Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6738 Entscheidungen

Die Leser schwerwiegend in die Irre geführt

„Jan Josef Liefers und Anna Loos. Traurige Trennung! Jetzt wird alles anders“ – so überschreibt eine Frauenzeitschrift einen Bericht über das Ende der Ehe des Schauspielerehepaares. Nach zahlreichen Schlagzeilen um ihre Ehe kehre – so die Zeitschrift - keine Ruhe ein. Jetzt sorge Tochter Lilly für Aufregung. Sie habe ihr Abitur bestanden und werde das Elternhaus bald verlassen. Die Redaktion befasst sich dann mit Lillys Plänen und dem sogenannten „Leere-Nest-Syndrom“: Wenn Kinder das Elternhaus verließen, würden besonders viele Ehen geschieden. Ein Leser kritisiert, dass die Schlagzeile die Trennung der Eheleute Liefers und Loos suggeriere. Davon sei im eigentlichen Artikel jedoch nicht die Rede. Der Beschwerdeführer äußert die Vermutung, dass es der Redaktion nur um möglichst hohe Klick-Zahlen gegangen sei. Das Justiziariat des Verlages stellt fest, die Überschrift müsse im Kontext des Artikels gelesen werden. Der Begriff „Trennung“ sei auslegungsoffen und daher als zulässige Meinungsäußerung zu sehen. Der Begriff beziehe sich auf die vermutlich bald anstehende Trennung der Eheleute Liefers-Loos von der gemeinsamen Tochter Lilly.

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Einen „Trans-Mann“ ins Koma geprügelt

Eine Boulevardzeitung berichtet gedruckt und online über den Christopher-Street-Day in Münster, bei dem ein Teilnehmer getötet worden war. In der gedruckten Ausgabe lautet die Überschrift „Trans-Mann Malte (25) totgeschlagen, als er Frauen helfen wollte: Hier läuft der Boxer zum Richter“. Online lautet die Überschrift: „Homophober CSD-Killer in U-Haft: Nuradi A. hätte Deutschland längst verlassen müssen“. Im Text wird erwähnt, dass Nuradi russischer Staatsbürger und abgelehnter Asylbewerber sei. Er dürfe gar nicht mehr in Deutschland sein. Er solle beim Christopher-Street-Day in Münster den „Tans-Mann“ Malte C. ins Koma geprügelt haben. Das Opfer sei in einer Klinik gestorben. Der Vater des Verdächtigen lebe nach Informationen der Redaktion in Tschetschenien, wo Homosexuelle seit vielen Jahren drangsaliert und sogar umgebracht würden. Nuradi A. sei inzwischen in U-Haft. Er sei mehrfach vorbestraft. Die Ausländerbehörde hatte seinen Aufenthaltstitel aufgrund des Krieges um ein Jahr verlängert, da es derzeit ein Abschiebeverbot nach Russland gebe. Die Redaktion zeigt ein Foto des Verdächtigen, wie er von der Polizei ins Amtsgericht geführt wird. Sein Gesicht ist mit einem Augenbalken versehen. Das Foto des Opfers kurz vor der Attacke auf dem Christopfer-Street-Day ist hingegen unverpixelt. Der Beschwerdeführer sieht in der Berichterstattung Verstöße gegen die Ziffern 8, Richtlinie 8.1, und 11 des Pressekodex (Schutz der Persönlichkeit bzw. Kriminalberichterstattung). Die Staatsangehörigkeit und der Asylstatus des Tatverdächtigen stünden in keiner direkten Verbindung zur Tat. Der Beschwerdeausschuss bittet die Redaktion um Auskunft, ob die identifizierende Abbildung des Opfers mit dessen Angehörigen abgesprochen war. Die Redaktion nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.

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Redaktion: Opferfoto gehört zur „Geschichte“

Eine Boulevardzeitung berichtet online über den Prozess gegen einen Mann, der seine Lebensgefährtin mit acht Messerstichen getötet haben soll. Die Anklage laute auf heimtückischen Mord. Die Staatsanwaltschaft gehe davon aus, dass der aus Eriträa stammende Angeklagte möglicherweise wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung durchgedreht sei. Eventuell sei er nicht in vollem Umfang schuldfähig. Die Überschrift lautet: „Plötzlich rammte Merhawi (35) ihr das Messer in den Hals“. Aufgemacht ist der Artikel mit einem Familienfoto des späteren Opfers (identifizierbar), des mutmaßlichen Täters (mit Augenbalken) und der einjährigen Tochter (verpixelt). Ein Leser wirft der Redaktion vor, sie zeige das Gesicht des Opfers ohne Anonymisierung. Weder hätten die Angehörigen dieser Art der Berichterstattung zugestimmt noch handele es sich bei dem Opfer um eine Person des öffentlichen Lebens. Als Quelle des Fotos gibt die Redaktion den Begriff „Foto: Repro“ an. Dies ist häufig ein Hinweis darauf, dass der Fotograf ein von Trauernden in der Öffentlichkeit aufgestelltes Foto abfotografiert habe. Das Aufstellen des Fotos, auch wenn es an einem öffentlichen Ort geschehe, sei nicht für die Medienöffentlichkeit bestimmt. Die Überschrift verletze zudem das Gebot der Unschuldsvermutung. Der Presserat erweitert die Beschwerde auf Ziffer 8, Richtlinie 8.1, des Pressekodex (Kriminalberichterstattung). Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, dass kein Einverständnis der Angehörigen zur Bildveröffentlichung vorgelegen habe. Die Redaktion sehe den Fall presseethisch anders als der Beschwerdeführer. Das Bild eines Mordopfers gehöre immer „zur Geschichte“.

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Eine nackte Frau sorgt für Wirbel

„Nackte Frau rennt durch Singener Innenstadt: Das steckt dahinter“ - so überschreibt eine Regionalzeitung ihren Bericht über ein ungewöhnliches Ereignis. Eine nackte Frau sei durch die Innenstadt gerannt und dabei von Passanten gefilmt worden. Drei Standbilder aus diesen Videos sind im Artikel enthalten. Eine Polizeisprecherin wird in dem Beitrag mit den Worten zitiert, dass die Frau sich in einem psychischen Ausnahmezustand befunden habe und in eine Fachklinik gebracht worden sei. Der Beschwerdeführer sieht in der Berichterstattung – vor allem durch die Veröffentlichung der Fotos – eine unangemessen sensationelle Darstellung einer psychisch kranken Person und einen Eingriff in deren Intimsphäre. Ein Mitglied der Chefredaktion nimmt Stellung. Angesichts wilder Spekulationen und zum Teil hämischer Kommentare im Internet habe es die Redaktion für erforderlich gehalten, die Öffentlichkeit über die Hintergründe aufzuklären. Bei der Berichterstattung habe man den Sachverhalt verantwortungsvoll und zurückhaltend aufgegriffen und sachlich-nüchtern berichtet. Da der Vorfall bereits zum Stadtgespräch geworden sei, habe es die Redaktion für richtig gehalten, auch Bildmaterial zu zeigen. Die Menschenwürde der betroffenen Frau werde durch den Bericht gewahrt. Sie sei in den veröffentlichten Bildern verpixelt und allenfalls schemenhaft abgebildet worden. Sie sei in keiner Weise identifizierbar.

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„Bildauswahl plakativ und sexistisch“

Eine Regionalzeitung berichtet unter der Überschrift „Unbekannter vergewaltigt Prostituierte im Auto“ über einen Freier, der sich als Vergewaltiger entpuppte. Die Polizei suche nach Zeugen. Zum Beitrag gestellt ist ein als solches gekennzeichnetes Symbolbild. Darauf „blickt“ die Kamera in einen Autorückspiegel, auf dem eine Frau in Korsage und Hotpants zu sehen ist. Ihr Hinterteil ist genau in der Bildmitte postiert. Kopf, Schultern und Beine sind nicht zu sehen. Eine Leserin kritisiert die Berichterstattung und sieht in ihr einen presseethischen Verstoß. Der Presserat befasst sich mit dem Fall im Hinblick auf den Sexismus-Vorwurf durch die Beschwerdeführerin. Der zufolge sei die Redaktion bei der Bildauswahl plakativ und sexistisch vorgegangen. Der Konzernbereich Recht nimmt zu der Beschwerde Stellung. Sowohl der Beitrag als auch seine Bebilderung seien presseethisch nicht zu beanstanden. Aufgrund des Zusammenhangs mit der Tat (sie sei in Ausübung bzw. in Anbahnung der Ausübung der Tätigkeit als Prostituierte geschehen) sei von der Redaktion ein entsprechendes Symbolbild für das Thema „Prostitution“ verwendet worden. Diese Entscheidung sei durch den Kodex gedeckt.

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„Großer Fehler und glatte Fehlbesetzung“

„Dicke Luft in der Autostadt Wolfsburg“ - so überschreibt eine Regionalzeitung einen Artikel, in dem es um einen zwischen den drei Geschäftsführern des Freizeitparks „Autostadt Wolfsburg“ schwelenden Streit geht. Laut Zeitung werde über die Abberufung der Frau im Dreiergremium diskutiert. Die Zeitung berichtet von Äußerungen von Insidern, wonach die Berufung der Frau „ein großer Fehler und eine glatte Fehlbesetzung“ gewesen sei. Die Insider sprechen der Frau die Fähigkeiten für ihr Amt ab, das sie wohl nur ihrem guten Draht zum Vorstandsvorsitzenden verdanke. Der Beschwerdeführer sieht die Ziffer 2 des Pressekodex (Sorgfaltspflicht) verletzt. Er kritisiert vor allem die nach seiner Ansicht gegebene Unausgewogenheit der Berichterstattung zu Lasten der Frau. Die Zeitung lasse die Angegriffene nicht zu Wort kommen. Der Unternehmensbereich Recht nimmt zu der Beschwerde Stellung. Der Artikel greife einen Konflikt innerhalb der Geschäftsführung der Autostadt auf. Er weist darauf hin, dass die Vorstandsfrau mittlerweile aus der Geschäftsführung abberufen worden sei. Die Redaktion habe, nachdem sie von den Vorkommnissen im Konzern erfahren habe, ein halbes Jahr lang recherchiert, bevor sie sich mit dem Fall an die Öffentlichkeit gewandt habe.

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„Blanke Werbung mit anpreisendem Charakter“

Ein Magazin berichtet online unter der Überschrift „Null Promille: Dieser alkoholfreie Sekt beweist, dass die Nullprozentigen nicht mehr nur Kinderkram sind“ über alkoholfreien Sekt. An seinen alkoholischen großen Bruder komme der nullprozentige Schaumwein zwar noch nicht heran, aber inzwischen mache auch dieser richtig Spaß. Die Redaktion lässt eine Expertin zu Wort kommen. Diese erklärt, was einen guten alkoholfreien Sekt ausmacht und stellt drei Produkte im Detail vor. Affiliate- Links führen zu den Produkten im Online-Shop der Autorin. Ein Leser wendet sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Der Artikel sei blanke Werbung mit anpreisendem Charakter inklusive aktiver Verlinkung zum Produkt bzw. Warenkorb durch die Shop-Betreiberin, die als „Expertin“ vorgestellt werde. Der Artikel hätte als Anzeige gekennzeichnet werden müssen. Der Bereich Recht des Verlages vertritt die Ansicht, Affiliate-Links seien presseethisch nicht zu beanstanden, wenn sie als solche gekennzeichnet seien. Das sei in diesem Fall geschehen. Deshalb sei die Beschwerde unbegründet. Die Redaktion habe auch deutlich gemacht, dass die Gastautorin einen eigenen Online-Shop habe und damit Expertin sei, aber eben auch eigene wirtschaftliche Interessen habe.

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Transparenz-Hinweis war erforderlich

Eine politische Wochenzeitung veröffentlicht unter der Überschrift „Verzicht macht die Welt nicht besser“ ein Interview mit der Chefin eines Kreuzfahrtveranstalters. Der Beschwerdeführer merkt an, die Geschäftsführerin habe vor zwei Jahren hundert Prozent des ausgegebenen Stammkapitals des Kreuzfahrtveranstalters erworben. Als das Interview erschienen sei, habe die Wochenzeitung eine Seereise mit ebendiesem Veranstalter angeboten. Aus Sicht des Beschwerdeführers hätte die Redaktion ihrem Interview einen entsprechenden Transparenz-Hinweis beifügen müssen. Reisebegleiter sei ein Redakteur gewesen, der seit fast drei Jahrzehnten für die Redaktion arbeite. Für den Beschwerdeführer ist es fraglich, ob der Beitrag die presseethisch gebotene Trennung von Tätigkeiten eingehalten und transparent kommuniziert habe. Die Rechtsvertretung der Wochenzeitung vertritt die Auffassung, dass die vom Beschwerdeführer monierten Umstände keine Verpflichtung zur offenlegenden Kennzeichnung zur Folge gehabt hätten. Der kritisierte Beitrag sei keine Veröffentlichung, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffe. Für ihre Mandantin – so die Rechtsvertretung weiter – gelte grundsätzlich die strikte Trennung von Redaktion und kommerziellen Verlagsaktivitäten wie Reisen. Themen würden ausschließlich nach redaktionellen Kriterien ausgewählt, recherchiert und aufgearbeitet. Dies habe selbstverständlich auch für das Interview mit der Geschäftsführerin des Kreuzfahrtveranstalters gegolten.

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Sachstand wird hinreichend deutlich gemacht

„Frühere Partner verklagen Corona-Kritiker Reiner Fuellmich“ – unter dieser Überschrift berichtet eine Großstadtzeitung online über Streitigkeiten zwischen prominenten Corona-Kritikern aus dem sogenannten „Corona-Ausschuss“. Der Beschwerdeführer kritisiert mehrere Aspekte des Artikels. Er merkt an, dass kein früherer Ausschuss-Partner Fuellmich verklage. Es werde öffentlich gestritten und geprüft. Auch distanziere man sich voneinander, aber von einer Klage könne keine Rede sein. Der Beschwerdeführer kritisiert auch andere Passagen des Artikels. Die Redaktion nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.

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Redaktion beruft sich auf zahlreiche Quellen

Eine überregionale Tageszeitung veröffentlicht online einen Beitrag unter der Überschrift „Neue Bürgerkriegszentale“. In der Unterzeile heißt es: „Bundeswehr verfügt neuerdings über Führungskommando für ´Heimatschutz´. Zu den Aufgaben zählen Terrorabwehr und Zerschlagung von Aufständen“. Im Beitrag schreibt die Redaktion: „Laut dem Befehl ist das Territorialkommando ´verantwortlich für die operative Führung nationaler Kräfte im Rahmen des Heimatschutzes einschließlich der Amts- und Katastrophenhilfe, sowie der zivil-militärischen Zusammenarbeit´. Es nehme zugleich die Aufgaben als ´aufmarschführendes Kommando´ für nationale Verlegungen gemäß den Planungen der NATO wahr und organisiere die Verlegung alliierter Kräfte in Deutschland in enger Abstimmung mit den NATO-Kommandos.“ Der Beschwerdeführer sieht in dem Bericht einen Verstoß gegen die Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht). Die Zeitung berufe sich auf Bundeskanzler Scholz und Verteidigungsministerin Lambrecht sowie auf die Nachrichtenagentur dpa. Die von der Zeitung aufgestellten Behauptungen seien durch die im Beitrag angegebene Quellenlage nicht gedeckt. Der Chefredakteur der Zeitung nimmt zu der Beschwerde Stellung. Er zeigt sich verwundert, dass der Presserat eine Beschwerde angenommen habe, die bar jeder Substanz sei. Der Beschwerdeführer kritisiere, dass die im Beitrag getroffenen Feststellungen nicht von den Fakten gedeckt seien. Der Chefredakteur führt eine Reihe von Quellen auf, die sehr wohl im Bericht genannt würden.

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