Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

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Entscheidungsjahr
6869 Entscheidungen

Begriff „Streicheleinheit“

Eine Lokalzeitung berichtet, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen einen Mann eingestellt hat, der als Hospitant die Kinder in einem örtlichen Kindergarten sexuell belästigt haben soll. In dem Artikel wird die Auffassung der Staatsanwaltschaft wiedergegeben, derzufolge das Verhalten des Beschuldigten strafrechtlich nicht sanktionierbar sei. Der Mann habe mit verschiedenen Mädchen Gespräche über Geschlechtsreife, Kondome und Pille geführt. Die Äußerungen hatten aber keinen pornographischen Inhalt gehabt. Auch das Berühren der Beine zweier Mädchen mit seinen nackten Füßen sei keine sexuelle Handlung. Der Beitrag trägt die Überschrift „Streicheleinheit ohne Folge“. Ein Leser des Blattes moniert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die Verwendung des Begriffs „Streicheleinheit“. Dieser sei eine Unverschämtheit gegenüber den Opfern der fraglos erlittenen sexuellen Übergriffe und verharmlose nicht nur Vergangenes, sondern auch zukünftig Mögliches. Die Chefredaktion der Zeitung kann die Interpretation des Wortes „Streicheleinheit“ durch den Beschwerdeführer nicht nachvollziehen. (1996)

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Namensnennung

„Vom Notar unkorrekt behandelt?“ fragt eine Lokalzeitung in einem Beitrag, in dem eine namentliche genannte Unternehmerin Kritik an der Abwicklung eines Kaufvertrags übt. Die Frau, die eine Immobilie erworben hat, wirft dem dabei in Anspruch genommenen Notar unkorrektes Handeln vor. Dieser wird in dem Bericht gleichfalls namentlich genannt. Zu den kritisierten Unstimmigkeiten zählen u.a. die Höhe der Zinsen sowie die der Gebühren. Zu den Vorwürfen befragt, verweist der betroffene Notar auf seine Schweigepflicht. Die darauf erfolgte Veröffentlichung veranlasst den Notar, sich an den Deutschen Presserat zu wenden. Er beanstandet den Vorwurf unkorrekten Handelns als eine ehrverletzende und berufsschädigende Behauptung. Der Autorin des Beitrags wirft er vor, ihm keine Zeit gelassen zu haben, entsprechende Akten durchzusehen und sich durch die Beteiligten von der Schweigepflicht entbinden zu lassen. Die Chefredaktion des Blattes erklärt, die vom Notar kritisierten Tatsachenbehauptungen seien durch Zitate bzw. indirekte Rede eindeutig der Käuferin der Immobilie zugeordnet worden. Der Artikel sei auf Grundlage der von dieser vorgelegten Unterlagen entstanden. (1996)

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Verdeckte Recherche

Ein ehemaliger Polizeibeamter wird beim Amtsgericht vorgeführt, nachdem er in Zaire festgenommen und in die Bundesrepublik zurückgebracht worden war. Seitdem er seinen Dienst quittiert hat, soll er gemeinschaftlich mit anderen drei schwere Raubüberfälle begangen haben. Der Fall hat Aufsehen erregt. Schließlich war der Mann als ehemaliger „Vorzeigepolizist“ einmal Mittelpunkt einer bundesweiten Anzeigenkampagne gewesen. Jetzt hat ihn die Staatsanwaltschaft unter Zeugenschutz gestellt. Deshalb war der Mann nach seiner Rückkehr, wie eine Boulevardzeitung schreibt, zunächst an einem „geheimen“ Ort festgehalten worden. Die Zeitung widmet dem Vorgang eine komplette Seite. Der Pressereferent des Staatsministeriums der Justiz schaltet darauf hin den Deutschen Presserat ein. Er beanstandet die Recherchemethoden der Verfasserin. Diese soll sich bei Gericht als Mitarbeiterin einer Rechtsanwaltskanzlei ausgegeben haben, um Informationen über die Sachlage zu erhalten. Damit habe sie falsche Tatsachen vorgespielt. Aus einem Vermerk des Pressesprechers beim Amtsgericht gehe hervor, dass eventuelle Fragen von Pressevertretern nach Ort und Zeitpunkt der Vorführung des mutmaßlichen Täters nicht beantwortet werden sollten. Der Telefonanruf der Journalistin sei zunächst bei einer Richterin gelandet. Ihrzufolge habe sie sich eine Mitarbeiterin der Rechtsanwaltskanzlei, welche die Verteidigung des Beschuldigten übernommen hat, gemeldet und sich erkundigt, ob der betreffende Rechtsanwalt zu sprechen sei. Bei der Übergabe des Gesprächs an den Pressesprecher des Gerichts habe dieser festgestellt, dass es sich bei der Anruferin um die Redakteurin der Zeitung handle. Diese habe ihn direkt darauf angesprochen, ob an dem betreffenden Tag der Beschuldigte beim Amtsgericht vorgeführt werde. Diese Frage sei ihr selbstverständlich nicht beantwortet worden. Die Zeitung bezeichnet in ihrer Stellungnahme den geschilderten Sachverhalt als unzutreffend wiedergegeben. Die Kollegin habe sich bei ihrem Anruf im Amtsgericht mit vollem Namen vorgestellt und gebeten, mit dem Verteidiger des Beschuldigten verbunden zu werden. Hierbei habe sie weder wörtlich noch sinngemäß angegeben, Mitarbeiter der Kanzlei des Strafverteidigers zu sein. Auch dem Pressesprecher des Gerichts habe sie erneut ihren Namen genannt. Die Richterin, die den Anruf als erste angenommen hat, erklärt auf Rückfrage des Presserats: „Es erreichte mich ein Telefonanruf einer Anruferin, die sich mit Rechtsanwaltsbüro .... meldete, sie nannte keinen Namen, ich kannte sie nicht.“ (1996)

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Werbung für Computer

Eine Tageszeitung veröffentlicht in ihrem Jugendmagazin ein 14 Seiten umfassendes »Computer-Special«das zum Teil als Anzeige gekennzeichnet ist, Die entsprechenden Seiten sind grafisch als Computerbildschirm mit unterschiedlichen Menüs gestaltet. Unter der Überschrift »Es rappelt in der Spielkiste« wird auf einer der Seiten für ein Computerspiel geworben. Ein Leser des Blattes spricht den Deutschen Presserat an. Das Computer-Special sei gut getarnte Werbung, die in Aufmachung und Stil den Eindruck eines redaktionellen Beitrags erwecke.

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Illustration

ine Zeitschrift berichtet über einen kanadischen Walfanggegner, der mit seinem Schiff die Lofoten ansteuert, um norwegische Walfangschiffe außer Gefecht zu setzen. Kurz vor dem Ziel wird das Schiff von einem Zerstörer der norwegischen Kriegsmarine gerammt und bombardiert. Die Reportage wird mit einem großen Foto aufgemacht, das das Harpunieren eines Wals dokumentiert. In der Bildzeile heißt es: »Trotz des Verbots der Walfang-Kommission: Die norwegischen Walfänger wollen 300 vom Aussterben bedrohte Minkewale töten.« Ein Leser schaltet den Deutschen Presserat ein. Er bestreitet den dokumentarischen Charakter des Fotos. Die abgebildete Harpunenkanone sei von größerem Kaliber als 50 mm und im norwegischen Zwergwalfang nicht üblich. Die Art des Schiffsbugs deute darauf hin, dass es sich um ein Schiff handele, dass größer ist als diejenigen, die im Zwergwalfang eingesetzt werden. Der auf dem Foto sichtbare Wal sei kein Zwergwal oder Minkewal, weil er wesentlich größer sei und andere Artmerkmale aufweise. Die Zeitschrift erklärt, sie habe mit dem beanstandeten Foto lediglich demonstrieren wollen, gegen welche Missstände die Tierschützen kämpfen: Für die Berichterstattung sei es völlig gleichgültig; ob es sich um einen Minkewal oder um eine andere Walart handelt. Identisch seien das Abschlachten und das industrielle Zerlegen von Walen. Da die beiden veröffentlichten Fotos je einen unterschiedlichen Wal wiedergeben, werde selbst der flüchtigste Betrachter nicht annehmen, dass es sich um eine aktuelle Reportage über Walfang handle. (1994)

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Telefonmitschnitt

Unter der Überschrift »Barschel, Geheime Telefonate in Kiel« berichtet eine Zeitschrift über Telefongespräche zwischen zwei in die »Kieler Affäre« verwickelten Politikern und einem Mitglied des Barschel-Pfeiffer-Untersuchungsausschusses des schleswig-holsteinischen Landtags, Die Redaktion stützt sich auf Tonbandmitschnitte von Telefonaten, die der Zeitschrift zugespielt worden j seien. Aus den Gesprächen ergibt sich nach Ansicht der Redaktion der Verdacht, die 1 SPD vertusche im Untersuchungsausschuss aufschlussreiche Vorgänge. Die Zeitschrift belegt ihre Aussage mit Protokollen der heimlichen Absprachen in ihren wesentlichen Teilen: Die Präsidentin des schleswig-holsteinischen Landtags wendet sich an '' den Deutschen Presserat. Der Bericht über den Inhalt von Telefonaten, die ohne Einwilligung der Betroffenen abgehört worden sind, verstoße ebenso wie die Veröffentlichung von wörtlichen Auszügen aus solchen Gesprächen gegen die Ziffern 4 und 8 des Pressekodex. Die Zeitschrift hält es für befremdlich, dass sich die Beschwerdeführerin gegen eine Veröffentlichung wende, die Licht in das Dunkel des sog. Barschel-Skandals zu bringen versuche. Das geschützte Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege die schutzwürdigen Belange der Betroffenen bei weitem. Die Telefonmitschnitte seien der Redaktion zugespielt worden. Man habe sie nicht selbst angefertigt oder durch Beauftragte anfertigen lassen. Die Veröffentlichung von Auszügen sei als Verbreitungshandlung von der Beschaffung zu unterscheiden. Die Redaktion' habe den berechtigten Belangen der Betroffenen an der Wahrung ihrer Privatsphäre dadurch Rechnung getragen, dass nur politisch relevante Passagen des mitgeschnittenen Gesprächs veröffentlicht worden seien; nicht aber die privaten Teile. (1995)

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Diskriminierung von psychisch Kranken

Eine Boulevardzeitung berichtet über die Flucht dreier Straftäter aus einem Gefängnis sowie einer Nervenklinik: Unter der Fragestellung »Was ist mit unseren Gefängnissen und Nervenkliniken los?« werden verschiedene Fluchtvorkommnisse der jüngsten Vergangenheit aufgelistet. Der Aufmacher auf Seite 1 hat die Schlagzeile »Ausbruch aus der Nerven-Klinik - Drei irre Verbrecher frei«. Ein Neurologe und Psychiater legt die Veröffentlichung dem Deutschen Presserat vor. Der Bericht mobilisiere alte Vorurteile über den geisteskranken Gewalttäter: »Irre sein« werde mit Verbrechen gleichgesetzt. Darüber hinaus erhöhe der Artikel die Angst vor Verbrechen. Die Chefredaktion des Blattes erklärt, ihr Bericht habe über die Flucht von Straftätern berichten und auf offensichtlich mangelnde Sicherheitsbedingungen hinweisen wollen. Ausbrüche könne man nicht verschweigen. Die mitgeteilten Fakten seien in vollem Umfang zutreffend. (1995)

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Sensationelle Darstellung

Unter der Überschrift »Stoppt das sinnlose Robbenschlachten« berichtet eine Zeitschrift über die Tötung von Robben in Namibia. Der Leser erfährt, dass Robben aus reiner Profitgier grausam erschlagen oder erschossen werden: Illegal würden Felle zur Verarbeitung nach Europa geschafft. Zudem sei die Robbenjagd seit Mitte der 80er Jahre offiziell verboten. Der Bericht weist schließlich auf das Poster eines Heulers hin, das in Heftmitte zu finden ist. Die Aufnahme stammt augenscheinlich aus Polarkreisgebieten. Ein Journalist beschwert sich beim Deutschen Presserat. Der Bericht sei insgesamt zurechtgebogen und -gelogen. Der Rechtsvertreter der Zeitschrift beruft sich auf Informationen von Greenpeace und verschiedener Agenturen. Das Poster mit dem Motiv des Robbenbabys stehe ohne Zusammenhang zum Artikel. (1995)

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Vorverurteilung

Eine Wochenzeitung berichtet über ein Strafverfahren gegen einen Polizeibeamten, dem vorgeworfen wird, während eines Vorfalles in seiner Freizeit Polizeibeamten im Einsatz Widerstand geleistet zu haben. Der Polizist in Zivil hatte eine Polizeistreife, In eine Gaststätte gerufen, in die sich eine Ehefrau vor: ihrem rabiaten Ehemann geflüchtet hatte. Da die Streife erst spät anrückte und schlechte Arbeit leistete, stellte sie der Kollege in Zivil zur Rede, bezog dafür aber angeblich Prügel. Die Zeitung schildert' die Hintergründe aus der Sicht des misshandelten Polizeibeamten; der nun wegen Widerstandes vor Gericht steht. Sie stellt fest: »Dass Otto Normalverbraucher schon mal Opfer von Übergriffen der Polizei wird, hört man immer wieder. Genau solches passiert jetzt einem Uniformträger.« Auch eine zweite Zeitung' nimmt sich des Falles an. Unter der Überschrift »Polizist von Kollegen verprügelt: Nun ist er angeklagt - Misshandelter Beamter wollte doch nur helfen« ergreift sie Partei für den Angeklagten: »Zwei Kollegen schlugen ihn vor dem Lokal nieder, verletzten ihn erheblich und zeigten ihn auch noch an - wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt.« Weiter heißt es: »Einer der beiden Beamten ist als >wilder Polizist< bekannt-berüchtigt. Der zuständige Polizeipräsident schaltet den Deutschen Presserat ein. Sein Vorwurf: Beide Zeitungen beziehen schon durch ihre' Überschriften unzulässig präjudizierend Stellung und greifen damit massiv in ein schwebendes Gerichtsverfahren ein. (1995)

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Diskriminierung von ausländischen Frauen

Eine Wirtschaftszeitung berichtet über eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts. Es geht um den Fall einer Türkin, die eine Woche lang arbeitsunfähig krank war. Als der Arbeitgeber erfuhr, dass die Arbeitsunfähigkeit auf einen Schwangerschaftsabbruch zurückzuführen war, verweigerte er die begehrte Lohnfortzahlung. In dem Artikel wird die Nationalität der betroffenen Arbeitnehmerin und einer beteiligten afghanischen Medizinerin mehrfach genannt. Ein Landesbezirk einer Gewerkschaft sieht die Betroffenen durch die Nennung ihrer Nationalität diskriminiert und beantragt beim Deutschen Presserat eine Rüge. Für die Nennung der Nationalität habe es eine sachliche Grundlage gegeben, erklärt die Zeitung. Thema der jahrelangen Auseinandersetzung sei einerseits die andere Einstellung ausländischer Staatsbürger zum Thema Abtreibung gewesen. Zum anderen habe es sowohl bei der betroffenen Arbeitnehmerin als auch bei den beiden im Artikel erwähnten Ärzten sprachliche Verständigungsschwierigkeiten gegeben. Der Artikel basiere auf einem Gespräch, dass der Autor mit einem Mitglied des mit dem Fall befassten Senats des Bundesarbeitsgerichts unmittelbar nach der Urteilsverkündigung geführt habe. Dieser Richter habe die Staatszugehörigkeit erwähnt; weil sie im Verfahrensgang eine wichtige Rolle gespielt habe. Überraschenderweise habe die dann später vorliegende schriftliche Urteilsbegründung auf einen Hinweis auf die Nationalität verzichtet. Das Beschwerdeverfahren veranlasst die Redaktion zu der Erklärung, dass sie in Zukunft mit derartigen Angaben sensibler umgehen will. (1995)

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