Anleger um rund 4,5 Millionen Mark betrogen haben soll. Die Ermittlungen in diesem Fall laufen bereits seit drei Jahren. In drei der vier Artikel wird der volle Name des Mannes genannt. Die Ehefrau des Verdächtigten beschwert sich beim Deutschen Presserat. Sie ist der Ansicht, dass durch die Namensnennung ihre Intimsphäre sowie die ihrer Kinder verletzt wird. Die Chefredaktion der Zeitung weist darauf hin, dass der Fall mit voller Namensnennung erstmals von einem privaten Fernsehsender aufgegriffen worden sei. Die Zeitung habe sich verpflichtet gefühlt, ausnahmsweise gleichfalls mit Namensnennung zu berichten, weil es sich bei der Firma des Verdächtigten um ein in der Region bekanntes Unternehmen handele. Die Namensnennung habe dem vorsorglichen Schutz von Anlegern und Kommunen dienen sollen, die von den Ermittlungen bis dahin nichts gewusst haben. Nach der Veröffentlichung im Fernsehen seien bei der zuständigen Staatsanwaltschaft tatsächlich täglich neue Anzeigen eingegangen. Dies habe die Auffassung der Zeitung, dass im vorliegenden Fall eine Namensnennung gerechtfertigt sei, bestätigt. Abschließend teilt die Chefredaktion mit, dass der Betroffene mittlerweile wegen Anlagebetrugs verurteilt worden sei und daher vorerst kein Anlass bestehe, über den Fall erneut mit Namensnennung zu berichten. (1996/97)

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Zitate

Eine Regionalzeitung veröffentlicht unter der Überschrift “Scientology: USA stärken Position Bonns” eine Agenturmeldung. Darin wird berichtet, der Sprecher des US-Außenministeriums, Nicholas Burns, habe Deutschland in der Diskussion um die Scientology-Organisation den Rücken gestärkt. Der Vergleich Deutschlands mit dem Nazi-Regime wegen der angeblichen Verfolgung von Scientology sei “völlig unangemessen” und “unangebracht”. Nach Ansicht eines Lesers wird die Presseerklärung von Burns verzerrt und einseitig wiedergegeben. Seine Beschwerde beim Deutschen Presserat richtet sich sowohl gegen die Agentur als auch die Zeitung. Als Beleg für seinen Vorwurf legt er ein Wortlautprotokoll aus dem US-Außenministerium vor, das er sich bei der US-Botschaft in Bonn besorgt hat. Die Chefredaktion der Zeitung trägt vor, aus diesem Protokoll gehe eindeutig hervor, dass die von ihr veröffentlichte Agenturmeldung den tatsächlichen Äußerungen des Pressesprechers entspreche. Der Beschwerdeführer “bombardiere” die Redaktion schon seit Jahren mit “Traktaten der Scientology-Bewegung”. Die Nachrichtenagentur äußert sich nicht zu dem Fall. (1997)

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Gewalt gegen Tiere

Eine Mädchenzeitschrift berichtet unter der Überschrift “Die Qual der Kälber” über die Kälbermast. Der Text ist illustriert mit einer Vielzahl von Fotos, die das Leiden der Tiere dokumentieren sollen. Drei der Fotos sind offenbar auf dem Wege zum Schlachthof bzw. im Schlachthof aufgenommen worden. Die Mutter einer 12jährigen Tochter ist entsetzt. In ihrer Beschwerde beim Deutschen Presserat äußert sie die Befürchtung, dass solche Fotos die Verrohung und Abstumpfung von Kindern fördern. Die Chefredaktion der Zeitschrift erklärt, sie habe mit dieser Reportage ihre Leser aufrütteln und dazu animieren wollen, Missstände zu erkennen und aktiv dagegen vorzugehen. Der Beitrag solle daher nicht die Sensationslust der Leser befriedigen, sondern sie vielmehr zu einer Protestaktion gegen die brutalen Mastmethoden anregen. Mit dieser Intention seien in einer anderen Jugendzeitschrift des Verlags mehrere Reportagen veröffentlicht worden mit dem Ergebnis, dass eine Protestaktion zustande gekommen und eine Tierfabrik im ukrainischen Kiew geschlossen worden sei. Bei der Vorprüfung der Beschwerde stellt der Presserat fest, dass drei der Fotos sich nicht auf das Thema Kälbermast beziehen und damit der Zusammenhang mit dem Inhalt des Beitrags fehlt. (1996)

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Namensnennung

Sponsoring

Eine Boulevardzeitung berichtet in ihrem Sportteil in großer Aufmachung über ein Reitturnier, das von einer Bierbrauerei gesponsert wird. In dem Beitrag wird achtmal der Name der Brauerei genannt. Auf der selben Seite befindet sich unten links eine große Anzeige der Brauerei. Ein Zeitungsverlag legt Beschwerde beim Deutschen Presserat ein. Er sieht in der mehrmaligen Nennung des Firmennamens Schleichwerbung. Der Druck aus Inserentenkreisen werde nicht auszuhalten sein, wenn das, was hier praktiziert werde, weiter Schule mache. Die Chefredaktion der kritisierten Zeitung weist darauf hin, der in dem Hallenturnier ausgetragene Cup sei nach der Brauerei benannt. Insofern sei der Hinweis auf die Firma allein schon redaktionell bedingt gewesen. Von einer Schleichwerbung könne demzufolge nicht gesprochen werden. Würde man auf die Nennung des Sponsors verzichten, würde das dazu führen, dass über ein namenloses Turnier berichtet werden müsse. Dies wäre eine unvollständige und unzutreffende Berichterstattung. Der Cup sei immerhin mit 66.000 D-Mark dotiert und dies könne man nicht mitteilen, ohne den Sponsor zu nennen. Die Veröffentlichung der Anzeige der Brauerei auf derselben Seite stellt nach Ansicht der Chefredaktion keine Verquickung redaktionellen Textes mit einer Werbung dar. Schließlich werde über ein aktuelles Ereignis berichtet und dies könne wiederum nicht bedeuten, dass für den Zeitpunkt der Berichterstattung über das Turnier Anzeigen der Brauerei nicht veröffentlicht werden dürfen. Zudem werde in dem redaktionellen Beitrag das Bier der Brauerei nicht lobend hervorgehoben. (1997)

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Scheinaktualität

Zwei Zeitungen berichten über ein Steuerermittlungsverfahren gegen den Berater eines Tennisstars, dessen Wohnung gleichfalls durchsucht worden sei. Dabei wird der Eindruck erweckt, dass das Verfahren gegen den Rechtsanwalt neu eingeleitet wurde und im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den Tennisstar steht. Als der Betroffene bei der Zeitung am Ort seiner Tätigkeit interveniert, schwächt diese in ihrer nächsten Ausgabe diesen Eindruck ab. War in der ersten Schlagzeile noch davon die Rede, dass die Steuerfahnder jetzt auch bei dem Manager sind, kündigte die zweite nur noch Ermittlungen des Staatsanwalts an. Der Anwalt reicht Beschwerden beim Deutschen Presserat ein. Er sieht die Sachlage falsch dargestellt. In Wirklichkeit laufe bereits seit Ende 1995 ein Steuerermittlungsverfahren gegen ihn, über das die Zeitung zum damaligen Zeitpunkt schon berichtet habe. Es stehe in keinem Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den Tennissportler. Die zweite Zeitung erwecke den falschen Eindruck, er habe die Steuererklärung des Tennisstars erstellt und dessen Wohnung sei nur wegen der Ermittlungen gegen ihn durchsucht worden. Die Chefredaktion der ersten Zeitung räumt ein, dass sie schon einmal über diesen Steuerfall geschrieben habe. Zum damaligen Zeitpunkt habe es sich aber nur um ein Gerücht gehandelt. Jetzt habe man erneut darüber berichtet, da die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren offiziell bestätigt habe. Nach der Beschwerde des Betroffenen habe man klargestellt, dass kein neues Verfahren vorliege, aber eine erstmalige Bestätigung der Ermittlungen. Die Chefredaktion der zweiten Zeitung teilt mit, dass der Beschwerdeführer einen Unterlassungstitel erwirkt habe, durch den der Zeitung untersagt wurde, den Eindruck zu erwecken, gegen den Anwalt werde im Zusammenhang mit einem Verfahren gegen den Tennisspieler ermittelt. Diese einstweilige Verfügung habe die Zeitung unmittelbar anerkannt und sich gegenüber dem Betroffenen bereit erklärt, eine klarstellende Mitteilung zu veröffentlichen. Die sei geschehen. In diesem Zusammenhang habe man dem Beschwerdeführer angeboten, im Rahmen eines Interviews seine Sicht der Dinge darzulegen. Daran habe er jedoch kein Interesse gehabt und sich mit der von der Redaktion entworfenen Darstellung zufrieden gegeben. (1997)

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