Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.
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6738 Entscheidungen
Eine Boulevardzeitung berichtet online über ein Verfahren wegen schweren Kindesmissbrauchs. Überschrift: „Im Zoo missbrauchten die Monster ein behindertes Kind“. Zwei Männer hätten gemeinsam mehrere Kinder missbraucht und sich darüber in einem Chat ausgetauscht. Einer der beiden, Sönke G. aus Berlin, sei mittlerweile zu 12 Jahren Haft verurteilt worden. Er habe 26 Jungen, darunter ein Baby, missbraucht. Der zweite Mann sei derzeit in U-Haft. Er steht im Verdacht, 18 Kinder missbraucht zu haben. Die Zeitung veröffentlicht Fotos der beiden Männer. Ein Leser der Zeitung wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Die abgebildeten Personen seien keine Verurteilten, sondern Verdächtige. Sollten die Männer unschuldig sein, seien sie durch die Berichterstattung für den Rest ihres Lebens vernichtet. Die Rechtsvertretung der Zeitung weist die Beschwerde als unbegründet zurück. Den Leserinnen und Lesern werde durch Formulierungen im Konjunktiv mehrfach deutlich vor Augen geführt, dass es sich um mutmaßliche Täter und nicht um verurteilte Straftäter handele. Die Zeitung beruft sich auf Ziffer 8, Richtlinie 8.1, des Pressekodex (Schutz der Persönlichkeit/Kriminalberichterstattung). Danach können identifizierende Fotos von Tatverdächtigen veröffentlicht werden, wenn das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit im Einzelfall die schutzwürdigen Interessen von Betroffenen überwiegt. Dabei falle die Abwägung jedenfalls dann zugunsten des öffentlichen Interesses aus, wenn etwa eine außergewöhnlich schwere oder in ihrer Art und Dimension besondere Straftat vorliege und wenn die schwere Tat in aller Öffentlichkeit geschehen sei. Beides sei hier der Fall. Die Rechtsvertretung des Verlages weist auch den Vorwurf des Beschwerdeführers zurück, die Zeitung habe gegen das Gebot der Unschuldsvermutung nach Ziffer 13 des Kodex verstoßen.
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„Wie ARD und ZDF unsere Kinder indoktrinieren“ – so überschreibt eine überregionale Tageszeitung online einen Beitrag. Fünf Gastautoren, Biologen und Mediziner, haben Beiträge des öffentlich-rechtlichen Rundfunks analysiert. Ihr Vorwurf: ARD, ZDF und Co. verfolgten eine „bedrohliche Agenda“. Die Wissenschaftler – so die Zeitung – wollten der „Vielgeschlechtlichkeit“ auf die Spur kommen. Sie wollten herausfinden, ob es stimme, dass in Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks die bestätigte wissenschaftliche Erkenntnis der Zweigeschlechtlichkeit infrage gestellt werde. Was sie in den Sendungen sähen, sei kein Journalismus. In den Sendungen sei durchgängig die Tatsache geleugnet worden, dass es nur zwei Geschlechter gebe. Die Zeitung weiter: „Wir fragten uns: Wie kann das sein? Warum bleiben biologische Fakten unberücksichtigt? Warum werden Kinder auf Kanälen, welche die wenigsten Eltern überhaupt auf dem Radar haben dürften, indoktriniert und – anstelle einer altersgerechten Sexualaufklärung – aufdringlich sexualisiert?“ Acht Leserinnen und Leser beschweren sich über den Beitrag. Sie kritisieren unter anderem falsche wissenschaftliche Aussagen, die als Fakten dargestellt würden und Diskriminierungen. Bildung und Aufklärung würden als Indoktrination und Sexualisierung dargestellt. Es sei wissenschaftlich bewiesen, dass es Intersexualität gebe. Allein dieser Fakt weise darauf hin, dass die Aussage zur bestätigten wissenschaftlichen Zweigeschlechtlichkeit falsch sei. Menschen, die sich nicht männlich oder weiblich sähen, würden in dem Artikel diskriminiert. Der Chefredakteur der Online-Version der Zeitung übermittelt die Stellungnahme des zuständigen Redakteurs, der die Beschwerde in fünf Punkte strukturiert und die Vorwürfe zurückweist.
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Gedruckt und online veröffentlicht eine Boulevardzeitung einen Beitrag unter der Überschrift „Hier kommt Florian Heißeisen“. Darin geht es um den Moderator und Sänger Florian Silbereisen und seiner Leidenschaft für Motorräder. Die Zeitung schreibt, Silbereisen fahre eine Harley-Davidson Sportster S. In der Printausgabe wird ein Infokasten mit Preisangabe zu diesem Modell veröffentlicht. Zudem enthalten die Berichte Fotos, auf denen Silbereisen eine Motorradjacke mit der großen Aufschrift „Harley-Davidson“ trägt. Ein Leser der Zeitung sieht in den Beiträgen Schleichwerbung für den Motorradhersteller. Die Rechtsabteilung des Verlages übersendet eine Stellungnahme der Redaktion. Diese teilt mit, dass man den Motorrad-Typ quasi als Leserservice für Motorradfans genannt habe. Zahlreiche Leser wollen immer wieder genau wissen, um welches Produkt es sich jeweils handele, wo man es kaufen könne etc. Die Zeitung habe keinerlei Vorteile davon, die Marke zu nennen und werde auch nicht von der Firma bezahlt. Die Rechtsabteilung vertritt die Ansicht, die Grenze zwischen einem Beitrag von Leserinteresse und Schleichwerbung werde nicht überschritten. In der Berichterstattung würden lediglich die Essentials des Motorrads kurz und knapp genannt. Dabei fehlten jegliche werbliche Sprache oder typische PR-Beschreibungen.
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Eine regionale Boulevardzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter dem Titel „Dieses beliebte Sommerziel wird jetzt ab Hamburg angeflogen“. Der Artikel informiert über ein neues Angebot der Airline Eurowings, die künftig ab Mai jeden Samstag und ab Juni zusätzlich jeden Dienstag von Hamburg nach Alicante fliege. Ein Mitarbeiter des Hamburger Flughafens kommt im Bericht zu Wort und äußert sich positiv zu der neuen Verbindung bzw. zu dem Reiseziel Alicante. Am Ende des Beitrages teilt die Redaktion die Ticketkosten mit. Ein Leser der Zeitung wendet sich mit dem Vorwurf der Schleichwerbung an den Presserat. Der Chefredakteur der Zeitung betont in seiner Stellungnahme, dass an Nachrichten über neue Flugverbindungen bei der Leserschaft erfahrungsgemäß ein großes Interesse besteht. Deshalb habe man über die Neueinführung einer Verbindung von Hamburg nach Alicante berichtet. Die Veröffentlichung sei weder bezahlt worden noch handele es sich dabei um Werbung.
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Helene Fischer hat ein Kind namens Nala bekommen. Eine Boulevardzeitung berichtet mit zahlreichen Fotos über einen Ausflug der beiden auf dem Münchner Viktualienmarkt. Auf einem der Fotos sieht man die Sängerin einen Kinderwagen schieben. Die Zeitung spricht von einem „Kinderwagen voller Glück“. Sie nennt den Typ des Gefährts und seinen Preis. Die Rede ist vom „höchstem Fahrkomfort“ und „leichter Bedienung mit einer Hand“. Auf einem anderen Foto ist ein Baby-Kleid abgebildet, das Helene Fischer ihrer Tochter angezogen hat. Auch hier werden Hersteller und Preis genannt. Ein Leser der Zeitung sieht in dem Beitrag die erforderliche Trennung von redaktionellem Text und Werbung nicht gewährleistet. Er kritisiert die Nennung des Herstellers und des Preises des Kinderwagens. Die Rechtsvertretung der Zeitung hält die Berichterstattung in der gewählten Form für zulässig. Die Redaktion habe entsprechend dem begründeten Interesse der Öffentlichkeit Einzelheiten und Preise genannt, quasi als Leserservice für junge Mütter.
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Eine Programm-Zeitschrift berichtet unter der Überschrift „Was tun bei chronischer Erschöpfung?“ über das Fatigue-Syndrom und mögliche Gegenmaßnahmen. Im Beitrag ist dieser Satz enthalten: „Betroffene haben häufig insbesondere ein Defizit an Vitamin D und Eisen, vielfach fehlt auch Magnesium. Steter Stress lässt den Vitamin-B12-Pegel sinken. Hochdosierte Präparate füllen die körpereigenen Speicher gezielt auf.“ Neben dem Artikel auf gleicher Seite steht eine Anzeige für ein hochdosiertes Vitamin-B-12-Produkt. Ein Leser der Zeitschrift sieht in der räumlichen Nähe von Text und Anzeige einen Fall von Schleichwerbung. Zusätzlich sei das beworbene Mittel um Faktor 250 überhöht hinsichtlich der Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Die Rechtsabteilung des Verlages nimmt zu der Beschwerde Stellung. Der Beschwerdeführer kritisiere den Inhalt der Anzeige (Überdosierung), auf den die Redaktion jedoch keinen Einfluss habe. Den Vorwurf der Schleichwerbung weist der Verlag zurück. Der monierte Artikel sei ein redaktioneller Beitrag, der unabhängig und ohne jegliche Gegenleistung oder Absprache erstellt worden sei.
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„300 Haushalte surfen schneller“ – so überschreibt eine Regionalzeitung einen Bericht, in dem es um den Ausbau des Glasfasernetzes in einem Ort des Verbreitungsgebietes durch die Telekom geht. Ein Unternehmenssprecher kommt zu Wort. Er äußert sich positiv über das Angebot. Am Ende des Beitrages werden eine Webadresse und Telefonnummern genannt, unter denen weiter Informationen zu bekommen sind. Ein Leser der Zeitung sieht in der Veröffentlichung eine Schleichwerbung für das Angebot der Telekom. Auf zwei Mitbewerber (Deutsche Giganetz und Vodafone) werde nicht hingewiesen. Der Redaktionsleiter teilt mit, dass es sich bei der Veröffentlichung um den Abdruck einer Pressemitteilung handele. Schnelles Internet sei in der Region immer ein großes Thema. Deshalb berichte seine Zeitung – so der Redaktionsleiter weiter – regelmäßig über Unternehmen, die tätig werden, sei es über die Deutsche Glasfaser, die Deutsche Giganetz und auch die Telekom. Der Redaktionsleiter räumt ein, dass zumindest der letzte Absatz nicht ins Blatt gehöre. Für die Leserschaft sei es leicht, diese Informationen selbst herauszufinden. Er weist allerdings den Vorwurf zurück, die Meldung entfalte einen Werbeeffekt für die genannten Unternehmen.
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Eine Fachzeitschrift berichtet unter der Überschrift „365 Tage Saison“ über unterschiedliche Heizkonzepte auf Segelyachten. Dabei werden mehrere Produkte vorgestellt und bewertet. Ein Leser der Zeitschrift wirft dieser vor, besonders gut kämen in der Berichterstattung Produkte weg, die der Autor in seinem Laden verkaufe. Der Geschäftsführer der Zeitschrift teilt mit, in dem Artikel sei es um die verschiedenen Möglichkeiten gegangen, eine Yacht zu heizen. Es sei eine ausschließlich technische Beschreibung der Anwendungsmöglichkeiten, des Betriebs und der Installation. Eine wie immer geartete Bewertung sei nicht enthalten. Der Autor des Beitrages sei nicht nur Autor dieser Zeitschrift, sondern auch in anderen medialen Bereichen tätig. Selbstverständlich könne er zwischen dem Geschäft und redaktioneller Tätigkeit unterscheiden, die er sauber trenne. Der Geschäftsführer des Verlags weist darauf hin, dass der Autor bislang 22 Artikel für die Zeitschrift geschrieben habe. In keinem Fall habe es eine wie auch immer geartete Beanstandung gegeben. Einzige Ausnahme: Die des Beschwerdeführers.
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Eine Regionalzeitung veröffentlicht ein Interview mit dem Inhaber einer kleinen lokalen IT-Firma. Überschrift: „In anderthalb Stunden 10.000 Euro abgeräumt“. Thema sind verschiedene Formen der Cyberkriminalität. Der Interviewte schildert, wie seine Firma ihren Kunden hilft. Dabei stellt er die angebotenen Dienstleistungen ausführlich vor. Ein Leser der Zeitung vermutet Schleichwerbung und wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Der Chefredakteur der Zeitung weist den Vorwurf zurück. Nach seiner Wertung wird im Bericht die Grenze zur Schleichwerbung nicht überschritten. Für das Thema bestehe ein begründetes öffentliches Interesse angesichts der Zunahme von Betrugsversuchen und der großen Zahl von Bürgern mit Computerproblemen. Bewusst habe der Autor die Form des Interviews gewählt, weil es ihm eben nicht darum ging, PR für eine Firma zu machen, sondern einem Fachmann die Fragen der Bürger zu stellen. Das dabei auch nach Preisen gefragt werde, sei keine Schleichwerbung für das Geschäft, sondern eine der wichtigsten Fragen für Menschen, die mit ihrem Geld haushalten müssen.
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Unter der Überschrift „Die Sehnsucht nach Liebe war ihr Tod“ berichtet eine Boulevardzeitung über das Tötungsdelikt an einer Frau. Diese war von ihrem Ex-Freund in einem Supermarkt erschossen worden. Sie habe die Beziehung schon seit längerem beendet, doch habe ihr der Mann aufgelauert. Noch am Abend zuvor habe sie den Notruf gewählt, weil ihr Ex-Freund sie in ihrer Wohnung offenbar bedroht habe. Die Frau – eine Deutschrussin – habe den Mann wegen Körperverletzung, Nötigung und Nachstellung angezeigt. Die Redaktion berichtet über Details aus dem Leben der Frau und zeigt ein unverpixeltes Porträtfoto des Opfers mit dem Quellenhinweis „privat“. Ein weiteres Foto zeigt das Wohnhaus der Frau ohne Angabe der genauen Adresse. Im Artikel wird jedoch ihr Wohnort genannt. Zwei Beschwerdeführerinnen kritisieren die Berichterstattung. Die Überschrift „Die Sehnsucht nach Liebe war ihr Tod“ sei irreführend. Die Frau werde so dargestellt, als ob ihre Sehnsucht nach Liebe die Tat rechtfertigen oder zumindest erklären würde. Es gebe keinen entsprechenden Zusammenhang, zumal die Frau tot sei und nichts mehr dazu sagen könne. Der Vorsitzende des Beschwerdeausschusses sieht zunächst in der Schlagzeile eine zulässige Interpretation durch die Redaktion, da diese sich auf einen wahren Kern, nämlich die Partnersuche durch das Opfer, beziehe. Deshalb wird die Beschwerde auf Ziffer 8 (Persönlichkeitsrechte) beschränkt. Dabei geht es um die Frage, ob Angehörige der Veröffentlichung des Porträtfotos zugestimmt haben, bzw. ob die Abbildung des Wohnhauses der Frau presseethisch in Ordnung war. Die Redaktion nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.
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