Entscheidungen finden

Wie hat der Presserat entschieden?

Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.

Bitte beachten: Im Volltext abrufbar sind nur Entscheidungen mit den Aktenzeichen ab 2024, z.B. 0123/24/3-BA!
Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.

Nach detaillierten Richtlinien (z.B. 8.1) können Sie erst ab den Fällen aus 2024 recherchieren. Ältere Fälle werden nur unter der entsprechenden Ziffer (z.B. 8) angezeigt.

Sie haben Fragen zu unseren Sanktionen? Hier finden Sie Erläuterungen.

 

Entscheidungsjahr
6738 Entscheidungen

WhatsApp durfte veröffentlicht werden

Unter der Überschrift „23-jährige Frau berichtet von Überfall“ berichtet eine Regionalzeitung, dass die Polizei wegen einer Vergewaltigung ermittle und Zeugen suche. Zum Artikel gestellt sind Fotos vom Tatort und der Tür eines Polizeiautos, außerdem zwei Abbildungen von Text-Nachrichten. Diese lauten: „Meine Nachbarin von oben wurde heute beim joggen angegriffen auf dem Waldweg (…). Plötzlich sprang ein schwarz gekleideter Mann aus dem Wald. Sie hat überall Schnittwunden. Ich hab´ direkt Polizei angerufen. Grade war Polizei da um Kleidung abzuholen. War bei ihr.“ Die nächste Text-Nachricht: „Schnittwunden Gesicht, Arme, Beine, Bacuh.oberteil Der Länge nach aufgeschnitten BH durchgeschnitten“ (Rechtschreibung wie in den Text-Nachrichten). Die Beschwerdeführerin vermutet einen Verstoß gegen die Ziffer 8 des Pressekodex (Persönlichkeitsschutz). Im Artikel der Zeitung seien ihre privaten WhatsApp-Nachrichten abgedruckt worden. Diese seien von ihr an Freundinnen verschickt worden und nicht für die Presse gedacht gewesen. Der Hinweis „meine Nachbarin von oben“ Dies erlaube den Betroffenen den Rückschluss, dass die Beschwerdeführerin die Verfasserin der Nachrichten sei. Dies führe zu einem Vertrauensbruch untereinander. Die Beschwerdeführerin sieht ihre Persönlichkeitsrechte verletzt. Die Redaktion habe – so die Rechtsvertretung des Verlages – der Beschwerdeführerin ein klärendes Gespräch angeboten, worauf diese nicht reagiert habe. Die Rechtsabteilung zieht daraus den Schluss, dass die angegriffene Berichterstattung nicht gegen den Pressekodex verstoße.

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Ein Transparenzhinweis fehlt

„Moral heucheln und Denunzianten gehorchen“ – unter dieser Überschrift veröffentlicht eine Boulevardzeitung online einen als Kolumne gekennzeichneten Text. Der Autor kritisiert darin, dass namentlich genannte Unternehmen den Boykottaufrufen von anonymen Denunzianten, Werbung auf politischen Meinungsseiten, die diesen nicht gefallen, einzustellen, Folge leisteten. „Unternehmen, die behaupten, ´ethische Richtlinien´ und ´das Wohl der Gesellschaft fest im Blick´ zu haben, würden solchen Denunziationen nicht gehorchen, sondern mit einem entschlossenen Bekenntnis zur Meinungsfreiheit beantworten“, so der Verfasser. Über den Autor heißt es unter dem Text, er sei einer der profiliertesten deutschen Juristen. Es folgen Beispiele seiner Tätigkeit. Für die Boulevardzeitung schreibe er im Abstand von zwei Wochen „über die Abgründe von Gegenwart und Gesellschaft“. Der Beschwerdeführer nimmt den Autor der Kolumne ins Visier. Dass es bei seinem Beitrag ausschließlich um die „Achse des Guten“ gehe, erwähne der Verfasser in seinem Text nicht. Dieser sei selbst Autor der „Achse des Guten“ und vertrete diese rechtlich als Anwalt. Auch im ausführlichen Autorentext stehe kein Transparenzhinweis. Der Autor der Kolumne nimmt zu der Beschwerde Stellung. Er sieht in seiner Tätigkeit keine Doppelfunktion im Sinne der Ziffer 6 des Pressekodex.

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Einige Passagen sind irreführend

Eine überregionale Zeitung berichtet unter der Überschrift „Pervers“ über die Folgen einer Reform des Strafrechts gegen Kinderpornographie im Jahr 2021. Diesem zufolge müssten die Staatsanwälte jetzt in jedem Fall ermitteln. Und immer häufiger träfen sie damit auch die Falschen. Der Artikel enthält unter anderem Einzelfall-Beispiele. Der Beschwerdeführer stellt aus seiner Sicht fest, der Artikel enthalte zwei unzutreffende Aussagen. So behaupte die Autorin, dass es „Heute…Verbreitung von Kinderpornographie sei, wenn eine Mutter Fotos im Elternkreis herumschicke, „um zu warnen, was da gerade im Umlauf“ sei. Das sei falsch. Schon vor der von der Journalistin erwähnten Gesetzesreform von 2021 sei derartiges Verhalten strafbar gewesen. Nur habe seinerzeit ein Verfahren gegebenenfalls eingestellt werden können. Zudem werde hier das Leid von Opfern bagatellisiert, denn jedes Versenden und Verbreiten entsprechender Bilder bedeute einen erneuten Missbrauch – so „ehrenhaft“ das Motiv der Mutter auch sein möge. Die nächste vom Beschwerdeführer kritisierte Aussage: Es werde der Fall eines 90-Jährigen beschrieben, der Bilder „nackter Jungen am Strand“ in seinem Badezimmer hängen habe, was (erst) „heute“ als Kinderpornographie gelte, denn zuvor (also vor der Reform von 2021) habe es sich bei solchen „Nacktfotos in der Natur nicht um Kinderpornographie“ gehandelt. Die Aussage sei schlicht falsch. Auch schon vor der Reform hätten entsprechende Fotos als strafbarer Besitz von Kinderpornographie geahndet werden können. Der Konzernbereich Recht des Verlages hält die Beschwerde nach eingehender Prüfung für unbegründet. Die beanstandeten Aussagen seien weder unzutreffend noch verletzten sie die Würde von Opfern der im Beitrag genannten Straftaten.

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Sich selbst als „Querdenken-Anwalt“ bezeichnet

Ein Redaktionsverbund verbreitet online einen Beitrag unter der Überschrift „Ein Dutzend Anwälte verteidigen ´Querdenken´-Gründer Ballweg“. Darin heißt es: „Gut ein Dutzend Rechtsanwälte will sich um den inhaftierten Gründer der ´Querdenken´- Bewegung, Michael Ballweg, kümmern. Die hohe Zahl ist laut Anwalt Alexander Christ darauf zurückzuführen, dass wir zumindest Ansätze einer politischen Komponente sehen. Daher habe sich ein Verteidigerteam gebildet. Die Anwälte sollen Christ zufolge unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Später schreibt die Redaktion, zum Verteidigerteam gehöre ein Anwalt, der sich selbst als „Querdenken“-Anwalt bezeichne. Er habe, nachdem ihn Ballweg angerufen habe, einen auf Strafrecht spezialisierten Anwalt organisiert. Dem Beitrag ist ein Foto beigestellt. Dessen Bildunterschrift lautet: „…Jetzt hat sich ein großes Anwaltsteam um ihn geschart.“ Der Beschwerdeführer sieht in der Berichterstattung einen Verstoß gegen die Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht). Die Beitragsüberschrift und die oben zitierten Äußerungen stünden im Indikativ, seien keine Zitate und hätten keine Quellenangabe. Demnach seien die Angaben Äußerungen, die sich die Redaktion zu eigen mache und die bei der Leserschaft den Eindruck erweckten, Michael Ballweg werde von zwölf Rechtsanwälten verteidigt. Der Geschäftsführer Finanzen des Redaktionsverbundes nimmt zu der Beschwerde Stellung. Der kritisierte Artikel entspreche der Agentur-Meldung, die er vorgelegt habe. Eine Korrektur von Seiten der Agentur sei bislang nicht erfolgt. Er hält die Beschwerde für unbegründet.

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Angehörige waren mit Foto einverstanden

„Lara (16) auf dem Schulweg halb totgeschlagen“ – unter dieser Überschrift veröffentlicht eine Boulevardzeitung online einen Beitrag, in dem es um ein mutmaßliches Hass-Verbrechen an einer Schülerin und einem erwachsenen Mann geht. Ein Verdächtiger sei festgenommen worden. Dann schreibt die Redaktion, dass das Mädchen noch tagelang im Krankenhaus um sein Leben gekämpft habe: Zum Beitrag gestellt ist ein Foto des Mädchens. Auf einem weiteren Bild ist es mit seiner Familie zu sehen. Der Beschwerdeführer sieht durch die Berichterstattung mehrere presseethische Grundsätze verletzt. Zur Begründung gibt er nur den Wortlaut der Überschriften bzw. der Ziffern und Richtlinien wieder. (Anmerkung des Presserats: Die Beschwerde wurde beschränkt auf mögliche Verstöße gegen die Ziffer 8, Richtlinien 8.2 und 8.3, des Pressekodex zugelassen, da Verstöße gegen weitere Kodex-Ziffern nicht ersichtlich waren. Für die Zeitung nimmt eine Anwältin des Verlags Stellung. Die Redaktion habe im Vorfeld der Berichterstattung die Einwilligung der Angehörigen zur Veröffentlichung des Fotos eingeholt.

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Berichterstattung ist ausreichend transparent

Eine Berliner Zeitung berichtet unter der Überschrift „Schock-Bericht: Berliner Kult-Club Berghain macht dicht – was ist dran?“ unter Berufung auf Medienberichte über Aussagen eines nicht namentlich genannten „Insiders“, wonach der in der Überschrift genannte Club demnächst schließen soll. Der Beschwerdeführer wirft der Zeitung vor, mit diesem Bericht Gerüchte über eine vermeintliche Schließung des Clubs zu verbreiten. Das sei presseethisch nicht in Ordnung. An den Gerüchten, so der Beschwerdeführer, sei nichts dran. Die Betreiber des Clubs und sogar die genannte Quelle der Redaktion hätten unverzüglich dementiert, dass das Berghain schließe. Die Zeitung nimmt zu der Beschwerde nicht Stellung.

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Von einer Entlastung kann keine Rede sein

Eine Großstadtzeitung veröffentlicht einen Beitrag unter der Überschrift „Erstes Urteil in NDR-Affäre entlastet Sabine Rossbach“. Habe der NDR zu schnell Konsequenzen aus den Vorwürfen gezogen, die gegen das Landesfunkhaus in Hamburg erhoben worden seien? Und könnte dessen Chefin heute noch im Amt sein? Das seien zwei Fragen, die sich nach einem Urteil des Landgerichts München jetzt stellten. Geklagt hatte eine Presseagentur, zu deren Gründerinnen eine Tochter von Sabine Rossbach gehöre und die sich den Vorwurf habe gefallen lassen müssen, die Verwandtschaftsverhältnisse ausgenutzt zu haben. Der Beschwerdeführer sieht die Ziffer 2 des Pressekodex (Journalistische Sorgfaltspflicht) verletzt. Schon die Überschrift könne gegen den Pressekodex verstoßen. Die Rechtsvertretung des Verlages hält die Beschwerde für unbegründet. Der beanstandete Artikel befasse sich mit einer Entscheidung des Landgerichts München im Hinblick auf die Zulässigkeit eines Presseartikels rund um Korruptionsvorwürfe gegen die ehemalige Direktorin des NDR, Sabine Rossbach. Sein Inhalt verletze keine presseethischen Grundsätze.

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Kirchenzeitung nennt Täter-Nationalität

Eine in einem deutschen Bistum erscheinende Kirchenzeitung berichtet über den Diebstahl aus einem Opferstock. Im Text heißt es: „Ein Rumäne wurde von der Polizei gefasst und hat die Tat gestanden, zwei weitere Diebe werden gesucht.“ Der Beschwerdeführer sieht in der Überschrift einen Verstoß gegen Richtlinie 12.1 des Pressekodex. Die Nationalität des Täters spiele keine Rolle für diesen Bericht, sondern bediene Vorurteile in diskriminierender Weise. Ein öffentliches Interesse an dieser Art der Berichterstattung bestehe nicht. Der Redaktionsleiter der Kirchenzeitung spricht von einer häufigen Gratwanderung, wenn es um die Nennung von Nationalitäten gehe. In diesem Fall habe man sich zur Nennung entschlossen, weil sich der Diebstahl in einem Stadtteil ereignet habe, in dem der Anteil deutscher Einwohner bei rund 30 Prozent liege. Durch Verschweigen der Nationalität des mutmaßlichen Täters würde sich die Zeitung dem Vorwurf aussetzen, Probleme im Viertel zu verschleiern. Dies könne nicht im Sinne einer offenen Berichterstattung liegen.

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Wieviel Wasser hatte die Feuerwehr im Tank?

Eine Regionalzeitung veröffentlicht einen Artikel unter der Überschrift „Wenn ein Lebenswerk verbrannt ist“. Dabei geht es um den Brand eines „Cinemamobiles“, eines in einen Lkw integrierten Kinos im Sommer 2021. Grundlage der Berichterstattung sind die Schilderungen des Eigentümers des Fahrzeuges. Die Redaktion schreibt, die Feuerwehr hätte den Aufbau des Lkw retten können, wenn sie genügend Löschwasser im Trank gehabt hätte. Aber der sei so gut wie leer gewesen. Ein Vertreter der Freiwilligen Feuerwehr, die die ersten Löschmaßnahmen vorgenommen hatte, teilt mit, dass man in zwei Fahrzeugen insgesamt 3600 Liter Wasser dabeigehabt habe, die sofort bzw. wenige Minuten später eingesetzt worden seien. Die Behauptung, man sei ohne Wasser ausgerückt, sei daher unhaltbar. Die Redaktion – so der Feuerwehrmann weiter – habe die Wehr zu dem Vorgang nicht befragt. Der zuständige Redakteur habe sich dafür entschuldigt und den Online-Artikel geändert. Für die Printausgabe habe er eine Richtigstellung veranlasst. Die Chefredaktion lässt den zuständigen Redakteur auf die Beschwerde antworten. Dieser räumt ein, dass er die kritisierte Aussage des Eigentümers des Fahrzeuges veröffentlicht habe, ohne bei der Feuerwehr nachgefragt zu haben. Parallel dazu habe die Redaktion den Online-Beitrag geändert und die beanstandete Passage korrigiert. Gleichzeitig habe man in der Printausgabe den Löschvorgang so beschrieben, wie ihn der Beschwerdeführer geschildert habe. Der Redakteur stellt fest, die Zeitung habe alles getan, um den Fehler in der Berichterstattung zu korrigieren.

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Redaktion durfte Opfer-Foto veröffentlichen

Eine Boulevardzeitung berichtet über drei Messerattacken, die sich innerhalb von 21 Stunden in Deutschland abgespielt hätten. Die Redaktion veröffentlicht unter anderem das identifizierende Foto eines der Opfer. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass die Redaktion das Gesicht des Opfers Salwan A. (31) ohne jegliche Anonymisierung zeige. Damit verletze sie die Richtlinie 8.2 des Pressekodex (Opferschutz). Weder hätten die Angehörigen des Opfers der Veröffentlichung zugestimmt noch handele es sich bei dem Opfer um eine Person des öffentlichen Lebens. Die Rechtsabteilung des Verlages teilt mit, dass die Redaktion im Vorfeld der Berichterstattung sehr wohl eine Einwilligung der Angehörigen eingeholt habe. Sie zitiert den zuständigen Redakteur: „(…) ich habe das Foto aus Facebook genommen, es dem Bruder des Opfers auf WhatsApp geschickt und dann angerufen. Er hat es bestätigt und gab sein Ok, dass wir es verwenden dürfen.“ Außerdem habe auch der Vater des Opfers die Verwendung des Fotos genehmigt. Für die Rechtsabteilung steht damit fest, dass die Beschwerde unbegründet ist.

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