Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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6869 Entscheidungen
Unter dem Titel »Die Erpresser-Mafia« berichtet ein Nachrichtenmagazin über Formen der organisierten Kriminalität in Deutschland. Dabei ist von zwei »gefürchteten PKK-Kassierern« die Rede, die die Polizei zu kennen glaube. Sie werden namentlich genannt. Es wird erwähnt, dass sie anerkannte Asylanten seien, dass gegen sie Ermittlungen wegen räuberischer Erpressung laufen. Davon unbeeindruckt schöpfe Glas Schläger-Duo auch weiterhin die Gewinne der örtlichen Rauschgifthändler ab. Einer der beiden lässt durch seinen Anwalt Beschwerde beim Deutschen Presserat einlegen. Er werde unter voller Namensnennung als Schwerverbrecher hingestellt, obwohl er mit den Beschuldigungen nichts zu tun habe und kein Ermittlungsverfahren gegen ihn laufe. Das zuständige Landgericht entspricht im einstweiligen Verfügungsverfahren dem' Unterlassungsanspruch. (1994)
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Ein Busfahrer steht vor Gericht. Er hatte zwei 17jährigen Mädchen Sinn und Zweck des »Nothammers« in Fensternähe erklärt. Als eines der Mädchen mit einem Hammer in den hinteren Teil des ansonsten leeren Busses entfleuchte, stieg der Mann hinterher, um das Sicherheitsgerät zurückzuholen. Dabei kam es zu Berührungen und Rangeleien, die das Gericht als Nötigung wertete und mit 60 Tagessätzen zu je 70 Mark ahndete. Die Lokalzeitung schildert den Fall und spricht in der Überschrift von einer »sexuellen Nötigung im Bus«. Als der Betroffene den Fehler reklamiert, erscheint ein weiterer Artikel, diesmal mit der Überschrift »Berührungen waren nur als Nötigung zu ahnden«. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat fordert der Anwalt des Verurteilten, dass eine Berichtigung deutlich und unmissverständlich sein müsse. Im zweiten Bericht der Zeitung fehle der deutliche Hinweis, dass der Zeitung in der ersten Berichterstattung ein Fehler unterlaufen sei. Die Redaktion betont, dass sie auf die Empfindlichkeiten der Menschen stets Rücksicht nehme. Im zweiten Beitrag sei unmissverständlich in der Hauptzeile der Überschrift auf die Urteilsfindung hingewiesen worden. Diese Vorgehensweise sei mit dem Beschwerdeführer telefonisch vereinbart worden. (1994)
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Ein Rollstuhlfahrer beschwert sich beim Deutschen Presserat. Eine Lokalzeitung hat ihn namentlich genannt und erwähnt, dass er durch Vermittlung eines Geistlichen beim Besuch Michael Gorbatschows in der Stadt dessen Autogramm erhalten hat: Der Betroffene wehrt sich gegen die Nennung seines Namens. Er fühlt sich durch den Artikel gedemütigt. Ein entsprechender Leserbrief sei nicht abgedruckt worden. Die Zeitung vertritt die Auffassung, der Behinderte sei im Zusammenhang mit Gorbatschow eine Person der Zeitgeschichte gewesen. Die Veröffentlichung der Leserzuschrift habe man abgelehnt, da diese noch einmal ins Licht der Öffentlichkeit rücke, was der Beschwerdeführer nicht veröffentlicht haben wollte. (1994)
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Zwei Leser stören sich an einer Werbeanzeige der Republikaner in einer Lokalzeitung. Darin ist von Asylantenkriminalität die Rede und es wird die Frage gestellt, wer die Bürger davor schützt. Die Kritiker monieren in ihrer Beschwerde' beim Deutschen Presserat, dass die Veröffentlichung weder als Leserbrief noch als Anzeige gekennzeichnet. ist. Es mache sie betroffen, dass ein Verleger sein unabhängiges Medium für die unverhohlene Propaganda der Republikaner hergebe. Die Zeitung verweist darauf, dass sie in einer folgenden Ausgabe richtiggestellt habe, es handele sich um eine Anzeige. (1994)
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Eine Boulevardzeitung berichtet über ein während der Tat mit den Geiselnehmern von Fulda/Driedorf geführtes Telefoninterview. Der Mitarbeiter der Zeitung befragt die Täter nach ihren Forderungen, wohin sie nach ihrer Flucht wollen, erkundigt sich nach dem Befinden der Geiseln und, in Anspielung auf das Geiseldrama von Gladbeck, ob ein ähnliches Ende wie dort zu erwarten sei. Ein Konkurrenzblatt veröffentlicht Passagen eines Interviews, das ein privater Fernsehsender über Autotelefon mit den flüchtigen Gangstern geführt hatte. Auch in diesem Gespräch werden die Gangster nach ihren Plänen und die Geiseln nach ihrem Befinden gefragt. Außerdem geht es um die im Autobefindliche Handgranate. Konkret heißt es in dem veröffentlichten Interview: »Haben Sie an der Handgranate den Stift schon gezogen?«. Eine Journalistin sieht in beiden Veröffentlichungen Verstöße gegen Ziffer 11 des Pressekodex und Richtlinie 11.5. Danach darf es Interviews mit Tätern während des Tatgeschehens nicht geben: Die Chefredaktion des ersten Boulevardblattes erläutert, dass der Mitarbeiter, der das Telefoninterview geführt hat, nicht gewusst habe, dass die Geisel-Gangster zwischenzeitlich das Fahrzeug eines Kameramannes des TV-Privatsenders gekapert hatten. Es sei nachvollziehbar, dass der Redakteur den Hörer nicht aufgelegt, sondern die in der Zeitung veröffentlichten vier Fragen gestellt habe. Es sei also ein zufälliges Gespräch gewesen, auf das allerdings in dem Moment des Geschehens kein Journalist verzichtet hätte. Die zweite Boulevardzeitung verweist darauf, dass dieser spektakuläre Fall in sämtlichen Medien ausführlich besprochen worden sei. Über eine Nachrichtenagentur sei die Redaktion davon unterrichtet worden, dass der private Fernsehsender einen der Verbrecher über Autotelefon im Fluchtwageninterviewte. Das Interview sei in der Agenturmeldung in Auszügen wiedergegeben worden. Auch die Pressestelle des Senders habe sämtliche Redaktionen unter gleichem Datum über das Interview unterrichtet. Der Sender selbst habe das Interview erstmals in die Öffentlichkeit gebracht. Die Zeitung reklamiert das Recht zum Abdruck dieses Interviews unter Verweis auf die Chronistenpflicht der Presse. Denn nach der öffentlichen Bekanntmachung habe keine Veranlassung mehr bestanden, nicht darüber zu berichten, dass ein solches Gespräch zwischen dem TV-Sender und den Verbrechern stattgefunden habe. Die Zeitung erwähnt schließlich, dass sie das Interview an einigen Stellen bewusst gekürzt habe. Die Kürzung sei erfolgt, um eine Heroisierung der Verbrecher zu vermeiden. (1994)
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»Heute würde Stauffenberg als extremer Nazi gelten. Stauffenberg war nicht nur ein Rechtsradikaler, sondern auch feige«, lautet eine Passage in einem Leserbrief in einer Tageszeitung. Der Autor äußert seine Überraschung darüber, dass Claus Schenk Graf von Stauffenberg als Held dargestellt wird. Er sei nicht Manns genug gewesen, den Führer mit seiner Dienstpistole zu erschießen. Stattdessen habe er eine Bombe unter den Tisch gelegt, an der vier Unschuldige gestorben seien. Stauffenberg habe das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 und Österreich weiter bestehen lassen wollen. Ein Leser des Blattes hält die zitierte Passage für ehrkränkend. In einer Beschwerde beim Deutschen Presserat schreibt er, ihm erscheine unschlüssig, dass jemand als Nazi gekennzeichnet werden dürfe, der erkennbar in konspirativer Weise dieselben bekämpfte. Die Chefredaktion verweist auf ihre außerordentlich umfangreiche Berichterstattung anlässlich des 50. Jahrestages des Attentats auf Adolf Hitler. Diese sei insgesamt nicht als Heldenverehrung gedacht oder als solche miss zu verstehen gewesen, sondern habe sich um eine umfassende sachliche historische Darstellung bemüht. In diesem Kontext sei der Leserbrief zu sehen. Die Redaktion sei sich durchaus im klaren gewesen, dass dieser Leserbrief eine nicht alltägliche und stark vom Allgemeinempfinden abweichende Meinung artikuliere. Insgesamt sei der Brief als ein Beitrag zur Ausgewogenheit zu betrachten, der nach Ansicht der Redaktion nicht die Absicht verfolge, einen Dritten herabzusetzen. Die Chance, in einem Leserbrief eine Gegenposition zu artikulieren, habe der Beschwerdeführer nicht genutzt. (1994)
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Eine Bürgerinitiative beschwert sich beim Deutschen Presserat über drei Beiträge in einer Sonntagszeitung, die darin gezielt Falschmeldungen verbreite. Der erste Artikel berichtet über einen prominenten Kritiker des geplanten Endlagers für Atommüll in Gorleben. Wenige Monate zuvor habe der Grundstückseigentümer dem Bauherrn des Endlagers das Recht auf Nutzung seines Landes gestattet. Nach Unterzeichnung des entsprechenden Vertrages habe er jedoch seine Taktik geändert, indem er Rechtsmittel gegen die Bauerlaubnis einlegte: Die Beschwerdeführer kritisieren an dieser Darstellung, dass sie faktisch falsche Behauptungen erhebe, um den Atomkraftgegner als einen abgefeimten Spekulanten erscheinen zu lassen. Ein zweiter Bericht schildert Demonstrationen aus Anlass des geplanten Transports abgebrannter Brennstäbe nach Gorleben. Auf den Zufahrtswegen zum Zwischenlager hätten Demonstranten schwere Straftaten begangen. Sie seien teilweise vermummt und mit Eisenstangen bewaffnet gewesen. Einige von ihnen hätten Schwellen eines' Bahngleises, von dem aus der Castor-Behälter auf einen Lastwagen umgeladen werden sollte, zersägt. Die Bürgerinitiative bestreitet den Wahrheitsgehalt dieser Darstellung. Weder das zuständige Innenministerium noch die Polizeieinsatzleitung bei der zuständigen Bezirksregierung habe entsprechende Erkenntnisse. In einem dritten Beitrag behauptet die Zeitung, der ehemalige hessische Umweltminister habe gegen die Einlagerung von Atommüll aus dem Kernkraftwerk Biblis in das Zwischenlager Gorleben nichts einzuwenden. Die Zeitung beruft sich auf vertrauliche Briefwechsel zwischen ihm und seiner Kollegin in Niedersachsen. Die Beschwerdeführer reichen dazu einen Bericht in einer anderen Tageszeitung ein, demzufolge das hessische Umweltministerium die Behauptungen als »frei erfunden« bezeichnet hat. Zum Vorwurf, einen Atomkraftgegner als Spekulanten dargestellt zu haben, erklärt die Zeitung, das Verschweigen des Vertrages und das gleichzeitige widersprüchliche Verhalten im Hinblick auf den Vertrag seien zu Recht Grund genug für eine Berichterstattung gewesen. Die Mitteilung von »vermummten und bewaffneten Demonstranten« beruhe auf vertraulichen Informationen aus dem Innenministerium: Die Redaktion habe in ihrem Bericht auf den Widerspruch zwischen der offiziellen Aussage und den tatsächlich bekannten Fakten hingewiesen. Der Briefwechsel zwischen den beiden Umweltministern sei durch einen Leserbrief der Pressesprecherin eines der beiden Ministerien im Kern bestätigt worden. (1994/95)
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