Wie hat der Presserat entschieden?
Rüge, Missbilligung oder Hinweis, wie hat der Presserat entschieden? Hier können Sie online in der Spruchpraxis des Presserats eine Auswahl an Beschwerdefällen von 1985 bis heute recherchieren.
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Sie müssen dazu immer das volle Aktenzeichen eingeben, also 0123/24/3-BA.
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7055 Entscheidungen
Eine Tageszeitung berichtet über den Neubau eines Fußgängerüberwegs an einer viel befahrenen Straße und schreibt dazu, dass es auch einen „separat ausgewiesenen Rad-Übergang“ geben werde. Der Beschwerdeführer bestreitet die Aussage zum Rad-Übergang und belegt dies mit einer Mail des zuständigen Behörden-Fachbereichsleiters. Laut Beschwerdeführer ist sogar das Gegenteil der Fall: Die parallel vorhandenen Radwege würden im betreffenden Bauabschnitt zurückgebaut. Die Sicherheit für Radfahrer werde laut Experten der Verkehrsklubs ADFC und VCD in diesem Abschnitt signifikant reduziert. Trotz entsprechender Hinweise habe die Redaktion ihre Berichterstattung nicht korrigiert. Außerdem stelle sie allein die Position der Stadtverwaltung dar, ohne die verbändeübergreifende Kritik zu erwähnen. Die Zeitung beruft sich darauf, dass der zuständige Fachbereichsleiter in einer Ausschusssitzung eine separate Radfahrerführung neben dem Fußgängerüberweg erwähnt habe.
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Das Onlineportal einer Wochenzeitung veröffentlicht einen Beitrag mit dem Titel „Japan beginnt mit Einleitung von Fukushima-Kühlwasser ins Meer“. Darin heißt es: „Das Atomkraftwerk war 2011 von einem schweren Erdbeben und einem Tsunami getroffen worden. Das Kühlsystem fiel aus, in drei der sechs Reaktoren kam es zur Kernschmelze. 18.000 Menschen kamen ums Leben.“ Nach Ansicht zweier Beschwerdeführer erweckt der Artikel den falschen Eindruck, als seien die 18.000 Menschen durch das Reaktorunglück ums Leben gekommen. In Wirklichkeit seien sie durch das Erdbeben und den dadurch verursachten Tsunami getötet worden. Die Redaktion räumt ein, dass es sich um eine sehr missverständliche Formulierung handele.
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Eine Tageszeitung berichtet online über einen Verkehrsunfall: Ein Rentner war vor einen Linienbus gelaufen und musste mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht werden. Zu dem Bericht gehört auch ein Foto, auf dem neben dem Bus drei Personen zu sehen sind, darunter ein deutlich erkennbarer älterer Mann, der auf einem Hocker sitzt. Der Beschwerdeführer hält den sitzenden Mann für das Unfallopfer und sieht in der Abbildung einen Verstoß gegen den Schutz seiner Persönlichkeit. Der Chefredakteur führt aus, dass auf dem beanstandeten Bild kein verletzter Mensch in einer misslichen Lage zu erkennen sei.
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Eine überregionale Tageszeitung befasst sich mit Messergewalt und der Herkunft der Täter. Unter der Zwischenüberschrift „Einen Zusammenhang mit der Herkunft gibt es nicht" schreibt die Zeitung, dass es nach den Untersuchungen einer namentlich genannten Kriminologin keinen Zusammenhang zwischen Messergewalt und Herkunft der Tatverdächtigen gebe, dafür aber andere Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht, Schicht, Bildungsferne. Ein Journalistikprofessor wird mit der Auswertung von Kriminalstatistiken zitiert. Demnach hätten in Nordrhein-Westfalen 2021 bei Messerdelikten 42,6 Prozent der Tatverdächtigen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit gehabt, in Berlin seien es 51,7 Prozent gewesen; „das Verhältnis ist also in etwa eins zu eins“, schreibt die Zeitung. Der Beschwerdeführer kritisiert, dass die Redaktion diese Prozentzahlen als Beleg für die These nutze, dass es keinen Zusammenhang zwischen Messerangriffen und Herkunft gebe. Das sei aber schlicht wahrheitswidrig, denn die Fallzahlen müssten in Relation zur Größe der jeweiligen Bevölkerungsgruppe gesetzt werden. Der Ausländeranteil in Deutschland habe 2022 nur 14 Prozent betragen. Demnach sei die Tathäufigkeit bei Ausländern in Nordrhein-Westfalen 4,5-mal und in Berlin 6,5-mal höher als bei deutschen Staatsangehörigen. Die These, dass es keinen Zusammenhang mit der Herkunft gebe, sei klar widerlegt. Die Zeitung räumt ein, dass die beanstandete Passage in ihrer ursprünglichen Fassung zu kurz gefasst und unvollständig sei und zu einer missverständlichen Interpretation der getroffenen Aussage geführt habe.
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Eine überregionale Tageszeitung berichtet über die Situation und Anzahl von Menschen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit, die in Deutschland leben. In der Unterzeile eines beigestellten Fotos heißt es: „Flüchtlinge kommen manchmal ohne Pass an - ihre Staatsangehörigkeit zu klären, kann aufwendig sein.“ Der Beschwerdeführer kritisiert die Formulierung „manchmal“. Sie sei unzutreffend, denn die Quote der Flüchtlinge ohne Pass liege seit Jahren bei über 50 Prozent. Die Zeitung weist darauf hin, dass nicht jeder
Staatenlose auch ein Asylsuchender sei.
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Eine Wochenzeitschrift veröffentlicht umfangreiche Auszüge aus einer neuen Biografie über den Unternehmer Elon Musk. In der Onlinefassung wird darauf hingewiesen, dass es sich um eine Übernahme aus dem digitalen Premium-Angebot eines namentlich genannten Wirtschaftsmagazins handele und dass die sogenannten Plus-Abonnenten der Wochenzeitschrift eine Woche lang Zugriff darauf hätten. Danach werde der Artikel wieder ausschließlich für die Abonnenten des Wirtschaftsmagazins zu lesen sein, dessen Internetadresse mitgeteilt wird. Beigestellt sind die Titelseite des Buches mit genauen bibliografischen Angaben und das Cover des parallel erschienenen Hörbuchs, das auch als Download verfügbar sei. In der Beschwerde an den Presserat heißt es, dass der Verlag der Wochenzeitschrift ein Eigeninteresse an dieser Veröffentlichung habe, ohne dies der Leserschaft hinreichend transparent zu machen: Nirgendwo werde erwähnt, dass die Zeitschrift wie der Buchverlag beide zum selben Medienkonzern gehören. Die Redaktion nimmt keine Stellung zu der Beschwerde.
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Eine Reisezeitschrift veröffentlicht die Mail eines Abonnenten als Leserbrief. Darin beschwert sich der Leser über die Ankündigung der Redaktion, Reiseberichte künftig um Informationen für „queeres Reisen“ zu ergänzen. Das sei „völlig daneben“. „Schwule und Lesben bestehen bei jeder Gelegenheit auf Gleichbehandlung und lassen dennoch keine Gelegenheit aus, sich in den Mittelpunkt zu stellen und ihre sexuelle Ausrichtung plakativ darzustellen.“ Außerdem beklagt sich der Leser darüber, dass die Redaktion neuerdings „die völlig schwachsinnige und idiotische Gendersprache“ verwende. „Das ist ein Verbrechen an der Sprache.“ Hinzu komme, dass die Zeitschrift „inhaltlich von Ausgabe zu Ausgabe schwächer“ werde. „Beiträge werden nicht journalistisch aufgearbeitet, laienhaft geschriebene Reiseerzählungen im Schulaufsatzstil bestimmen die Inhalte.“ Die Zuschrift endet mit einer Abo-Kündigung zum nächsten Termin. In einer ausführlichen Anmerkung unter dem Leserbrief bedauert die Redaktion unter anderem, „wie man sich so vehement neuen, anderen, vielleicht auch unbequemen Sichtweisen versperren kann“. Beschwerdeführer ist der Verfasser der Zuschrift. Er bezeichnet seine Mail als Abo-Kündigungsschreiben, das eindeutig als solches zu erkennen gewesen sei. Er habe niemals einer Veröffentlichung als Leserbrief zugestimmt. Die Chefredaktion hätte ihn auf den beabsichtigten Abdruck hinweisen und um Freigabe bitten müssen. Außerdem habe die Redaktion gegen das Urheberrecht verstoßen, denn sie habe sein Schreiben nicht vollständig wiedergegeben, obwohl die Leserbriefspalte keinen entsprechenden „Kürzungsvorbehalt“ enthalte. Ferner handele es sich bei der Anmerkung der Redaktion um Schmähkritik. Die Zeitschrift weist die Vorwürfe zurück.
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Eine Wochenzeitschrift kündigt online die Quizshow eines Privatfernsehsenders an, die im Titel auch den Namen eines Reportagemagazins trägt. In der Beschwerde an den Presserat wird kritisiert, dass die ausgiebige und positive Programmankündigung ein Eigeninteresse des Verlags berühre. Denn die Wochenzeitschrift und das Reportagemagazin gehörten beide zu dem Privatsenderkonzern. Dies werde gegenüber der Leserschaft nicht hinreichend transparent gemacht. Die Redaktion gibt zu der Beschwerde keine Stellungnahme ab.
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„Killer-Teenie suchte selbst noch mit nach Joel“: Unter dieser Überschrift berichtet eine Boulevardzeitung online über die Tötung eines Sechsjährigen. In dem Beitrag heißt es, die Ermittler seien sich sicher, dass der 14-Jährige den kleinen Jungen erstochen habe. Mehrfach wird er als „Killer“ bezeichnet. Warum er „den kleinen Jungen tötete“, bleibe ein Rätsel. Bebildert ist der Artikel unter anderem mit einem Foto des tatverdächtigen Jugendlichen, bei dem die Gesichtspartie mit einem schwarzen Balken versehen ist. Die Beschwerdeführerin kritisiert Verstöße gegen den Jugendschutz und gegen das Verbot der Vorverurteilung. - Wegen des Fotos erweitert der Beschwerdeausschuss die Beschwerde auf einen möglichen Verstoß gegen den Persönlichkeitsschutz. Die Zeitung will sich zu dem Fall erst äußern, wenn eine vom Presseratsplenum eingesetzte Arbeitsgruppe grundsätzliche Fragen zur Verwendung des Begriffs „Killer“ geklärt und bekanntgegeben hat.
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Eine Lokalzeitung berichtet über die Verurteilung eines Mannes, der wiederholt die zwölfjährige Tochter seiner Lebensgefährtin missbraucht hat. Der Artikel schildert detailliert den Ablauf der Übergriffe in der Badewanne und im Bett des Paares. Erwähnt wird auch die Aussage des Angeklagten, dass das Mädchen bereits anderweitig unangenehme sexuelle Erfahrungen gemacht habe: Gleichaltrige aus dem Dorf seien bei „Mutproben" übergriffig geworden. Er selbst wird als 49-Jähriger bezeichnet, der früher in einem Ort im Landkreis erfolglos bei einer Bürgermeisterwahl kandidiert habe. Der Beitrag ist mit einem als Symbolfoto gekennzeichneten Bild illustriert, auf dem eine junge Frau ein Schaumbad genießt. Nach Ansicht des Beschwerdeführers lässt der Artikel eindeutige Rückschlüsse auf die betroffenen Personen zu. Der Verurteilte sei in der Region als Bürgermeisterkandidat zumindest teilweise bekannt, womit sein Wohnort und andere Beteiligte problemlos identifiziert werden könnten. Die Schilderung der Taten sei unnötig detailliert und reißerisch. Unverantwortlich sei der Vorwurf gegen Gleichaltrige des Opfers. Als Folge seien in der Region nunmehr die Jugendlichen dem Verdacht des sexuellen Missbrauchs ausgesetzt. Die Zeitung hält alle Prozessbeteiligten für sorgfältig anonymisiert.
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