Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6869 Entscheidungen
Der Vertreter eines Unternehmerverbandes schreibt an die Mitgliederzeitung einer Gewerkschaft einen Leserbrief, in dem er sich ironisch mit einem Kommentar auseinandersetzt. Dessen Autor hatte dem Bundeskanzler vorgeworfen, er werde weiteren Sozialabbau betreiben, was den Leserbriefschreiben zu der Feststellung veranlasst, dass der Kommentator von einer Wiederwahl des Kanzlers ausgeht, da er sonst den vom Verfassen beklagten Sozialabbau ja nicht betreiben könne. Im letzten Absatz seines Briefes fragt der Unternehmensvertreter den Autoren der Gewerkschaftszeitung, wie er sich erkläre, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer den Kanzler trotz jener Aufklärung wieder wählen werde. Die Antwort sei einfach: »Sie erkennen Ihren Kommentar als das, was er ist: Üble Polemik«. Die Zeitschrift veröffentlicht den Leserbrief, streicht jedoch den letzten Absatz. Darüber beschwert sich der Einsender beim Deutschen Presserat. Die Redaktion habe durch diese Kürzung den Sinn seines Briefes entstellt. Die Zeitschrift verweist auf ihr Impressum, in dem erklärt wird, dass sich die Redaktion die Kürzung von Leserbriefen vorbehält. Im übrigen liege keine sinnentstellende Kürzung vor. (1994)
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In einer Wochenkolumne kritisiert der Chefredakteur einer Lokalzeitung das »Mörder-Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Er schreibt: »Die (gemeint sind die Verfassungsrichter) leiden zunehmend unter stressbedingten Sichtverzerrungen, so dass sie z. B. Soldaten mit Killern, einen bescheuerten Lehrer von 1994 mit Kurt Tucholsky und einen Autoaufkleber mit Literatur verwechseln.« Des weiteren äußert sich der Autor über das Wissen und die Bildung von TV-Machern. »Sie sind Experten in Sachen Gewalt, wie sie alltäglich beweisen.« Ein Leser des Blattes sieht den Lehrer, der das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Fall des Autoaufklebers mit dem Tucholsky-Zitat »Alle Soldaten sind Mörder« ausgelöst hat, durch den Kommentar beleidigt. Beleidigend sei auch die Textstelle über die TV-Macher. Der betroffene Chefredakteur hält seinen Beitrag für eine satirische Kolumne. So werde er auch von seiner Leserschaft verstanden. (1994)
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Unter der Überschrift »Party-Droge Ecstasy« berichtet eine Zeitschrift über sogen. Designer Drogen, In der Titelgeschichte wird er Drogenkonsum innerhalb der Techno-Szene thematisiert: In einem zweiten Beitrag unter der Überschrift »Wunderpille oder Horrortrip?« geht es um mögliche Schäden des Drogenkonsums. Die Zeitschritt nennt den Namen und die Nationalität eines Mannes, der Ecstasy geschluckt und sich nach einem Streit mit seiner Freundin mit Hilfe eines Samurai-Schwertes ums Leben gebracht hat. Sie listet ferner zehn der gebräuchlichsten Pillen und Blättchen in Wort und Bild auf. Eine Journalistin kritisiert in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat die Nennung des Namens und der Nationalität des Mannes. Die Zeitschrift begebe sich damit in die Niederung der Ausländerfeindlichkeit. Für fragwürdig hält die Beschwerdeführerin zudem den Informationskasten des Beitrags. Käufer und potentielle Konsumenten seien somit bestens informiert. Die Zeitschrift wertet ihre Beiträge eher als eine Warnung vor der Verharmlosung der Droge. Anlass der Namensnennung sei die außergewöhnliche Folge der Einnahme von Ecstasy, der Selbstmord mit einem Samurai-Schwert gewesen. Die Nationalität des Toten habe der Polizeisprecher der Stadt bekanntgegeben. (1994)
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Unter der Überschrift »Spender, Dumper und Verlierer« berichtet eine Zeitschrift über Zuschüsse zur Wirtschaftsförderung; die das Wirtschaftsministerium eines Bundeslandes einem Unternehmen gewährt habe. Mit diesen Geldern habe das Unternehmen hauptsächlich die Produktion und nicht die Forschung gefördert. Es habe damit die Konkurrenz vom Markt gedrängt. Letztere musste Konkurs anmelden und klagte beim Verwaltungsgericht, ob das vom Land geförderte Unternehmen die Gelder überhaupt hätte bekommen dürfen: Die Zeitschrift untersucht die Vergabepraxis des Ministeriums in dem konkreten Fall. Sie berichtet u. a., der vom Ministerium bewilligte Fördersatz sei ungewöhnlich hoch gewesen. Und es sei umstritten, ob die Behörde bei der Vergabe der Mittel die gültigen Richtlinien beachtet habe. In der Unterzeile zur Schlagzeile heißt es: »Wirtschaftsminister ... soll mit 4,5 Millionen Mark Steuergeldern eine Firma in den Konkurs getrieben haben:« Das Ministerium bemängelt in seiner Beschwerde beim Deutschen Presserat eine extrem einseitige Recherche, bei der das journalistische Prinzip, beide Seiten zu hören, eklatant verletzt worden sei. Eine Gegendarstellung habe die Zeitschrift abgelehnt mit der Begründung, dass es sich bei den beanstandeten Passagen um Mutmaßungen bzw. Meinungsäußerungen handele: Die Zeitschrift erklärt, sie habe sorgfältig recherchiert und nicht behauptet, der Wirtschaftsminister habe eine Firma in den Konkurs getrieben. Der Redaktion habe ein Prüfvermerk vorgelegen, aus dem ordnungsgemäß zitiert worden sei: Die Redaktion habe zudem sehr wohl das Ministerium befragt. Aus Gründen des Informantenschutzes könne der Name des Mitarbeiters aber nicht genannt werden. Auf das Angebot, einen Leserbrief zu schreiben, habe der Beschwerdeführer nicht reagiert. Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung habe das Oberlandesgericht nicht stattgegeben, und zwar unter dem Gesichtspunkt der Irreführung der Entgegnung. (1994)
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Die Telefonistin einer Stiftung fühlt sich vom Vorsitzenden ihres Vorstandes sexuell belästigt. »Er griff mir an den Busen« lautet die Schlagzeile eines Berichts in einem Boulevardblatt über die Verhandlung ihres Falles vor dem Amtsgericht: Dabei wird der Beklagte, der seinerseits eine Widerklage auf Widerruf und Schmerzensgeld erhoben hat, mit vollem Namen genannt. Die Zeitung erwähnt seine Funktion als Ehrenvorsitzender eines Bundesverbandes, beschreibt ihn als Träger des Bundesverdienstkreuzes und militärischer Auszeichnungen und veröffentlicht sein Foto. In einem weiteren Beitrag über den »Prozess um Busengrapschen« wird wiederum der Name des Beschuldigten wiederholt genannt. Auch die Lokalzeitung am Ort berichtet unter der Überschrift »Der Chef soll ein Busengrapscher sein« über das laufende Verfahren. Diese Zeitung nennt ebenfalls Name und Alter des Betroffenen. Die Stiftung und ihr Vorsitzender rufen den Deutschen Presserat an. Sie monieren Fotoveröffentlichung und Namensnennung, sehen in den Überschriften beider Zeitungen eine Vorverurteilung. Die Überschrift sei deutlich als Zitat der Klägerin ausgewiesen, entgegnet das Boulevardblatt. Es rechtfertigt die Namensnennung damit, dass der Ehrenvorsitzende eines Bundesverbandes eine Repräsentationsfunktion habe und eine Identifikationsfigur sei. Die Lokalzeitung räumt ein, dass ihr bei der Abwägung zwischen dem Schutz der Persönlichkeit des Beschwerdeführers und dem öffentlichen Interesse an einer Person der Zeitgeschichte ein Fehler unterlaufen sei. Unter der Überschrift »Zeugin bezichtigte sich selbst der Falschaussage« berichtet die Zeitung später über den Ausgang des Prozesses. Der Beklagte wird nicht mehr mit Namen genannt. (1994/95)
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Unter der Überschrift »Grausame Tierversuche« kündigt eine Zeitschrift den Leidensweg von 20 Äffchen im Physiologischen Institut einer deutschen Universität an. In einer Reportage in einer späteren Ausgabe wird über den Beschluss des Landtags berichtet, die umstrittenen Tierversuche zu genehmigen. Beide Beiträge sind mit Fotos von Makakenaffen illustriert, an denen Versuche durchgeführt werden, um zu erfahren, wie das Gehirn die Augenbewegungen steuert. Ein Vorstandsmitglied des Instituts schaltet den Deutschen Presserat ein. Der Professor beanstandet vor allem die Fotos beider Beiträge. Mit einer Ausnahme seien diese Fotos nicht in den Räumen des Instituts entstanden. Die dargestellten Verletzungen seien den vom, Institut gehaltenen Primaten nicht zugefügt worden. Die Redaktion entgegnet, es habe sich um vergleichbare Fotos von Tierversuchen gehandelt. Sie seien ausgewählt worden, um die Grausamkeit von Tierversuchen allgemein zu dokumentieren. Weder aus den Bildzeilen noch aus dem Lauftext ergebe sich, dass die Bilder in dem Institut aufgenommen seien. (1994)
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Eine Tageszeitung veröffentlicht einen »Offenen Brief«, den ein Bildhauer an einen Dichter geschrieben hat. Darin äußert sich der Autor mit scharfer, persönlicher Kritik über die Person des Adressaten und dessen Verhalten: Es fallen Ausdrücke wie »Arschloch!«, »Ich wünsche Dir die Nürnberger Rassengesetze an den Hals, du angepaßter Trottel!«, »Du 100prozentiger Schwachkopf!« und »Was die PDS Dir antut, du Volltrottel, möchte ich eigentlich wissen«. Ein Bürgerrechtler schaltet den Deutschen Presserat ein. Er hält die zitierten Aussagen in der Zeitung für Tatbestände der Volksverhetzung, des Aufrufs zum Völkermord und möglicherweise der Unterstützung der Ziele einer verbotenen verfassungsfeindlichen Organisation, der NSDAP Der Adressat des offenen Briefes sei jüdischer Abstammung. Die Chefredaktion des Blattes hält die Vorwürfe des Beschwerdeführers für in der Sache absurd und politisch absichtsvoll. Er lasse bei aller verständlichen Erregung über eine bestimmte Formulierung Vorgeschichte, Diskussionsumfeld sowie den Tatbestand einer offenen Polemik zwischen den beiden Betroffenen außer Betracht. Die Redaktion habe sehr wohl die Argumente Für und Wider beim Abdruck des offenen Briefes berücksichtigt. Im übrigen stehe für sie dahin, inwieweit eine Redaktion beraten ist, ofenkundige Eingriffe in die, eigenständige Kategorie eines offenen Briefes von einem in der Öffentlichkeit bestens bekannten Absender vorzunehmen. (1994)
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Eine Lokalzeitung kündigt die Schließung einer Jugendfreizeitstätte an. In diesem Zusammenhang berichtet der Autor über Rauschgift- und Waffenprobleme im Jugendzentrum. Namentlich erwähnt wird dabei der Vorsitzende des Stadtjugendrings, der mit Drogen und einer scharfen Handfeuerwaffe geschnappt und in der U-Haft zurückgetreten sei. In einem Beitrag drei Wochen später wird der Vorsitzende des Stadtjugendrings wiederum namentlich erwähnt. Auch diesmal wird berichtet, dass der Mann des Drogenhandels beschuldigt ist, die Verhandlungen darüber aber noch ausstehen. Gegen die Namensnennung wehrt sich der Betroffene in einer Beschwerde beim Deutschen Presserat. (1994)
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Ein Lokalblatt berichtet, dass die Polizei dem Feuerwehrchef des Landkreises den Führerschein abgenommen hat. Sie zitiert den Pressesprecher der Polizeidirektion. Danach steht der Kreisbrandrat unter dem dringenden Verdacht, unter Alkoholeinfluss sein feuerrotes Dienstauto gesteuert zu haben. Dienstrechtliche Konsequenzen werden nicht ausgeschlossen. Die Kreisbrandinspektion fragt den Deutschen Presserat, ob Vergehen im Rahmen des Ordnungswidrigkeitenkatalogs der Straßenverkehrsordnung es rechtfertigen, dass die Presse das Privatleben und die Intimsphäre von Menschen gravierend stört. Die Zeitung ist der Auffassung, dass ein Kreisbrandrat in einem Landkreis eine wichtige Persönlichkeit sei, vergleichbar mit Bürgermeistern, Stadtdirektoren und Polizeichefs, bei deren Alkoholunfällen in der Regel der volle Name genannt werde. Ein Kreisbrandrat müsse mit seinen Taten ein Vorbild sein. Zwei Fehler räumt die Redaktion ein. Dem Verkehrssünder wurde erst am folgenden Tag der Führerschein abgenommen, da er Ihn bei der Kontrolle durch die Polizei nicht bei sich hatte. Außerdem trug der Mann, als die Polizei ihn in seinem Dienstwagen kontrollierte, keine Feuerwehruniform (1994).
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