Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6869 Entscheidungen

Drastische Überschrift nach Hamas-Massaker ist nicht zu sensationell

Vier Tage nach dem Hamas-Überfall auf Israel vom 7. Oktober 2023 schildert eine Boulevardzeitung grausame Details des Massakers. Als Aufmacher auf der Titelseite erscheint dazu die große Schlagzeile „Sie schnitten Babys die Köpfe ab!" Der Presserat erhält hierzu vier Beschwerden wegen mutmaßlicher Verstöße gegen die Pressekodex-Ziffern 4 („Grenzen der Recherche“) und 11 („Sensationsberichterstattung, Jugendschutz“). In der Vorprüfung beschränkt der Presserat das Verfahren auf Ziffer 11, da im Übrigen keine Verstöße ersichtlich waren. Zu diesem Punkt heißt es in den Beschwerden, dass die Überschrift gegen den Kinder- und Jugendschutz verstoße. Der Titel erschüttere das Vertrauen von Kindern in die Menschlichkeit und Sicherheit so stark, dass sie in Angst, Verunsicherung, Schrecken und Verstörung versetzt würden. Eine Beschwerdeführerin habe selbst erlebt, wie schockiert Schulkinder auf die überdimensionale Schlagzeile reagiert hätten. Und da die Zeitung überall ausliege, könne man kaum verhindern, „diesen schrecklichen, widerlichen Satz zu lesen“. Zudem kritisieren die Beschwerdeführenden teilweise eine Sensationsberichterstattung. Die Arbeit mit derartigen Emotionen und Widerwärtigkeiten als Erheischen von Aufmerksamkeit sei (ungeachtet des Wahrheitsgehalts) jenseits ethischer Grundsätze, die in der Gesellschaft verankert und geachtet werden sollten. Die Chefredaktion erwidert, dass der Hamas-Terror vom 7. Oktober in seiner besonderen Brutalität auf das Tiefste verstörend sei und wohl alles bisher Erlebte und Gesehene an Abgründigkeit übertroffen habe.

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Psychische Erkrankung eines Politikers durfte erwähnt werden

Eine Tageszeitung berichtet wiederholt über Ermittlungen gegen einen namentlich genannten AfD-Landtagsabgeordneten. Im ersten Artikel wird ein Gerücht aufgegriffen, wonach es bei ihm eine Hausdurchsuchung gegeben habe. Die Redaktion habe den Politiker dazu befragen wollen. Der aber habe das Telefonat nach ersten Auskünften abgebrochen und die Zeitung an seine Anwältin verwiesen. Später habe sein persönlicher Referent bei der Redaktion angerufen und betont, der Politiker sei krankgeschrieben und aktuell nicht in der Verfassung, Auskünfte zu geben. Er habe darum gebeten, aus Rücksicht darauf nichts zu publizieren. Nach der Schilderung dieser Telefonate berichtet die Zeitung darüber, was die Behörden zu dem Vorgang sagen. Demnach hatte die Polizei tatsächlich „auf gefahrenabwehrrechtlicher Grundlage eine Hausdurchsuchung durchgeführt und Gegenstände beschlagnahmt“. Am Folgetag berichtet die Zeitung, dass sich der Abgeordnete laut Recherchen einer Boulevardzeitung in einem psychiatrischen Krankenhaus befinde. Angeblich habe er Gäste in einer Shisha-Bar mit einer Softair-Pistole bedroht. Daraufhin sei die Polizei angerückt und habe den Abgeordneten in die Klinik eingeliefert, da er bereits bei anderer Gelegenheit „ausfällig geworden sein soll". Infolge der Einweisung solle die Polizei zu seinem Wohnhaus geschickt worden sein, um dort die Waffen des Jägers sicherzustellen. Beschwerdeführer ist ein Vertreter der AfD-Landtagsfraktion. Er sieht den Persönlichkeitsschutz und die Ehre des Politikers verletzt. Die Zeitung habe wiederholt über einen psychisch Kranken berichtet. Sie erwecke den Eindruck, als ob die „Taten" des Abgeordneten nicht ursächlich auf die Erkrankung zurückzuführen seien, und habe damit ein verheerendes Bild von Fraktion und Landespartei konstruiert. Der Chefredakteur weist die Vorwürfe zurück. Es handele sich nicht um eine unangemessene oder gar reißerische und ehrabschneidende Darstellung.

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Trotz Augenbalken erkennbar

Nach der Tötung eines zehnjährigen Mädchens in einem bayerischen Kinderheim berichtet eine Boulevardzeitung online, dass einer der beiden Tatverdächtigen, ein elfjähriger Heim-Mitbewohner, schon vorher zu Gewalt geneigt habe. Er sei damals in einem Bezirkskrankenhaus untergebracht gewesen und solle dort einen anderen Patienten gewürgt haben. Das Krankenhaus habe vergeblich davor gewarnt, den auffälligen Jungen in das dafür nicht geeignete Kinderheim in Wunsiedel zu verlegen. Dort soll es dann zur Tötung des Mädchens durch den Jungen und durch einen 25-jährigen Ex-Heimbewohner gekommen sein. Nach Informationen der Zeitung soll sich der Elfjährige jetzt wieder im Bezirkskrankenhaus befinden. Der 25-Jährige wird von der Zeitung mit einem Porträtfoto gezeigt. Dabei wird nur die Augenpartie mit einem schwarzen Balken verdeckt. Der Beschwerdeführer kritisiert die Aussage über den mutmaßlichen Aufenthaltsort des Elfjährigen (Bezirkskrankenhaus). Dadurch könne der Junge identifiziert werden. Die Zeitung habe die nötige Sorgfalt zum Schutz seiner Identität auch dadurch verletzt, indem sie Details zu seinen psychischen Auffälligkeiten berichtet habe. In der Vorprüfung des Falles erweitert der Presserat die Beschwerde auf das Foto des 25-Jährigen. Die Zeitung bestätigt zwar, dass das Alter des Jungen von der Presse Zurückhaltung erfordere.

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Beschwerde gegen Video-Vorschaubild zurückgewiesen

Eine überregionale Tageszeitung berichtet online über Demonstrationen in vielen ostdeutschen Städten gegen die Energie-, die Russland- und die Anti-Corona-Politik der Bundesregierung. Dem Artikel ist ein Video beigefügt, in dem vor allem das Geschehen in einer der Städte dargestellt wird. Hier gab es auch eine Gegendemonstration. Sie habe unter dem Motto „Spuk auf rechts" gestanden. Viele Gegendemonstranten hätten Halloween-Kostüme getragen, heißt es in dem Filmbeitrag weiter. Das Vorschaltbild des Videos zeigt im Vordergrund einen Mann mit einer Totenkopfmaske mit Ziegenhörnern; im Hintergrund laufen Demonstranten. In der längeren Bildunterschrift werden nur die regierungskritischen Demonstrationen erwähnt, nicht aber die Gegenaktionen. Nach Ansicht des Beschwerdeführers führt das Vorschaubild zu dem völlig falschen Eindruck, dass es sich bei dem okkult-verschwörerisch und aggressiv wirkenden Ziegenmasken-Mann um einen der eigentlich bürgerlich-friedlichen Demonstranten handele. Nur im Video erfahre man, dass diese satanisch anmutende Person wohl ein linker Gegendemonstrant sei. Der Textbeitrag weise auf diesen Kontext nicht hin; von Gegendemonstrationen sei überhaupt nur ganz kurz an einer Stelle die Rede. Die Redaktion hätte das Foto für den Leser wahrheitsgetreu und unmissverständlich einordnen müssen und ihn nicht im Unklaren darüber lassen dürfen, welche der erwähnten Personengruppen dahinterstecke. Der Chefredakteur entgegnet, dass das Vorschaubild authentisch von der im Video gezeigten und im Sprechertext benannten „Spuk“-Situation handele und kein Symbolfoto sei. Alles weitere, was der Beschwerdeführer anführe, sei verschwörungstheoretischer Natur.

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Begriff „Drittes Reich“ auch ohne Anführungsstriche zulässig

Eine überregionale Tageszeitung berichtet über die NSDAP-Mitgliedschaft des ersten ZDF-Intendanten und verwendet dafür die Überschrift „Karl Holzamer und das Dritte Reich“. Der Beschwerdeführer kritisiert die ohne Anführungszeichen verwendete Bezeichnung „Drittes Reich“ für die Zeit der Nazi-Diktatur. Bei dem Begriff handele es sich um NS-Terminologie, die eine verharmlosende Wirkung habe und daher vermieden werden sollte. Die Zeitung sieht in der Verwendung des Begriffes ohne Anführungszeichen zwar keinen Verstoß gegen den Pressekodex, hält ihn aber tatsächlich für problematisch.

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Artikel über Messerangriff ist weder falsch noch unangemessen oder vorverurteilend

Kommentar vermittelt falsche Informationen zur Lage der Bauern

Foto der mumifizierten Leiche eines toten Bergsteigers war unangemessen

Missbrauch detailliert geschildert

Fotos von Todesopfer auch nach Suchaktion noch veröffentlicht